Wirtschaft

Vermögensverwalter rät zum Kauf Börsencrash in China beendet?

3qky3124.jpg2758351411745566563.jpg

(Foto: dpa)

Nach drei Tagen Aufwärtskorrektur atmen die chinesischen Aktienmärkte erst einmal durch. Ist die Erholung schon wieder vorbei oder ist der Markt schon wieder "sauber"? Eine Einschätzung von Uwe Wiesner, Hansen & Heinrich.

Die Aktienmärkte in Shanghai und in Shenzhen befanden sich in den vergangenen Wochen im freien Fall. So hat der Shanghai Composite seit seinem Hoch Mitte Juni in gerade einmal vier Wochen ein Drittel seines Wertes eingebüßt. In Shenzhen sah es nicht besser aus. Das waren die größten Kurseinbrüche in China seit mehr als 20 Jahren.

An den chinesischen Festlandsbörsen herrschen noch international unübliche Bedingungen. Der direkte Marktzugang war Ausländern bis vor Kurzem weitgehend versperrt. Hier dominieren die chinesischen Kleinanleger das Geschehen. Sie hatten - von Peking motiviert - die Kurse in den Monaten zuvor durch massive, zum großen Teil kreditfinanzierte Käufe in die Höhe getrieben. So war der Shanghai Composite binnen eines Jahres um rund 150 Prozent explodiert. Die Aktien waren plötzlich doppelt so hoch bewertet wie beim letzten Rekord im Jahr 2007. Diese vor allem virtuelle Wohlstandsvermehrung ging den kommunistischen Machtinhabern denn doch etwas zu schnell. Sie zogen gewissermaßen den Stecker und verboten den Kauf von Aktien auf Kredit. Die Folge war die heftige Korrektur der vergangenen Wochen.

Jetzt steuert Peking erneut gegen. Die Notenbank hat insgesamt vier Mal die Leitzinsen gesenkt, Börsengänge wurden gleich im Dutzend abgesagt und mehr als 1000 bereits gelistete Werte vom Handel ausgesetzt – das entspricht immerhin rund einem Drittel aller auf dem Festland gehandelten Aktien. Leerverkäufe wurden verboten, Aktienverkäufe von großen institutionellen Anlegern für die nächsten sechs Monate ebenfalls. Umgekehrt ist es jetzt chinesischen Pensionskassen gestattet, in heimische Firmen zu investieren. Und die Privatanleger dürfen ihre Aktienkäufe wieder fremdfinanzieren – zumindest teilweise. Die Maßnahmen scheinen zu wirken – der Crash ist erst einmal gestoppt, der Markt pendelt sich, auch mit gelegentlichen Tagesverlusten, ein. Jetzt, wo sich der Pulverdampf langsam legt, ist es an der Zeit, sich wieder den Fakten zuzuwenden – und die sprechen eine recht eindeutige Sprache.

Positive Fundamentaldaten

Bei China handelt es sich nach wie vor um einen Wachstumsmarkt. Mit voraussichtlich sieben Prozent legt das nationale BIP zwar in diesem Jahr deutlich weniger zu als in den vergangenen Jahren. Von einem solchen Wachstum können westliche Industriestaaten aber nur träumen.

Gleichzeitig verbessert sich die wirtschaftliche Expansion strukturell. Die Zahl der Beschäftigten nimmt zu und damit auch der Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten. Immer mehr Menschen können nicht nur ihre Grundbedürfnisse befriedigen, sondern sich auch Wünsche erfüllen. Aus "must buy" wird gewissermaßen "want buy". Viele Chinesen sind technikaffin und leistungsorientiert.

Günstige Bewertungen

Nach jahrelangen Tätigkeiten bei der Deutschen Bank und der UBS ist Finanzmarktexperte Uwe Wiesner bei Hansen & Heinrich u.a. für die Kundenbetreuung und die Anlagestrategie mit verantwortlich. Außerdem ist er Mitglied des Anlageausschusses.

Nach jahrelangen Tätigkeiten bei der Deutschen Bank und der UBS ist Finanzmarktexperte Uwe Wiesner bei Hansen & Heinrich u.a. für die Kundenbetreuung und die Anlagestrategie mit verantwortlich. Außerdem ist er Mitglied des Anlageausschusses.

Gleichzeitig sind chinesische Aktien – zumindest die in Hong Kong gehandelten – mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13 bis 16 nicht höher bewertet als die im übrigen Asien oder als in Europa. In den USA werden zurzeit sogar 18er-KGVs gezahlt.

