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Goerkes Chartsignale Abwärts bitte!

Wenn die Kerzen Trauer tragen...

Wenn die Kerzen Trauer tragen...

(Foto: REUTERS)

Finger weg von vermeintlichen Schnäppchen am Aktienmarkt, rät Chartanalyst Ralf Goerke. Lange schwarze Kerzen verheißen für den Markt nichts Gutes, sondern eher weiter fallende Kurse.

Ralf Goerke, Momentuminvestor.de

Ralf Goerke, Momentuminvestor.de

Der Monat August liegt nun hinter uns und die Börse hat uns wieder ein interessantes Signal hinterlassen, das nicht zu unterschätzen ist! Riskieren wir also mal wieder den Blick über den Tellerrand.

Dazu müssen wir in die Welt der japanischen Kerzencharts eintauchen. Die Abbildung von Kursverläufen mittels Kerzencharts ist eine uralte Methode, die vor ca. 250 Jahren in Japan ihren Ursprung fand. Man kann also unterstellen, dass die Japaner mit der Aussagekraft dieser Chartdarstellung im Laufe der Jahrhunderte so ihre Erfahrungen gesammelt haben.

Der Vorteil der Darstellung von Kursverläufen mittels Kerzencharts liegt darin, dass das Kräfteverhältnis zwischen Bullen und Bären sehr schön zum Ausdruck kommt. Ist die Kerze weiß, so sind die Kurse in dem Zeitraum gestiegen, ist sie schwarz, sind sie gefallen. Eine lange weiße Kerze bedeutet, dass hier massiv gekauft wurde und bei einer langen schwarzen Kerze wurde kräftig verkauft. Womit wir auch schon beim Thema wären…

Abb. 1 DAX über 8½ Jahre mit Kerzenchart auf Monatsbasis

Abb. 1 DAX über 8½ Jahre mit Kerzenchart auf Monatsbasis

Das Chartbild 1 zeigt den DAX über die letzten achteinhalb Jahre. Jede Kerze gibt die Kursveränderung eines ganzen Monats wieder. Die Kerze rechts außen steht für den gerade zu Ende gegangenen Monat August (Nr. 2 im gelben Oval). Sie ist lang und schwarz, soll heißen, dass hier im großen Stil verkauft worden ist. Diese Verkaufswelle führte zu einem Rückgang von fast 1.500 Punkten oder 20,3%.

Warum ist das als Signal zu werten? Wenn nach einer längeren Aufwärtsbewegung, in der die Bullen das Zepter in der Hand hielten, plötzlich auf erhöhtem Niveau starke Verkäufe auftreten, dann gilt nach den Regeln der Kerzenchart-Analyse, dass jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit die Bären das Ruder übernehmen. In den meisten Fällen bleibt es bei dieser einen, sehr negativ zu interpretierenden Kerze nicht und das Kursniveau fällt im Laufe der darauf folgenden Wochen und Monate tendenziell weiter.

Was die Verkaufswelle jetzt im August ausgelöst haben mag, kann nur vermutet werden. Ob es die nicht enden wollende Schuldendiskussion diesseits und jenseits des Atlantiks war oder die Furcht vor einer kommenden Rezession. Fakt ist, dass es offenbar Marktteilnehmer gibt, die dem Braten nicht mehr trauen und ihre Bestände deshalb in großem Stil veräußert oder mindestens aber reduziert haben. Und nachdem sich der DAX in den zwei Jahren zuvor mehr als verdoppelt hatte, spricht ja auch nichts gegen gelegentliche Gewinnmitnahmen.

Ein solcher Kurssturz verunsichert natürlich viele Akteure, vor allen Dingen dann, wenn dieser – so wie jetzt – für viele vollkommen unerwartet eintritt und in einem Monat stattfindet (August), der nicht für starke Kurseinbrüche prädestiniert ist. Die Heerschar verunsicherter Anleger wird sich also vermutlich mit Käufen zunächst zurückhalten und die, die gerade erst ausgestiegen sind, tun es ja in der Erwartung weiter fallender Kurse erst recht. So wundert es also nicht, wenn im Zuge eines solchen Einbruchs das Kursniveau mangels Käufer zunächst noch weiter fällt.

