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Alexander Seibold Euro ist so nicht überlebensfähig

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(Foto: picture alliance / dpa)

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Erinnern Sie sich an Intershop? Oder Mobilcom? Das waren ehemals hochfliegende Firmen aus der Zeit des Neuen Marktes ab 1999. Sie waren auch eine der ersten, deren Aktien massiv verloren haben. Damals schauten viele Investoren entsetzt auf kleine Telekom- und Internetfirmen. Aber vor lauter Schrecken über Details sah kaum einer das große Bild: Die groteske Fehlallokation von zig hunderten Milliarden Euro in Traum-Geschäfte, in deren Folge DAX-Konzerne 80 Prozent und mehr ihres Wertes verloren.

EU-Staaten in auswegsloser Lage

Auf  der Seite der Staatsanleihen herrscht derzeit eine ähnliche Fehleinschätzung. Über die Steuervermeidungsstrategien griechischer Ärzte ist viel geschrieben worden, an das große Bild traut sich immer noch kaum einer ran. Denn die Schulden des griechischen Staates sind nicht die Ursache der gegenwärtigen Misere, sondern eine der vielen Auswirkungen. Die Regierungen und Zentralbanken haben sich durch ihre jahrelange ultralockere Schuldenpolitik in eine ausweglose Situation manövriert. Bekommen die überschuldeten Länder weitere Kredite, geraten auch die noch verhältnismäßig stabilen Länder wie Deutschland in die Schuldenfalle. Lassen sie Anleihen aus Griechenland platzen – Umschuldung klingt netter, ist aber dasselbe –, beginnt ein Wettlauf raus aus den Staatsanleihen von Portugal, Irland, Italien, Großbritannien etc. Keiner will beim nächsten Schuldenschnitt betroffen sein. Erschwerend kommt hinzu, dass der Inflationsdruck langsam, aber merklich steigt. In diesem Fall geraten die Anleihenkurse massiv unter Druck, auch ohne Umschuldung.

Euro ist so nicht überlebensfähig

Wie kann es weiter gehen? Schon vor einem Jahr haben wir davor gewarnt, dass der Euro in seiner heutigen Form nicht überleben wird. Langfristig führt kein Weg daran vorbei. Auch ein Austritt einer kleineren Volkswirtschaft wie Griechenland würde nicht viel ändern. Die Lehre aus der Schulden-Krise ist, dass ein Währungsraum nur funktionieren kann mit Ländern, die eine ähnliche Finanz- und Steuerpolitik verfolgen. Viel spricht für einen Kern-Euro aus beispielsweise Deutschland, Österreich und den Beneluxstaaten. Dann können die Staaten des, nennen wir ihn Süd-Euro, über den Weg einer Währungsabwertung Wettbewerbsvorteile erlangen und auf den Wachstumspfad zurückkehren.

Risikostreuung durch Sachwerte ist nötig

Die Herausforderung für Anleger besteht darin, sich heute schon positionieren zu müssen, ohne zu wissen, wie sich der Euro entwickelt. Eine Überlegung könnte sein, in die Vermögensaufteilung eine „Währung“ aufzunehmen, die von dieser Entwicklung weitgehend unabhängig ist. Das können zum Beispiel Immobilien, Wald oder Agrarland sein. Die Überlegung dahinter: Der reale Wert der laufenden Einnahmen aus solchen Investitionen – seien es Mieten oder Erträge aus Ernten oder Holzeinschlag – ändert sich grundsätzlich nicht, wenn es eine neue Währung geben sollte oder die Inflationsrate steigt. Allerdings sollten Anleger streng darauf achten, solche Sachwerte mit liquiden und transparenten Anlagevehikeln in ein Depot zu integrieren.

Der Autor Alexander Seibold ist bankunabhängiger Vermögensverwalter bei Dr. Seibold Capital und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.

Quelle: ntv.de

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