Betrachtet man die Marktindizes, wird auch hier deutlich, dass Nachholpotenzial besteht. Seit dem Ende der Finanzkrise sind Aktien weltweit gemessen am MSCI World um 60 Prozent gestiegen. Der Hang Seng liegt seitdem nur 20 Prozent im Plus. Dazu kommt, dass chinesische Aktien in den internationalen Indizes bislang unter- bzw. teilweise gar nicht gewichtet sind. Im MSCI Emerging Markets beträgt der Anteil zum Beispiel bislang erst 23 Prozent, er könnte aber in den nächsten fünf Jahren auf 40 Prozent steigen. Die zunehmende Berücksichtigung chinesischer Aktien wird automatisch die Nachfrage der großen institutionellen Investoren steigern, die sich an den entsprechenden Indizes messen oder diese weitgehend nachbilden.

Gutes Politikumfeld

Auch von offizieller Seite werden die Aktienmärkte, falls notwendig, noch weitere Unterstützung erhalten. Denn China ist nachhaltig bestrebt, seine Währung zum Bestandteil der sogenannten Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu machen. Dabei handelt es sich um einen Währungskorb, der international als Zahlungsmittel anerkannt ist. Dieses Ziel soll noch in diesem Jahr erreicht werden, 2020 soll der Renminbi international fungibel, also vollständig handelbar sein. Mit diesen Vorhaben ist ein ausgemachter Börsencrash kaum vereinbar.

Schließlich spricht auch die Charttechnik für chinesische Aktien. Der Aufwärtstrend des Hang Seng, also des Börsenbarometers Hong Kongs, wo auch westliche Anleger problemlos investieren können, ist seit 2009 intakt.

Risiken überschaubar

Renditechancen sind natürlich immer auch mit entsprechenden Risiken verbunden. Doch diese scheinen im Fall Chinas einigermaßen begrenzt zu sein. Die Bewertungen an den Festlandbörsen, also Shenzhen und Shanghai sind zwar noch immer recht ambitioniert. Aufgrund des nur sehr begrenzten Marktzugangs ist für den Privatanleger jedoch der Handelsplatz Hong Kong der eigentlich interessante – und hier liegen die KGVs deutlich niedriger. Zudem fallen in der ehemaligen Kronkolonie auch die Schwankungen der Aktienkurse deutlich geringer aus. Börsianer interpretieren Volatilitäten immer vor allem als Risiken und weniger als Chancen.

Die Weltkonjunktur bleibt ein Risiko, auch für China. Der IWF hat gerade vor wenigen Tagen seine 2015er-Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft auf 3,3 Prozent gesenkt – aber sie wächst noch.

Auch die politischen Risiken scheinen überschaubar. Die Regierung in Peking ist in Bezug auf die Finanzmärkte noch vergleichsweise unerfahren. Sie kann sich aber an internationalen Vorbildern wie den USA orientieren. Konflikte gibt es zudem immer wieder mit Nachbarländern wie Japan – hier geht es vor allem um ein paar Inseln, die beide Länder für sich beanspruchen. Größere Turbulenzen sind hier jedoch ebenfalls nicht zu erwarten.

Die Frage, inwieweit die chinesischen Börsen durch die massiven Eingriffe Pekings nachhaltig beschädigt wurden, lässt sich dagegen nicht so einfach beurteilen. Gerade institutionelle Investoren mögen keine politischen Börsen. Zumindest kurzfristig betrachtet, scheint sich aber der Reputationsverlust durch die staatlichen Interventionen in Grenzen zu halten. Zu bedenken ist außerdem, dass die USA nach der Lehman-Pleite und während der Weltfinanzkrise ähnlich massiv in die amerikanischen Aktienmärkte eingegriffen hat. Seitdem eilen dieses von Rekord zu Rekord.

ETFs und aktive gemanagte Fonds am besten

Unter dem Strich ist für Langfristinvestoren die Zeit zum Einstieg in den chinesischen Aktienmarkt gekommen. In Hong Kong gelistete chinesische Werte sind gegenüber in Shanghai notierten Titel zu bevorzugen. Sie sind fundamental preiswerter und schwanken weniger. Da sich die spezifischen Risiken chinesischer Unternehmen von Deutschland aus nur schwer beurteilen lassen, sind vor allem Fondslösungen empfehlenswert, also passive ETFs wie der Lyxor Hang Seng China Enterprise (WKN A0F5BW) oder aktiv verwaltete Produkte wie der Allianz China Fonds (WKN 989859).

Disclaimer

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Hansen & Heinrich Aktiengesellschaft zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die Hansen & Heinrich Aktiengesellschaft gibt jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnt jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben. www.hansen-heinrich.de

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen