Wirtschaft

"Ich habe es Dir ja gesagt" US-Zinswende in Gefahr

Hat Janet Yellen zu Recht abgewartet?

Hat Janet Yellen zu Recht abgewartet?

(Foto: dpa)

Fed-Chefin Janet Yellen zögert die Zinswende immer wieder hinaus. Offenbar nicht ohne Grund: Der US-Arbeitsmarkt steht deutlich schlechter da, als erwartet. Die Wette auf eine schnelle Zinserhöhung sei nun "etwas für Narren", glauben Marktbeobachter.

Schwerer Schlag für die langerwartete Zinserhöhung in den USA: Der Arbeitsmarkt hat im September die Markterwartungen weit verfehlt. Mit 142.000 Stellen lag der Jobaufbau deutlich unter dem erwarteten Zuwachs von 201.000. Zudem musste das US-Arbeitsministerium den Beschäftigungsaufbau für die Vormonate Juli und August um insgesamt 59.000 Stellen nach unten korrigieren. Die Arbeitslosenquote verharrte auf ihrem siebenjährigen Tiefstand von 5,1 Prozent.

Der US-Dollar geriet nach Bekanntwerden der Zahlen auf breiter Front unter erheblichen Druck. Im Gegenzug stieg der Euro innerhalb weniger Minuten um eineinhalb Cent auf gut 1,13 Dollar. Dax und Dow Jones gaben deutlich nach.

"Nur ein Narr glaubt jetzt noch, dass sie nun die Zinsraten anheben können", twitterte ein Marktbeobachter in Anspielung auf die US-Notenbank Fed, die ihre Geldpolitik eng an die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt anknüpft. Andere sind sich sicher, dass Fed-Chefin Janet Yellen nun über ihre morgendliche Tasse Kaffee - vielleicht zu ihrem Ehemann, dem Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof? - raunen wird: "Ich habe es Dir gesagt."

Yellen hatte in den vergangenen Wochen die erwartete Abkehr von der Nullzinspolitik immer wieder verschoben und erst vor einer Woche ein etwas deutlicheres Signal gesetzt: "Eine Zinserhöhung später in diesem Jahr ist angemessen", sagte die Fed-Chefin. ließ aber ein Hintertürchen offen: Voraussetzung sei, dass sich der US-Arbeitsmarkt weiter verbessere.

Zinswende vom Börsentisch

"Das ist ein klarer Dämpfer für die Zinserhöhungsabsicht, die Yellen zuletzt geäußert hat", urteilt Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. "Die Datenlage wird aus Sicht der Fed nicht mehr besser. Die Fed hat im September eine gute Gelegenheit verpasst, die Zinsen zu erhöhen." Der Experte rechnet nun erst für das erste Quartal 2016 mit einer Leitzinserhöhung.

Auch an den Finanzmärkten wurde eine baldige Zinserhöhung umgehend ausgepreist: Die von den Fed-Funds-Futures implizierte Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Dezember sank auf 27 Prozent von 42 Prozent am Vortag. Die für Oktober ohnehin nur gering eingepreiste Chance ging noch weiter zurück, nämlich auf 5 Prozent von 12 Prozent.

Die Untätigkeit der Fed setzt auch die Europäische Zentralbank unter Druck, ihre Geldpolitik schon bald noch stärker zu lockern. Denn solange die erwartete Straffung der US-Geldpolitik auf die lange Bank geschoben wird, wertet der Euro gegenüber dem Dollar auf, was in Frankfurt nur bedingt gerne gesehen wird.

Niedrige Zinsen werden als Konjunkturimpulse genutzt, da die Unternehmen günstig Geld für Investitionen aufnehmen können. Im Umkehrschluss wird befürchtet, dass steigende Zinsraten die Konjunkturerholung abwürgen und damit etwa die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschärfen könnten.

Quelle: ntv.de, sla/DJ/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen