Wirtschaft

Aufregung am Devisenmarkt Pfund-Crash erschreckt Experten

"Dramatische Bewegungen" im Devisenhandel: Das Pfund Sterling gerät massiv unter Druck.

"Dramatische Bewegungen" im Devisenhandel: Das Pfund Sterling gerät massiv unter Druck.

(Foto: imago/Christian Ohde)

Dramatische Bewegungen im Devisenhandel: Ohne Vorwarnung gerät die britische Währung am frühen Morgen ins Wanken. Binnen Minuten sackt der Kurs außergewöhnlich steil ab. Noch immer rätseln Analysten über die Ursachen. "Was da passiert ist, war irre."

Das britische Pfund ist am Morgen an den asiatischen Märkten rasant abgestürzt. In Tokio gab die Währung binnen kurzer Zeit um mehr als sechs Prozent gegenüber dem Dollar nach. Plötzlich war ein Pfund nur noch 1,1841 Dollar wert - das war der tiefste Stand seit 1985. Danach erholte sich die Währung sehr schnell wieder auf einen Wert von etwa 1,24 Dollar. Zuletzt notiert das Pfund Sterling bei 1,2460 Dollar. Ein Dollar ist damit 0,8027 britische Pfund wert.

"Das war eine noch größere Bewegung als die, die wir nach dem Brexit-Votum gesehen haben", kommentierte ein Devisenhändler in Tokio die Entwicklung. "Es gab gar keinen unmittelbaren Grund für das Pfund Sterling, eine solch dramatische Bewegung zu machen", ergänzte ein anderer Händler. "Das waren ein paar verrückte Minuten." Was genau den "Flash Crash" auslöste, blieb zunächst unklar.

Als besorgniserregendes Signal wertete Devisenexperte Sean Callow von Westpac Banking den Absturz des britischen Pfunds. "Das ist eine Bewegung, die man von einer Schwellenland-Währung erwarten könnte, nicht aber von der am dritthäufigsten gehandelten Währung weltweit", sagte er.

Die Bewegung erinnere an den "Flash Crash" im April 2013, der den Goldpreis in kürzester Zeit um 200 Dollar nach unten geschickt habe. Der Preis des Edelmetalls habe sich davon nie völlig erholt, wovon sich ein ähnliches Szenario für das Pfund ableiten lassen könnte. "Es wird sich nicht erholen, es gibt keinen Boden, nur Luft nach unten", prophezeite Callow.

Ist Hollande schuld?

Einige Beobachter vermuteten sogar politische Impulse. Sie verwiesen dazu auf Äußerungen des französischen Präsidenten François Hollande am Vorabend in Paris. Er hatte für einen harten Umgang mit Großbritannien im Zusammenhang mit dem EU-Austritt des Landes plädiert.

Andere Beobachter halten angesichts der heftigen, zeitlich begrenzten Bewegungen technische oder IT-bedingte Kursausschläge für sehr viel wahrscheinlicher. Analyst Angus Nicholson von IG Markets sprach von einem "Algorithmus-getriebenen Flash Crash".

"Was da passiert ist, war irre", zitierte die Finanznachrichtenagentur Bloomberg den Analysten Naeem Aslam von Think Markets. Möglicherweise sei vor dem stärksten Kursausschlag ein Marktteilnehmer auf eine falsche Taste gekommen, heißt es aus den Handelsräumen der Banken.

Im sogenannten Computerhandel war es bereits in früheren Fällen zu ähnlichen, ungeahnten Wechselwirkungen gekommen. Im Mai 2010 zum Beispiel war es an der New Yorker Börse zu einem spektakulären Minuuten-Crash gekommen, der den Dow-Jones-Index kurzzeitig 9 Prozent ins Minus gedrückt hatte. Ende August 2013 führten Probleme mit der Software dazu, dass der Handel an der Nasdaq für Stunden ausgesetzt werden musste.

Kurzzeit-Crash im dünnen Handel

Minori Uchida von der Bank of Tokyo-Mitsubishi meinte, offenbar seien mehrere Verkaufsaufträge für das Pfund gleichzeitig - "möglicherweise aus irgendeinem technischen Grund" eingetroffen. Da das Handelsvolumen in Asien zu diesem Zeitpunkt insgesamt eher gering gewesen sei, habe dies starke Auswirkungen gehabt und die britische Währung auf Talfahrt geschickt.

Es handelte sich um den stärksten Absturz des Pfunds seit dem Brexit-Referendum am 23. Juni. Nachdem die Auszählung damals ergab, dass eine knappe Mehrheit der Briten für den EU-Austritt gestimmt hatte, stürzte die Währung um zwischenzeitlich mehr als zehn Prozent ab. Bereits am vergangenen Dienstag war das Pfund auf ungewöhnliche Tiefstände gefallen. Dabei hatte die Devise allerdings im Vergleich zum Vortag nur gut 0,6 Prozent verloren.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/DJ/rts

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