Wirtschaft

Buena Vista im Investoren-Club Anleger liebäugeln mit Kuba

Der kubanisch-amerikanische Frühling elektrisiert auch die Anleger.

Der kubanisch-amerikanische Frühling elektrisiert auch die Anleger.

(Foto: dpa)

Die USA und Kuba nähern sich langsam an und in der Karibik scheint sich ein neues Paradies für Anleger aufzutun. Aber ist die Insel bereits ein Investment wert?

Die Versöhnung von Kuba und den USA hat keinen Knalleffekt, die Annäherung ist keine Wende mit Mauerfall. Vielmehr treten die nur von 150 Kilometern Meer getrennten Staaten schrittweise aneinander heran. Und dass die Beilegung der 54 Jahre währenden Feindschaft erfolgreich gelingt, ist noch keine abgemachte Sache.

Nichtsdestotrotz liegen Investoren bereits auf der Lauer. Sollte die USA endlich das Wirtschaftsembargo aufheben, eröffnet sich ein Land voll Möglichkeiten: Straßen und Gebäude sind sanierungsbedürftig, die Energie- und Wasserversorgung heruntergewirtschaftet und auch wenn die Regierung in der Hauptstadt Havanna Anfang Juli einige Internet-Hotspots installiert hat ­ – Zugang zum Netz brauchen noch viele Kubaner.

Zudem gibt es bei elf Millionen Einwohnern bislang nur drei Millionen Mobiltelefone. Der Tourismus auf der Karibikinsel ist im Mai zwar um 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, ist aber ausbaufähig, ab 2016 dürfen – sofern Kuba dazu noch sein OK gibt – Kreuzfahrtschiffe anlegen. Rohstoffe gibt es auch und die meisten der Einwohner sind gut ausgebildet, viele sind Mediziner, Informatiker oder Ingenieure.

Neuer Kuba-Index am Markt

Das klingt wie ein präkapitalistischer Traum, der zumindest über einige Jahre hinweg massives Wachstum verspricht. Seit einigen Wochen bietet die schweizerische Investmentfirma Leonteq auf Basis eines Index ein Zertifikat an, mit dem Anleger auf die Öffnung des Marktes setzen können.

Im "Solactive Cuba-Focused Caribbean Index" sind zwölf Unternehmen aus Nord- und Südamerika, die bereits einen Teil ihres Umsatzes aus Geschäften mit Kuba generieren. Dazu gehören etwa der Zementhersteller Cemex, das Transportunternehmen Copa, Kreuzfahrer wie Norwegian Cruise Lines oder den Nickelproduzenten Sherritt. "Ein direktes Investment in kubanische Firmen ist schwer möglich, es gibt dort keinen Index oder eine Börse", sagt Steffen Scheuble, Geschäftsführer des Indexentwicklers Solactive.

Doch es sind auch vor allem die US-amerikanischen Unternehmen, die von einer Marktöffnung spontan profitieren könnten. Dass Kuba die rund 3700 Unternehmen in staatlichem Besitz für ausländische Geldgeber einfach so öffnet, ist ohnehin unrealistisch. Schon heute sind die USA viertgrößter Handelspartner nach Venezuela, China und Brasilien. Der große Nachbar exportierte 2014 im Umfang von 272,8 Millionen Dollar Waren auf die Insel, was sich nach einer weiteren Marktsteigerung noch deutlich steigern dürfte.

Stimmungsbarometer der Annäherung

Wer wissen will, ob das Finanzprodukt Chancen auf Erfolg hat, kann auch den "The Herzfeld Caribbean Basin Fund" zum Vergleich heranziehen: Der machte nach der Verkündung von US-Präsident Barack Obama einen Freudensprung, um nach einer Korrektur moderat nach oben zu tendieren. Seit Januar ist der Kurs um 13 Prozent gestiegen.

