Wirtschaft

EZB pämpert den Musterknaben Portugal zahlt keine Zinsen mehr

"Wir fordern unsere Löhne" steht auf dem Graffito in Lissabon. Zumindest für die Angestellten des Staates dürfte jetzt ein wenig mehr da sein.

"Wir fordern unsere Löhne" steht auf dem Graffito in Lissabon. Zumindest für die Angestellten des Staates dürfte jetzt ein wenig mehr da sein.

(Foto: REUTERS)

Die Renditen in der Euro-Zone sind auf dem Rückzug. Selbst die Portugiesen müssen für kurzlaufende Papiere keine Verzinsung mehr bieten. Die EZB macht's möglich.

Sind die heftigen Turbulenzen am europäischen Anleihemarkt schon wieder passé? Deutsche Staatspapiere haben sich beruhigt und das Renditeniveau insgesamt ist in der Euro-Zone deutlich gesunken. Aktuell liegen zehnjährige Bundesanleihen bei 0,55 Prozent. Ein untrügliches Zeichen für eine Beruhigung ist aber die Entwicklung von Anleihen aus der Peripherie. In Portugal zum Beispiel gab es zuletzt keine Ruhe, sondern einen kräftigen Run auf Anleihen des hochverschuldeten Staates.

Die Versteigerung von Geldmarktpapieren Portugals mit einer Laufzeit von sechs Monaten sorgte für eine so starke Nachfrage, dass mehr als das vierfache der angebotenen Menge hätte abgesetzt werden können. Entsprechend fiel die Rendite aus, die bei knapp unter null angekommen ist. Anleger müssen sogar noch mehr Geld bezahlen, weil gleichzeitig beim Erwerb der Papiere eine Gebühr fällig wird. Warum kaufen Anleger Kurzfrist-Anleihen eines Landes mit schwacher Bonität  und einer negativen Gesamtverzinsung? Ganz einfach: Sie hoffen auf Kurssteigerungen, weil die Europäische Zentralbank die Anleihen stützt und ihr Anleihekaufprogramm vor dem Sommer noch ausweiten will. Im März lag die Geldmarktrendite noch bei 0,047 Prozent.

Die Renditeentwicklung ist eine Reaktion auf die jüngsten Turbulenzen am Rentenmarkt, die die Papiere der zehnjährigen Bunds in der Spitze auf fast 0,8 Prozent gebracht haben. Das Tief vor rund fünf Wochen lag noch bei 0,07 Prozent. Steigende Zinsen kann die EZB gar nicht gebrauchen, in ihrem Bemühen die Euro-Zone wieder flott zu bekommen. Daher könnten demnächst nicht wie bisher 60 Milliarden Euro im Monat für Anleihenkäufe aufgebracht werden, sondern mehr, möglicherweise sogar bis zu 100 Milliarden. Durch die hohe Nachfrage der EZB wissen Anleihekäufer einen starken Partner an ihrer Seite und können auf Kursgewinne hoffen, vermeintlich unabhängig vom Renditeniveau. Dass die EZB nicht allmächtig ist, hat der Renditeanstieg seit Mitte April aber auch gezeigt. 

PSI bärenstark

Doch nicht nur Anleihen profitieren von der EZB. Die Aktienmärkte sind ebenfalls Nutznießer der europäischen Geldpolitik und hier sorgt wiederum der Musterknabe aus Europas Westen für Aufsehen. Lissabons PSI-Index klettert in diesem Jahr um rund 25 Prozent nach oben und ist damit einer der besten Aktienindizes weltweit. Jetzt müsste nur noch die Wirtschaft des Landes anspringen, um die Arbeitslosigkeit von 13 Prozent zu verringern und das Wachstum von derzeit 1,6 Prozent zu steigern. Dann hätte die EZB ihr eigentliches Ziel erreicht. Und Portugal wäre zu Recht ein Musterknabe.

Quelle: ntv.de

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