Wirtschaft

"Das ist quasi ein Totalausfall" Was wird nun aus German Pellets?

German Pellets hat einen Insolvenzantrag eingereicht.

German Pellets hat einen Insolvenzantrag eingereicht.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Viele Anleger hatten die Pleite von German Pellets befürchtet, nun ist der Antrag beim Amtsgericht Schwerin eingegangen. Tausende Anleger bangen um ihr Geld. Wie geht es weiter? n-tv.de hat bei Anlegerschützer Klaus Nieding nachgefragt.

n-tv.de: Was haben Sie gedacht, als die Anleihen im Januar plötzlich einbrachen?

Klaus Nieding: Das konnte ich mir schlicht nicht erklären. Zwar stand fest, dass Ende März eine Anleihe im Volumen von rund 52 Millionen Euro zur Rückzahlung ansteht, aber die Gesellschaft hatte keinerlei negative Informationen veröffentlicht. Im Gegenteil hörten sich Veröffentlichungen im vergangenen Jahr noch zuversichtlich bis erfreulich an. Auch dass die Gesellschaft ein neues Genussrechtsprogramm im September aufgelegt hat, hat auf uns nicht den Eindruck erweckt, dass es Finanzierungs- oder Rückzahlungsschwierigkeiten geben würde. Der Kurssturz hatte zumindest meines Erachtens keinen Auslöser, der bis dahin im Zusammenhang mit einer Unternehmensveröffentlichung stand. Rückblickend betrachtet erweckt es den Eindruck, dass hier jemand mehr gewusst hat als der Markt.

Wie ist es Ihrer Meinung nach wirtschaftlich um German Pellets genau bestellt?

Das ist momentan schwer zu sagen, da die veröffentlichten Informationen und Finanzkennzahlen nicht aktuell sind. Wir stochern hier im Trüben, aber da nun Insolvenzantrag gestellt wurde, steht es wohl schlecht. Wenn man den aktuellen Anleihekurs von um die 1 Prozent zugrunde legt, bedeutet das de facto, dass die Forderungen aus den Anleihen über ca. 224 Millionen Euro derzeit lediglich 2,24 Euro Millionen plus Zinsen wert sind. Das ist quasi ein Totalausfall.

Wie viele Anleger sind betroffen?

Wir gehen davon aus, dass um die 10.000 Anleihegläubiger die Anleihe gezeichnet haben. Aufgrund der Kursverwerfungen gehen wir jedoch davon aus, dass es in einem gewissen Maße eine Bündelung der Anleihebeteiligungen gegeben hat, da einige private Anleger die Anleihe abgestoßen haben.

Klaus Nieding ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW)

Klaus Nieding ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW)

(Foto: BOSTELMANN / BILDFOLIO)

Waren die in Aussicht gestellten 7,25 Prozent zu schön, um wahr zu sein?

Der Zinssatz spiegelt immer auch das Risiko wieder. Hätte sich die German Pellets auf herkömmlichem Wege zu niedrigeren Konditionen finanzieren können, wäre das wohl geschehen, denn solche Unternehmen agieren wirtschaftlich und nicht altruistisch.

Hätten Anleger angesichts dieser hohen Verzinsung nicht stutzig werden müssen?

Ja, ich denke bei derartig hohen Verzinsungen muss man stutzig werden. Auch wenn die Zinsen, bezogen auf die nun auslaufende Anleihe im Jahr 2011 ausgelobt wurden, war der Zinssatz doch auch für die damaligen Verhältnisse alles andere als marktüblich.

Wie seriös schätzen Sie das Geschäftsmodell von German Pellets ein?

Wir haben ein produzierendes Unternehmen, das heißt, es werden physische Waren hergestellt und verkauft. Das spricht grundsätzlich für die Seriosität. Wenn nun allerdings bekannt wird, dass Produktionsstätten schon seit längerem stillstehen und gar nicht produziert wird, ohne dass dies kommuniziert wird, sehe ich dies als unseriös an. Das zeigt ja dann, dass man nicht mit offenen Karten spielt.

Angeblich hat Firmengründer Peter Leibold der Firma seiner Tochter Teile des Vertriebs von German Pellets übertragen. Die Firma wurde erst am 8. Dezember gegründet. Das klingt nach einem fragwürdigen Schritt.

Es ist zumindest keine vertrauensbildende Maßnahme, wenn ein Teil der Geschäftstätigkeit aus der Unternehmensgruppe ausgelagert wird, um es mal vorsichtig auszudrücken. Hier muss man sich schon fragen, ob nicht versucht wird, das Segel noch einzuholen ehe der große Sturm kommt, um nicht Schiffbruch zu erleiden. Aber das wird der Sachwalter jetzt ja sicher alles aufklären und gegebenenfalls auch rückwirkend korrigieren.

German Pellets hatte den Gläubigern angeboten, die zum 1. April fällige Anleihe um zwei Jahre zu verlängern und den Zinssatz auf 5,25 Prozent zu reduzieren. Im Gegenzug sollten sie 50 Prozent der Gesellschaftsanteile bekommen. Ein guter Deal?

Ich denke dieser Deal ist vom Tisch. Es war für mich auch nicht nachvollziehbar, was die Besicherung mit 50 Prozent der Gesellschaftsanteile für einen Mehrwert für die Anleihegläubiger haben soll. Gesellschaftsanteile können nur einen Wert haben, wenn nach Abzug aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft noch etwas übrig bleibt. An der German Pellets GmbH hängen aber Anleiheverbindlichkeiten von alleine 224 Millionen Euro, zusätzlich noch weitere Verbindlichkeiten. Hier wäre es sinnvoller gewesen den Anlegern zu erklären, warum dieser Asset werthaltig und somit vorteilhaft ist oder diesen gleich die Gesellschaftsanteile an einer werthaltigen Tochtergesellschaft zu verpfänden.

Wie sollen sich Anleihe-Besitzer verhalten?

Einen wirtschaftlichen Rat kann man hier nicht geben. Nach dem Insolvenzantrag muss man nun abwarten, bis man Erkenntnisse hat, wie es um German Pellets tatsächlich bestellt ist. Wir gehen davon aus, dass hier nun zeitnah Erkenntnisse kommen. Allerdings sollten die Anleger prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten sie haben, um mit der Situation umzugehen. Insoweit kommen vor allem Kündigungsrechte in Betracht. Auch die Behauptung der Gesellschaft im Rahmen der Veröffentlichung der Einladung zur Gläubigerversammlung, dass die Zinszahlung Ende März/Anfang April sicher sei, sehe ich durchaus als möglichen Ansatzpunkt für eine fehlerhafte Kapitalmarktinformation. Wir prüfen derzeit bereits für die von uns vertretenen Anleger die Rechtslage.

Nach Prokon und Solar Millennium gerät ein weiteres Unternehmen der erneuerbaren Energie unter fragwürdigen Umständen in Schieflage. Welche Lehre sollten Anleger daraus ziehen?

Die Lehre ist, dass Unternehmensanleihen, insbesondere unbesicherte Unternehmensanleihen, hochriskante Kapitalanlagen sind und sich diese nicht für Privatanleger eigenen, die nicht bereit sind, Risiken bis hin zum Totalverlust in Kauf zu nehmen. Hohe Zinsen bedeuten in der Regel auch hohe Risiken. Wichtig ist, dass der Anleger das Produkt und die Risiken des Produktes, das er erwirbt, auch versteht.

Mit Klaus Nieding sprach Jan Gänger

Quelle: ntv.de

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