Wirtschaft

Nach Griechenland kommen andere Sorgen Bewährungsprobe für Dax & Co.

Die Aussichten sind eher trüb.

Die Aussichten sind eher trüb.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Atempause im griechischen Schuldenstreit verschafft Anlegern auf beiden Seiten des Atlantiks die Gelegenheit, sich auf andere Themen zu konzentrieren. Nicht, dass die erfreulicher sind.

Die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks haben auf die vorläufige Einigung in der Griechenland-Krise erleichtert reagiert. In der Hoffnung auf eine Lösung des Schuldendramas hatten Investoren bereits im Juni Geld in europäische Aktien gesteckt. So waren die Zuflüsse in europäische Aktien-ETFs mit 3,2 Milliarden Euro vergleichsweise hoch, gefragt waren sowohl Länder- als auch Regionen-ETFs.

Der Trend könnte im zweiten Halbjahr anhalten, allerdings werden Investoren die einstweilen eingekehrte Ruhe in Griechenland nutzen, um sich verstärkt die Fundamentaldaten anzusehen – das gilt auch für die Dax-Konzerne, die in dieser Woche in die Bilanzsaison gestartet sind.

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Weil viele Unternehmen stark vom Export abhängen, dürften neben den Quartalszahlen vor allem die Konjunkturdaten aus China im Fokus stehen und dort hat sich die Wirtschaft in den vergangenen Monaten merklich abgekühlt. Die Exporte Deutschlands nach China belaufen sich auf 2,5 Prozent der hiesigen Wirtschaftsleistung, womit Deutschland weltweit auf dem dritten Platz hinter Australien (4,9 Prozent) und Japan (2,7 Prozent) liegt. Entsprechend belasten schlechte Konjunkturnachrichten aus China den Dax. Die schwache US-Wirtschaft tut ihr Übriges. Daher dürfte es spannend werden, ob die schwächelnden Riesen USA und China auf das Exportgeschäft der deutschen und europäischen Unternehmen bereits durchschlägt.

Rückenwind bekommen die hiesigen Unternehmen hingegen vom schwachen Euro, weshalb Analysten ihre Gewinnschätzungen erhöhen. Für 2015 gehen die Finanzprofis von einem Ergebnisplus von 15 Prozent aus und für 2016 von zehn Prozent. Investoren werden zudem die Zinsen in der Euro-Zone genau im Auge behalten. Sollten sie in den nächsten Monaten in der Peripherie deutlich steigen, hätten die dortigen Volkswirtschaften erheblichen Gegenwind. Im Notfall müsste die EZB reagieren und das Anleihenkaufprogramm kräftig aufstocken.

US-Analysten legen die Hürden tief

Am US-Aktienmarkt wird derweil das typische Spiel  gespielt: Vor dem Beginn der Quartalssaison haben die Analysten ihre Gewinnschätzungen kräftig reduziert. Viele Investoren hoffen daher, dass die Unternehmen aus dem S&P 500 die scheinbar niedrige Messlatte problemlos überspringen werden und der Index schon bald die Rekordhochs ins Visier nimmt.

Möglicherweise sind die Investoren diesmal aber trotz der Korrekturen zu zuversichtlich. Laut der Researchfirma FactSet prognostizieren die Analysten für das zweite Quartal einen Rückgang von 4,2 Prozent beim Umsatz und von 4,4 Prozent beim Gewinn. Ein wichtiger Belastungsfaktor sind dabei einmal mehr die Unternehmen aus dem Öl- und Gassektor. Weil der Ölpreis im zweiten Quartal im Schnitt um mehr als 40 Prozent unter dem Vorjahresniveau lag, sollen die Umsätze der Unternehmen aus dem Energiesektor um knapp 40 Prozent einbrechen. Beim Gewinn wird ein Rückgang um fast 60 Prozent vorhergesagt.

