Wirtschaft

Sorge um Eurozonen-Wirtschaft EZB warnt vor "geopolitischen Risiken"

Um der Mini-Inflation zu begegnen, könnt es auch zum Kauf von Kreditpaketen durch die EZB kommen, sagte Draghi.

Um der Mini-Inflation zu begegnen, könnt es auch zum Kauf von Kreditpaketen durch die EZB kommen, sagte Draghi.

(Foto: REUTERS)

Die Preise in der Eurozone steigen kaum noch. Die EZB lässt den Leitzins niedrig und behält sich weitere Maßnahmen vor, um gegen die Mini-Inflation vorzugehen. EZB-Chef Draghi warnt zugleich vor der Ukraine-Krise als Wachstum-Bremse.

Trotz der niedrigen Inflation in der Eurozone tastet die Europäische Zentralbank (EZB) den rekordniedrigen Leitzins nicht an. Der Schlüsselzins, zu dem sich die Banken der Eurozone bei der EZB frisches Geld besorgen, liegt seit Juni bei 0,15 Prozent. Analysten hatten diesen Schritt erwartet. Auf der traditionellen Pressekonferenz im Anschluss an den Zinsentscheid betonte EZB-Chef Mario Draghi, dass die Zinsen auch für längere Zeit so niedrig wie bisher bleiben sollen.

Im Kampf gegen die Mini-Inflation und Konjunkturschwäche im Euroraum hat Draghi zudem "weitere unkonventionelle Maßnahmen" der EZB angekündigt, falls das notwendig werde, um die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflationsraten in den Griff zu bekommen. Die Vorbereitungen für ein Programm zum Kauf von Kreditpaketen (Asset Backed Securities / ABS) seien intensiviert worden. Ein solcher Schritt könnte Geschäftsbanken Freiräume für neue Kredite verschaffen.

Die Preise in der Eurozone steigen derzeit kaum noch. Mit gerade 0,4 Prozent ist die Teuerung im Juli so niedrig wie seit Oktober 2009 nicht mehr - und zudem weit vom EZB-Zielkorridor "um zwei Prozent" entfernt. Die Juli-Teuerung in der Eurozone ist laut Draghi vor allem eine Folge von Energiepreisen. Der EZB-Chef geht davon aus, dass die Teuerung auch in den kommenden Monaten niedrig bleibt. Die Zentralbank will aber auf jeden Fall verhindern, dass es zu einer Spirale aus fallenden Preisen und sinkenden Löhnen kommt - und die mühsam auf Trab gebrachte Wirtschaft wieder einbricht.

Sorge um Konjunktur in der Eurozone

Die EZB äußerte jedoch Skepsis, was die konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone betrifft: Die Erholung gehe zwar weiter, aber nicht stetig, betonte Draghi. Die zuletzt gestiegenen geopolitischen Risiken könnten das wirtschaftliche Umfeld negativ beeinflussen. Die Zentralbank werde diese Auswirkungen und auch die Entwicklungen bei den Wechselkursen genau im Auge behalten, betonte der EZB-Chef. Es sei schwer einzuschätzen, welche Folgen die Sanktionen im Ukraine-Konflikt und Gegenmaßnahmen Russlands hätten. Eine Verschärfung des Konflikts hätte aber sicherlich negative Auswirkungen auf die Konjunktur: Dann würde die Wirtschaft in den nächsten zwei oder drei Quartalen schwächer wachsen.

Die Wirtschaft in der Eurozone hat sich zuletzt auch wegen der Folgen der Ukraine-Krise eingetrübt - auch in Deutschland, das die Konjunktur in der Eurozone noch zu Jahresbeginn angeschoben hatte. Im Frühjahr dürfte das Bruttoinlandsprodukt hierzulande aber leicht geschrumpft sein. Zu den Konjunktursorgen der EZB trägt auch bei, dass Italien als drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone wieder in die Rezession gerutscht ist und das Schwergewicht Frankreich konjunkturell weiter vor sich hindümpelt. 

EZB sieht bisherige Maßnahmen als Erfolg

Gleichzeitig hob Draghi den Erfolg der bisherigen Maßnahmen der EZB hervor: Besonders die Strafzinsen für Banken sei erfolgreich gewesen. Die EZB hatte auf ihrer Juni-Sitzung beschlossen, Banken langfristig mit Liquidität zu versorgen. Die Institute sollen diese Geldspritzen mit dem sperrigen Kürzel TLTRO aber nur erhalten, wenn sie überdurchschnittlich viele Kredite vergeben. Draghi will so bis zu eine Billion Euro in die Wirtschaft pumpen. Diese Mittel sollen für mehr Investitionen, Konsum und letztlich auch für höhere Preise sorgen. Zuletzt hatte Bundesbankchef Jens Weidmann gefordert, mit höheren Lohnabschlüssen in Deutschland Deflationsgefahren im Keim zu ersticken.

Analysten und Volkswirte reagierten wenig überrascht auf die Ankündigungen der EZB. Thomas Gitzpel von der VP Bank meint: "Die Marschroute der Frankfurter Währungshüter ist klar. Zunächst werden die langfristigen Refinanzierungsgeschäfte im September und Dezember lanciert. In der ersten Jahreshälfte 2015 dürfte dann Bilanz gezogen werden." Stellten die Währungshüter dann aber fest, dass sich die Konjunktur abkühlt, die Kreditvergabe schwach bleibt und die Inflationsraten niedrig sind, werde ein Wertpapieraufkaufprogramm zu einer ernstzunehmenden Option.

Ulrich Wortberg von der Helaba sagte: "EZB-Chef Mario Draghi hat bislang kein Signal für eine weitere geldpolitische Lockerung gegeben. Natürlich lässt sich die Zentralbank alle Türen offen. Zunächst aber soll die Wirkung der Langfristtender abgewartet werden."

Quelle: ntv.de, kst/bad/rts/dpa/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen