Wirtschaft

"Hier lässt sich viel Geld verdienen" Schotten-Votum lockt die Pfund-Zocker

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(Foto: REUTERS)

Im September stimmen die Schotten über einen Gang in die Unabhängigkeit ab. Umfragen sehen derzeit keine Mehrheit für die Befürworter. Doch Währungsspekulanten spielen die Überraschung durch - und wetten auf den Absturz des Pfunds.

Meinungsumfragen legen es nahe und die Regierung in London hofft darauf: Die Schotten werden wohl ihre Chance, beim Unabhängigkeitsreferendum im September den uralten Bund mit dem Rest Großbritanniens zu brechen, ungenutzt lassen. Doch das ruft die Zocker auf den Plan. Die Wetten auf einen Absturz des britischen Pfund im Fall eines überraschenden "Ja" der Schotten zur Unabhängigkeit werden immer mehr.

Britisches Pfund / US-Dollar
Britisches Pfund / US-Dollar 1,25

Für das Pfund Sterling ging es dessen ungeachtet im bisherigen Jahresverlauf vor allem in eine Richtung: nach oben. Das Pfund gehört zu den Währungen, die in diesem Jahr weltweit am besten abgeschnitten haben - fünf Prozent zum Euro und gut drei Prozent zum Dollar. Aktuell steht es so gut zum Dollar wie seit sechs Jahren nicht mehr. Das ist Ausdruck der Wirtschaftserholung und der wachsenden Wahrscheinlichkeit, dass die britische Notenbank als erste große Zentralbank die Zinsen erhöhen wird.

Investoren suchen Absicherung

Der makroökonomische Rahmen liefert wenig Grund für einen Kursrückgang in nächster Zeit. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach Optionen, die auf einen Kurseinbruch des Pfundes pünktlich zum Unabhängigkeitsreferendum am 18. September setzen. "Investoren kaufen Optionen mit Fälligkeit für den 19., was gesteigertes Kaufinteresse widerspiegelt, um sich gegen ein potenziell überraschendes Votum abzusichern", sagt Peter Kinsella, Devisenanalyst bei der Commerzbank.

Der Preis einer Option wird in Prozent ausgedrückt und beruht auf komplexen Berechnungen mittels der erwarteten Preisbewegungen und der Nachfrage nach der Option selbst. Seit vergangenem Freitag schließen auch die Zwei-Monats-Optionen den Wahltag 18. September mit ein, und seitdem sind die Kosten laut Kinsella von unter 5 Prozent auf aktuell rund 5,4 Prozent gestiegen.

"Im Klartext heißt das, dass Devisen-Investoren einen höheren Aufschlag für Schutz vor Abwärtsrisiken im Pfund bezahlen", sagt Stephen Gallo, Währungsanalyst bei der Bank of Montreal. "Wenn wir in den kommenden zwei Monaten größere Schwankungen erleben sollten, dann setzen Investoren darauf, dass es mit dem Ausgang des schottischen Referendums zusammenhängen wird."

Unabhängigkeit birgt erhebliche Unsicherheiten

Seit Monaten haben Investoren das Schicksal Schottlands im Blick. Ein unabhängiges Schottland würde große Unsicherheit, Kosten und Risiken für Schottland und den Rest des Vereinigten Königreichs mit sich bringen, heißt es etwa in einer Studie der Investmentfirma Blackrock vom März.

"Es gibt viele offene Fragen: Währungsunion oder Schottisches Pfund, ein eigener schottischer Haushalt, die Aufteilung des Nordseeöls, Finanzregulierungen, Mitgliedschaft in der Europäischen Union, Steuerfragen und vieles mehr. Es wird dabei unweigerlich zu Problemen kommen", heißt es in der Analyse. Die Investoren scheint das allerdings nicht davor abzuschrecken, in das Pfund zu investieren oder andere britische Vermögenswerte.

Die britischen Staatsanleihen sind zum Beispiel das ganze Jahr über gestiegen. Die Rendite für zehnjährige britische Staatsanleihen ist um einen halben Prozentpunkt auf 2,6 Prozent gefallen. Die Rendite fällt wenn die Preise steigen.

Händler nehmen auch Wahl 2015 in den Blick

Jetzt wo das Referendum näher rückt, werden Käufer von Devisenoptionen aktiv - sei es, dass sie sich gegen Verluste absichern oder von einem Kurseinbruch des Pfunds profitieren wollen. "Spekulanten, die auf ein 'Ja' setzen, kaufen Pfund-Puts mit Laufzeiten von einem Jahr. Sie rechnen mit großen Verlusten im Pfund und einem deutlichen Anstieg der Volatilität", sagt Cameron Millar, ein Händler bei Positive Gamma.

Er rechnet damit, dass das Pfund in einer ersten Reaktion auf ein Yes-Votum um bis zu fünf Prozent fallen wird und mindestens weitere neun Monate sensibel auf Schlagzeilen reagieren werde. Er habe entsprechende Optionen gekauft, auch mit Blick auf die britischen Parlamentswahlen im Mai 2015. "Hier lässt sich viel Geld verdienen. Die sind beim aktuellen Kurs günstig", sagt er.

Laut jüngsten Meinungsumfragen werden 37 Prozent für eine Abspaltung stimmen, doch 13 Prozent der Stimmberechtigten sind noch unentschieden und können so das Gesamtergebnis noch entscheidend verändern. "Ein 'Ja'-Votum ist gar nicht unwahrscheinlich", heißt es dazu in einer Analyse von Morgan Stanley. Die Wahrscheinlichkeit für eine Abspaltung beträgt ihnen zufolge 25 Prozent. In diesem Szenario würde das Pfund nach Meinung der Bank um bis zu 10 Prozent einbrechen.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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