Trübe Gewinnperspektiven

S&P 500
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Ende Juni haben auch die Analysten von Goldman Sachs den Tatsachen ins Auge gesehen und ihre Gewinnschätzungen für den S&P 500 eingedampft. Die Begründung auch hier: das schwächer als erwartete US-Wirtschaftswachstum, der stärkere Dollar und der niedrigere Ölpreis. Für das Gesamtjahr 2015 geht Goldman nun von einem Umsatzrückgang von zwei Prozent aus. "Das ist der erste Rückgang seit fünf Jahren", schreiben die Analysten. Die Prognose für den Gewinn streichen die Finanzprofis von 122 Dollar auf 114 Dollar zusammen. Damit würde der Gewinn nur mehr um ein Prozent steigen. Das Kursziel für Ende 2015 belassen die Goldman-Analysten allerdings bei 2.100 Punkten, womit der Index praktisch keinerlei Luft mehr nach oben hätte. Denn mit einem KGV von 16,2 auf Basis der Gewinnschätzungen für die nächsten zwölf Monate ist der Index sehr hoch bewertet. Bei dieser für Analysten und Investoren sehr wichtigen Kennzahl werden jetzt im Juli die 2015er-Schätzungen mit sechs Monaten und jene für 2016 ebenfalls mit sechs Monaten gewichtet.

Gestützt werde der Index laut Goldman allerdings dadurch, dass die US-Notenbank die bislang für September erwarteten Zinserhöhungen auf den Dezember verschieben werde. Würden entgegen der Erwartung von Goldman die Zinsen hingegen überraschend nach oben schießen, droht dem Aktienmarkt deutlicher Gegenwind. Denn dann könnten die S&P 500-Unternehmen nicht mehr so viele Kredite aufnehmen, um das Geld über Aktienrückkäufe und Dividenden an die Anteilseigner auszukehren. Damit würde ein wichtiger Treiber für den US-Aktienmarkt merklich nachlassen. "Die geringere Teuerung spricht allerdings eher gegen eine Zinserhöhung", meint Christian Henke, Analyst beim Broker IG. "Die weniger schwankungsanfällige Kernrate hat sich zuletzt aber von 1,7 auf 1,8 Prozent erhöht und sich dem Zielwert der US-Notenbank Fed von zwei Prozent angenähert", so Henke.

Die US-Wirtschaft ist schwach

Trotz der Warnungen, unterschätzen viele Analysten noch die Schwäche der US-Konjunktur. Zahlreiche Konjunkturdaten liegen inzwischen nur noch knapp über oder teilweise sogar bereits unter dem Vorjahresniveau. Deshalb hatte die US-Notenbank zuletzt die Prognose für das Wirtschaftswachstum für 2015 auf nur mehr 1,8 bis zwei Prozent eingedampft. Wenn das Wirtschaftsministerium ab der Jahresmitte die bereits einmal saisonal bereinigten Zahlen zum Wirtschaftswachstum nicht noch ein zweites Mal saisonal bereinigen würde, sähen die Zahlen noch deutlich schlechter aus.

Einige Analysten stoßen ins gleiche Horn. So hat das Researchteam um Arthur van Slooten bei der Société Générale zum ersten Mal seit fünf Jahren die Cash-Quote in ihrer Asset-Allokation erhöht. "Wir erwarten in der zweiten Jahreshälfte einen 'Fedexit' aus der ultralockeren Geldpolitik. Angesichts dieser bevorstehenden Liquiditätsverknappung erscheinen uns viele Anlageklassen zu teuer." Aktuell sind die Marktbedingungen noch düster, aber nach Ansicht der Société Générale wird es mit der Zeit wieder Einstiegsmöglichkeiten geben: "Seit längerem haben wir US-Staatsanleihen als sichersten der sicheren Häfen bezeichnet – und es gibt keinen Grund diese Einschätzung zu bedauern."

Für das zweite Halbjahr bleibt van Slooten vorsichtig. Das größte Potenzial am Aktienmarkt wird in Europa gesehen: "Wir ziehen vor allem Aktien aus der Eurozone vor, denn sie bieten eine überlegene Bewertung und ein sich besserndes Wachstumsprofil. Im Vergleich zu den USA und Großbritannien finden Investoren hier eine attraktive Risikoprämie. Zudem erwarten wir, dass das Wachstum europäischer Unternehmen zukünftig an das ihrer US-amerikanischen Pendants aufschließen wird."

Quelle: ntv.de

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