Wirtschaft

Mays Tories im Umfragetief Pfund drohen neue Turbulenzen

Bislang gehen viele Meinungsforscher mehrheitlich davon aus, dass die Tories nur einen knappen Wahlsieg erringen werden.

Bislang gehen viele Meinungsforscher mehrheitlich davon aus, dass die Tories nur einen knappen Wahlsieg erringen werden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Eine Woche vor den britischen Unterhauswahlen werfen Devisenanleger ihre Pfund Sterling aus den Depots. Das Blatt für die Konservativen von Premierministerin May hat sich dramatisch gewendet. Hier Szenarien, die passieren könnten.

Den erhofften Kantersieg bei den vorgezogenen britischen Parlamentswahlen kann sich Premierministerin Theresa May Umfragen zufolge abschminken. Laut Demoskopen müssen die regierenden Konservativen jetzt sogar um ihre absolute Mehrheit zittern.

Vor wenigen Wochen noch hatten die Tories noch etwa 20 Prozentpunkte vorn gelegen. Diese Entwicklung macht Anleger nervös. "Dass Wahl-Überraschungen in Großbritannien jederzeit möglich sind, hat das Brexit-Votum eindrucksvoll gezeigt", warnt Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners.

Die Berechnungen des Instituts YouGov, denen zufolge die Tories eine erneute absolute Mehrheit knapp verpassen könnten, drückten das Pfund Sterling bereits auf ein Sechs-Wochen-Tief von 1,2770 Dollar. Wie wird die britischen Währung auf den Ausgang der Parlamentswahl am 8. Juni reagieren? Hier denkbare Szenarien:

Knappe Mehrheit für Theresa Mays Tories

Bislang gehen viele Meinungsforscher mehrheitlich davon aus, dass die Tories nur einen knappen Wahlsieg erringen werden. "Wenn May die Mehrheit nicht deutlich ausbauen kann, vergrößert sich ihr Verhandlungsspielraum nicht", sagt George Saravelos, Anlagestratege der Deutschen Bank. "Eine starke konservative Mehrheit ist außerdem nur eine notwendige, keine hinreichende Bedingung für einen reibungslosen Brexit."

Bereits jetzt sei die Mehrheit der Regierungspartei so gering wie zuletzt Mitte der 1970er-Jahre, betont Investment-Manager Jaisal Pastakia vom Vermögensverwalter Heartwood. "Eine interne Parteirevolte wäre eine unwillkommene Ablenkung, die oft zu Verzögerungen und peinlichen Kehrtwenden führt." Devisenstrategin Kathleen Brooks vom Brokerhaus Gain Capital sieht die Gefahr eines größeren Ausverkaufs und den Sturz des Pfund auf 1,20 Dollar.

Labour Party gewinnt Parlamentsmehrheit

Eine realistische Chance der Labour-Partei auf einen Wahlsieg gibt es laut Börsianern zwar nicht. Sollte es dennoch so kommen, könnte das Pfund kräftig zulegen. "Hat Labour einen schlaueren Brexit-Plan?", fragt Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. "Ich bin nicht sicher, aber es würde zumindest ein sanfterer Brexit." Unter einem "Soft Brexit" verstehen Börsianer einen Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union, bei dem das Königreich den Zugang zum Binnenmarkt behält.

Ähnlich urteilt auch Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HSH Nordbank. "Unter Labour könnte es möglicherweise eher in Richtung eines Norwegen-Modells gehen." Das skandinavische Land ist kein EU-Mitglied, hat aber freien Zugang zum Binnenmarkt und die Personenfreizügigkeit der EU. Die Experten der Investmentbank Nomura schließen bei einer Labour-geführten Regierung nicht aus, dass Großbritannien doch nicht aus der EU aussteigt.

Keiner geht als Sieger hervor

Sollte keine Partei eine Mehrheit erreichen, wäre das aus Sicht von Experten Gift für die Börsen. "Dieses Restrisiko blenden die Anleger bislang aus, deswegen würde das die größten Verwerfungen nach sich ziehen", erklärt Gain-Expertin Brooks.

Britische Aktien und das Pfund gingen dann wohl auf Talfahrt. "Das wäre das Horrorszenario für May", sagt Analyst Neil Wilson vom Brokerhaus ETX Capital. Bekomme sie nicht die von ihr angepeilte Mehrheit, würde das als ihr persönliches Scheitern ausgelegt. Brexit-Hardliner wie Boris Johnson bekämen dadurch Oberwasser.

Analyst Paul Meggyesi von der US-Großbank JP Morgan sieht aber auch bei einem Wahlergebnis ohne absolute Mehrheit für eine Partei Chancen für eine Pfund-Rally. "Man kann argumentieren, dass eine Mitte-Links-Koalition einen sanfteren Brexit bringt oder die Aussicht darauf."

Konservative bauen Vorsprung aus

Ein eindeutiger Sieg der Konservativen dürfte der britischen Währung Auftrieb geben. "Je größer die Mehrheit, desto selbstbewusster kann May auftreten und desto besser ist ihre Position bei den Brexit-Verhandlungen", betont HSH-Experte de la Rubia. Strategin Brooks rechnet dann mit einem Sprung des Pfunds über 1,30 Dollar und Rekordständen beim Londoner Aktienindex FTSE.

Zusätzlich Schub könnte das Pfund bekommen, sollten die Tories in schottischen Wahlkreisen Sitze hinzugewinnen. "Dies würde eine Abspaltung Schottlands unwahrscheinlicher machen", prognostiziert de la Rubia. Das dortige Regionalparlament stimmte im März für ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum. 2014 hatten sich die Schotten mit knapper Mehrheit für einen Verbleib im Vereinigten Königreich ausgesprochen.

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Quelle: ntv.de, ddi/rts

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