Wirtschaft

Dollar unter Druck Euro wird in der Krise zum sicheren Hafen

Deutsche Exporteure müssen den Euro-Anstieg bislang nicht fürchten.

Deutsche Exporteure müssen den Euro-Anstieg bislang nicht fürchten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die europäische Gemeinschaftswährung war schon fast abgeschrieben, die Parität zum Dollar in Sichtweite. Doch mit dem jüngsten Einbruch der Finanzmärkte ändert sich vieles - nicht zum Vorteil aller in Europa.

Die Finanzmärkte spielen verrückt, doch der Euro legt scheinbar unbeeindruckt zu. Mit über 1,17 US-Dollar erreichte die Gemeinschaftswährung zu Wochenbeginn den höchsten Stand seit Januar. Marktbeobachter bezeichnen den Euro inzwischen als "sicheren Hafen".

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,06

Der sonst in Krisen oft begehrte Dollar geht hingegen auf Talfahrt. Zu Jahresbeginn hatten noch viele Beobachter erwartet, dass der Eurokurs unter die Parität - also ein Tauschverhältnis von eins zu eins - zum Dollar fallen könnte. Was ist in der Zwischenzeit passiert?

Die wichtigste Ursache für den Anstieg des Euro liegt in der Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Ökonomen waren davon ausgegangen, dass die Fed im September erstmals seit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise die Leitzinsen anheben könnte. Die Furcht vor einer deutlichen Abkühlung der chinesischen Wirtschaft stellt dies jedoch zunehmend infrage.

"Die Angst ist so weitgreifend, dass der Markt inzwischen sogar eine Normalisierung der US-Geldpolitik auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben hat", sagt Thu Lan Nguyen, Devisenexpertin bei der Commerzbank. Die Aussicht auf eine Zinserhöhung in den USA und die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) waren bis ins Frühjahr hinein der Hauptgrund für die Talfahrt des Euro, der zeitweise bis auf 1,05 Dollar fiel. Denn ein höheres Zinsniveau macht eine Währung für Anleger attraktiver.

Gefahr für die Euro-Peripherie

Die Ursachen für den Anstieg des Euro liegen aber keineswegs nur in China und den USA. So hat sich die Konjunktur in der Eurozone zuletzt belebt. Gerade in Ländern wie Spanien und Italien erholte sich die Wirtschaft. Spanien wies im zweiten Quartal das höchste Wachstum in der Eurozone auf. Und vieles deutet auf eine Fortsetzung der Erholung hin.

So sind beispielsweise die deutschen Unternehmen laut Ifo-Geschäftsklimaindex im August noch optimistischer als zuletzt. "Die Eurozone gefällt aktuell aufgrund der konjunkturellen Hoffnungszeichen", sagt Sebastian Sachs, Devisenexperte beim Bankhaus Metzler. Die nach wie vor vorhandene Schwäche, vor allem auf politischer Ebene, rücke derzeit in den Hintergrund.

Die Euroschwäche hat die Exporte aus dem Euroraum in der Vergangenheit beflügelt, denn die Produkte wurden dadurch auf dem Weltmarkt günstiger. Für die deutsche Exportwirtschaft ist aber auch der stärkere Euro wegen der hohen Wettbewerbsfähigkeit noch kein Problem.

Das aktuelle Niveau ist historisch keineswegs ungewöhnlich. Schließlich kostete die Gemeinschaftswährung im Jahr 2014 zeitweise rund 1,40 Dollar. Problematisch könnte eine weitere Aufwertung jedoch für die weniger wettbewerbsfähigen südeuropäischen Länder werden. So profitierten besonders italienische Unternehmen von der Abwertung des Euro.

Wo liegt die Schmerzgrenze der EZB

Es ist allerdings zweifelhaft, ob der Anstieg der Gemeinschaftswährung anhält. So zeigten sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt der USA zuletzt weiter robust. Zudem haben Vertreter der US-Notenbank bisher keine Hinweise auf eine Verschiebung der Zinserhöhung gegeben.

Die Fed dürfte sich dies ohnehin genau überlegen. Denn die Finanzmärkte könnten eine Verschiebung als Hinweis interpretieren, dass die Notenbank größere Schwierigkeiten in der US-Wirtschaft sieht, und entsprechend negativ reagieren. Zwar erwartet von der EZB derzeit kaum jemand eine weitere Lockerung der Geldpolitik, um den Euro zu schwächen. Der Leitzins liegt schon bei fast Null und eine Änderung der monatlichen Anleihekäufe im Wert von rund 60 Milliarden Euro wird nicht erwartet, da die EZB schon jetzt Schwierigkeiten hat, auf den ausgetrockneten Märkten genügend Anleihen zu erwerben.

Einer ungebremsten Aufwertung der Gemeinschaftswährung dürften die Währungshüter allerdings nicht tatenlos zuschauen, sie könnten beispielsweise Euro auf den Markt werfen. "Die große Frage ist, wann die Schmerzgrenze der EZB erreicht ist", sagt Nguyen. "Denn eine Aufwertung des Euro kommt ihr bei ihren aktuellen Bemühungen, die Inflation anzuschieben, alles andere als gelegen".

Quelle: ntv.de, Jürgen Sabel, dpa-AFX

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