Wirtschaft

Zocken am Devisenmarkt Hoeneß handelte nicht allein

Am Devisenmarkt kann man viel Geld verdienen - und viel Geld verlieren.

Am Devisenmarkt kann man viel Geld verdienen - und viel Geld verlieren.

(Foto: REUTERS)

Noch sind nicht alle Details zu den Handelsaktivitäten von Uli Hoeneß bekannt. Doch die hohe Zahl seiner Trades lässt nicht nur auf viel Startkapital schließen, sondern auch auf eine systematische Vorgehensweise. Mit Hilfe eines Handelssystems dürfte er am Devisenmarkt engagiert gewesen sein.

Das Urteil ist rechtskräftig, Uli Hoeneß wird in den kommenden Wochen seinen Gang ins Gefängnis antreten. Kaum ein Prozess hat in den vergangenen Jahren einen derart großen Medienwirbel ausgelöst - und doch bleiben Fragen offen. Viele Menschen wollen wissen, wie man überhaupt mit Devisengeschäften derart große Summen bewegen kann: Das Konto von Hoeneß soll zwischenzeitlich ein Volumen von 150 Millionen Euro erreicht haben,

Der Handel am Devisenmarkt ist dabei alles andere als einfach, für viele Investoren gilt er als Königsdisziplin. Denn bei Rohstoffen können sich viele private Investoren noch reichlich Gründe vorstellen, warum Preise fallen oder steigen. Ernteausfälle, Dürren, Naturkatastrophen, simple Angebot-Nachfrage-Funktionen, Lagerbestände – da fällt einem noch viel ein. Bei Aktien ist es ähnlich, sie sind greifbarer. Es gibt Bewertungsmaßstäbe, dazu die Unternehmensergebnisse, Übernahmen oder Fusionen.

Vielschichtiger Währungsmarkt

Doch am Devisenmarkt stehen sich immer zwei Basiswerte, also Währungen gegenüber, die mannigfachen Einflüssen unterliegen. Sind die Aktienmärkte eingebrochen wie beispielsweise im Frühjahr 2009 können Investoren den Gedanken fassen, sich "unten" einzudecken. Dies sollte auch mit gewöhnlichen Orderaufgaben per Hand möglich sein, man kann die Aktie dann auch jahrelang liegen lassen, es gibt häufig Dividenden und mögliche Kurssteigerungen. Doch wann ist bei einem Währungspaar "oben" oder "unten", wann liegt eine Übertreibung zur einen oder anderen Währung vor? Wann greift womöglich eine Nationalbank ein, so wie 2011 beim Verhältnis Euro-Franken? Wann agiert die EZB ähnlich wie die US-Notenbank und wann macht Japan mobil, um den Yen zu schwächen? Diese Herausforderungen des Devisenmarktes haben es auch Uli Hoeneß angetan. Bereits Mitte der 90er Jahre war er in Händlerkreisen ein Begriff. Aber besonders aktiv ist er ab 2001 wohl geworden, nachdem ihm ein Freund 20 Millionen Mark überwiesen hatte - 5 Millionen als Kredit, 15 Millionen als Bürgschaft.

Am Devisenmarkt gibt es zahlreiche Möglichkeiten aktiv zu werden: Swaps, Termingeschäfte Kassageschäfte, Devisenoptionen oder -Futures. Mit diesen Transaktionen werden Währungen getauscht (Swap), auf Termin oder mit sofortiger Wirkung (Kassageschäft), es wird mit und ohne Hebel gehandelt. Nicht immer steht die Spekulation im Vordergrund, die meisten dieser Instrumente werden auch zur Absicherung eingesetzt oder um höhere Zinsen einer ausländischen Währung zu kassieren (Carry Trades). Börsengehandelte Devisenoptionen und -Futures werden im Vergleich zu anderen Assetklassen wie Anleihen oder Indizes weniger intensiv genutzt. Zu Spekulationszwecken dürfte Uli Hoeneß wie zahlreiche andere auch vor allem im hochgehebelten Kassageschäft aktiv gewesen sein.

Wie am Spielautomat

Etwa 20 Trades am Tag soll er durchschnittlich gehandelt haben. Für einen Profi ist das nicht viel, aber für einen Fußballmanager, der das ganze nebenher betreibt eben doch eine hohe Zahl. Daher ist zu vermuten, dass er ein Handelssystem genutzt hat. Das könnte auch von dem kontoführenden Institut in seinem Auftrag eingesetzt worden sein. Der Vorteil eines solchen Systems ist der nach bestimmten Vorgaben automatisierte Handel, mit dem sich eine Vielzahl an Trades auch bewältigen lässt. Emotionen sind dabei ausgeklammert. Das Problem dabei: Man muss sich daran halten, wobei jedes System nach einer bestimmten Zeit an neue Marktgegebenheiten angepasst werden muss.

Bei der Vielzahl an Trades ist zu vermuten, dass Hoeneß eine Art Martingale genutzt hat. Das ist ein vergleichsweise einfaches System, das vor allem in den vielen Seitwärtsphasen eines Devisenmarktes erfolgreich ist. "Bei einem Martingale-System werden die Positionen erhöht, wenn sie ins Minus laufen", erklärt Oliver Bossmann, Analyst bei ETX Capital. Das bedeutet, dass sich gleichzeitig der Kauf- oder Verkaufskurs der gesamten Position verbessert. "Wenn der Kurs dann dreht und wieder ins Plus läuft, ist nur eine kleine Gegenbewegung am Markt notwendig, damit die Gesamtposition auch wieder in die Gewinnzone läuft. Typisch für diese Martingale-Systeme sind daher kleine Durchschnittsgewinne, die mit einer hohen Trefferwahrscheinlichkeit erzielt werden", so Bossmann weiter. Das Risiko liegt gleichzeitig auf der Hand. Wenn der negative Trend anhält, sind durch die aufgestockten Positionen auch hohe Verluste möglich, bis hin zur Pleite.

Das Handelssystem würde die hohe Zahl der Trades erklären, außerdem lassen sich im Devisenhandel mehrere Währungen auf einmal handeln. Dadurch kann die Zahl der Trades noch einmal deutlich steigen. Wer etwa auf den Euro setzen will, kann nicht nur das Währungspaar Euro-Dollar, sondern beispielsweise auch Euro-Yen, Euro-britisches Pfund oder Euro-Schweizer Franken handeln. Bei diesen vielen Handelsoptionen dürfte es bei Hoeneß vielen Trades daher nicht ohne ein bestimmtes Devisenhandelssystem funktioniert haben. Besser wäre es gewesen, wenn dieses System auch gleich seine Steuerangelegenheiten via automatischer Gewinn- oder Verlustanmeldung hätte erledigen können. Das hätte sicher mehr geholfen und ihm den Gang nach Landsberg erspart.

Quelle: ntv.de

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