Eine ähnliche Situation spielte sich im Januar 2008 ab (Nr. 1 im gelben Oval). Damals war der DAX zuvor über fünf Jahre gestiegen! Mit einem Verlust von fast 15% war die DAX-Kerze im Januar 2008 so lang wie keine andere schwarze Kerze in den fünf Jahren vorher. Der starke Abverkauf damals war der Beginn des Subprime-Crashs, der den DAX in der Folge um 55% in die Tiefe reißen sollte.

Ein so starker Kursverlust wie jetzt im August von über 20% kommt sehr selten vor und wir müssen schon weit in die Vergangenheit zurückgehen, um eine vergleichbare Situation zu finden. Im Oktober 1987 verlor der DAX im damaligen '87er-Crash 22,5%.

Abb. 2 DAX über 10 Jahre (1982 – 1992) mit Kerzencharts auf Monatsbasis

Abb. 2 DAX über 10 Jahre (1982 – 1992) mit Kerzencharts auf Monatsbasis

Ein Blick auf das Chartbild 2 zeigt Ihnen auch hier wieder eine lange, vorangegangene Aufwärtsbewegung über fünf Jahre und dann einen massiven Abverkauf, der zu der langen schwarzen Kerze im Oktober 1987 führte (Nr. 1 im gelben Oval).

War das damals schon der Zeitpunkt für "Schnäppchen" oder gar "Geschenke", die die Börse machte? Nein! Die Kurse fielen trotz des Oktober-Einbruchs in den Folgemonaten noch weiter und erreichten erst im Januar 1988 – also vier Monate später – auf einem um nochmals 21% niedrigerem Niveau ihren Tiefpunkt!

Dies war dann der Startschuss für eine zweieinhalbjährige Hausse im DAX, welche dann im August 1990 vorübergehend beendet wurde – wieder durch eine lange schwarze Kerze auf hohem Niveau (Nr. 2 im gelben Oval). Und auch hier konnte von einem „Schnäppchenniveau“ noch keine Rede sein. Die Kurse fielen im September 1990 nochmal um 18% und die gesamte Korrektur fand erst wieder im Monat Januar (1991) ihren Boden.

Fazit:

Dass die Kerzenchart-Analyse mit ihren Aussagen durchaus ihre Berechtigung hat, sehen Sie auch anhand der Analyse vom 01.04. (kein Aprilscherz!) dieses Jahres im n-tv - Archiv (s. "Hanging Man im DAX". Das Kerzen-Signal eines "Hanging Man" wurde damals im Rahmen dieser Kolumne bei einem Kursniveau von 7100 Indexpunkten als sehr bearish interpretiert. Wohin die Reise im DAX seither bis heute ging, wissen Sie.

Hüten Sie sich also vor langen schwarzen Kerzen auf hohem Niveau, so wie jetzt! Sie signalisieren meistens nicht den Endpunkt einer Abwärtsbewegung, sondern kündigen häufig erst den Beginn einer Abwärtsbewegung an. Wenn Sie also nicht auf dem Standpunkt stehen, dass dieses Mal alles anders ist als sonst, dann wissen Sie, was sie zu tun haben: Folgen Sie den Signalen, die Ihnen die Märkte liefern (sie wollen Ihnen nichts verkaufen!) und meiden Sie vorerst weiter jedwede Investitionen auf steigende Kurse, denn der statistisch schwächste Börsenmonat des Jahres hat gerade erst begonnen…

Mehr Informationen zur Strategie von Ralf Goerke finden Sie unter: www.momentumstrategie.de

Quelle: ntv.de

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