Der Fonds verhält sich wie ein Stimmungsbarometer der Annäherung: als die USA Kuba von der Liste terroristischer Staaten strich, ging es aufwärts, als die Republikaner jedoch ankündigten, mit ihrer Mehrheit im US-Kongress das Ende des Boykotts zu blockieren, wieder abwärts. Der nur leichte Trend nach unten zeichnet allerdings nur eine vages Bild von dem, was passiert, sollten die Republikaner bei der US-Wahl 2016 gewinnen. "Wenn es zu einem Regierungswechsel kommt, dann kann es mit dem Frühling schnell vorbei sein", sagte Harri Grünberg, Vorsitzender des Netzwerks Kuba bei einer Podiumsdiskussion des rbb in Berlin.

Keine zu hohen Erwartungen

Dass Obama die Annäherung noch in seiner Amtszeit vollendet, ist nahezu unmöglich. Zunächst muss das Schicksal von Firmen wie Bacardi oder Florida Crystal geklärt werden, die Fidel Castro von der Insel verjagt hat. Und die Schadensersatzansprüche ehemals enteigneter Kubaner. Nicht zuletzt muss Kuba seine beiden Währungen CUP und CUC (Letztere ist für den Handel bestimmt und an den Dollar gebunden) zusammenführen.

Zwar hat das Land 2011 den Handel mit Autos und Immobilien teils freigegeben und baut nun eine Sonderwirtschaftszone im Industriehafen Mariel auf. Doch werden Investoren tatsächlich in ein Land investieren, das die Ratingagentur Moodys nur unwesentlich besser bewertet als Griechenland? Jorge Duany, Chef des Cuban Research Institutes, warnt vor zu hohen Erwartungen, vor allem an reiche Exilkubaner. "Das derzeit geltende Investorengesetz in Kuba verbietet im Ausland lebenden Kubanern zwar keine Investitionen, aber im Allgemeinen behandelt das Gesetz sie wie Ausländer", sagt Duany.

Politische Stabilität

Die Entwicklung birgt zudem systemische Gefahren: Nachdem die kubanische Regierung 2010 Gewerbetreibenden wie Friseuren, Taxifahrern und Gastronomen erlaubt hat, auf eigene Rechnung zu arbeiten, tat sich ein erster Riss im bislang homogenen Sozialgefüge auf: Von den mittlerweile knapp eine halbe Million Selbstständigen sind vor allem diejenigen erfolgreich, die einen Vertrag mit einem staatlichen Unternehmen haben. Afrokubaner, Rentner und Alleinerziehende erfahren durch die Öffnung etwas ganz Neues: soziale Ungleichheit. Und das könnte die politische Stabilität auf der Karibikinsel gefährden. Dass der 84-jährige Regierungschef Raul Castro nicht für immer im Amt bleiben wird, trägt zur fragilen Lage bei.

Gerade die politische Stabilität hat jedoch lange Zeit dafür gesorgt, dass es Kuba substanziell deutlich besser geht als etwa den karibischen Nachbarinseln Haiti und der Dominikanischen Republik. Das Bildungsniveau ist hoch, die Gesundheitsversorgung flächendeckend. Dass das kubanische Wirtschaftswachstum sinkt – 2014 lag es bei 1,7 Prozent – hat seine Ursache in der hohen Abhängigkeit vom Öl, mit dem auf Kuba der größte Teil des Stroms produziert wird. Zwar erhält die Insel vergünstigtes Öl aus Venezuela, auch als die Ölpreise noch hoch waren. Dennoch hat die über Jahre teure Energieproduktion an Kubas Wirtschaft genagt: Die Staatsverschuldung ist gestiegen, die Inflation hat zugenommen und viele Kubaner können sich mit den durchschnittlichen 20 Dollar Monatseinkommen nicht mehr ernähren.

Der Druck, Kuba aus der Isolation zu holen, ist hoch. Doch es kann noch Jahre dauern, bis die Entwicklung Früchte trägt.

Quelle: ntv.de

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