Wirtschaft

Kapitalmarkt trocknet aus Dürre Zeiten für russische Unternehmen

Der Konflikt mit der Ukraine ist an den russischen Börsen das Topthema.

Der Konflikt mit der Ukraine ist an den russischen Börsen das Topthema.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Russische Unternehmen bekommen die Folgen der Ukraine-Krise bitter zu spüren. Denn Anleger scheuen ihre Anleihen. Noch haben die Konzerne genug auf der hohen Kante, um die fehlende Liquidität auszugleichen. Doch der Konflikt darf nicht zu lange dauern.

Einer Untersuchung von Dealogic zufolge haben russische Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten, sich auf den internationalen Finanzmärkten Geld zu besorgen. Seit Jahresbeginn liege das Mittelaufkommen aus der Ausgabe von Unternehmensanleihen mit knapp zwei Milliarden US-Dollar nur bei knapp einem Zehntel des Volumens im gleichen Vorjahreszeitraum.

"Die Unsicherheit über den Fortgang der Ukraine-Krise und mögliche verschärfte Sanktionen gegen Russland machen potenzielle Käufer solcher Anleihen unsicher", sagt Fondsmanager Siddharth Dahiya von Aberdeen Asset Management mit einem verwalteten Vermögen von über 540 Milliarden Dollar. Der hauseigene in russische Anleihen investierende Fonds habe seit dem Beginn der Krise Bestände abgebaut, plane derzeit aber solange keine weiteren Verkäufe mehr, bis sich die Situation deutlich verschärfe.

Rendite zieht an

Der Ausstieg internationaler Anleger aus russischen Schuldentiteln spiegelt sich im Anstieg der durchschnittlichen Rendite der Unternehmensanleihen wider. Mit 7,13 Prozent liegt sie laut einem Index von Markit 1,5 Prozentpunkte höher als noch zu Jahresbeginn.

Trotz der Probleme, sich frisches Kapital zu besorgen, droht russischen Unternehmen zumindest nach Ansicht einiger Analysten kurzfristig keine Kapitalklemme, es sei denn, die Krise ziehe sich weiter hin. Grund sei, dass sie über ausreichend ausländische Barreserven verfügten. Außerdem stellten ihre Exporteinnahmen sicher, dass sie zumindest für eine gewisse Zeit ihren externen Zahlungsverpflichtungen nachkommen könnten, betonte Moody's Investors Service bereits im April. Sollte ihnen der Zugang zu den internationalen Anleihemärkten verwehrt bleiben, gebe es außerdem noch heimische Banken, die ihnen zur Seite springen könnten.

Ähnlich sieht es Jonathan Mann von F&C Investments. Er glaubt zwar nicht, dass Russlands Bonität 2014 von einer Rating-Agentur auf Non-Investment-Grade herabgestuft wird, allerdings würde eine weitere Sanktionsrunde vor allem dem russischen Finanzsektor und den staatlichen russischen Banken den Zugang zu harten Währungen erschweren. Nach der Annexion der Krim hatte Standard & Poor's Russland auf nur noch eine Stufe über Ramschniveau herabgestuft. Dabei dürften weitere Sanktionen schon berücksichtigt worden sein, erläutert Mann. Er glaubt, dass Moody's kurzfristig mit einer Herabstufung auf "Baa2" nachziehen wird, zumal der Ausblick bereits auf "negativ" genommen wurde.

Krise darf nicht zu lange dauern

Andere Finanzmarktexperten warnen derweil vor den drohenden Problemen, sollte die Krise länger andauern. "Was passiert, wenn sich die Krise bis 2015 hinzieht, wenn größere Dollar-Summen fällig werden und die Liquidität weitgehend aufgebraucht ist?", fragt Mariya Gancheva, Kreditanalystin für Schwellenländer bei Mitsubishi UFJ Securities International in London.

Laut Morgan Stanley sind allein bis Ende des nächsten Jahres 105 Milliarden Dollar an Rückzahlungen fällig, sei es für syndizierte Kredite oder Unternehmensanleihen. Die externe Mittelbeschaffung mache 40 Prozent der Finanzierung russischer Unternehmen aus. Dennoch: Auch trotz dieses Drohpotenzials hält Morgan Stanley russische Unternehmensbonds derzeit für eine attraktive Anlage, weil sich die Unternehmen finanziell in einer guten Verfassung befinden.

Gefahr auch für Europa

Nach Einschätzung der EU-Kommission ist die Ukraine-Krise derzeit auch das größte Risiko für den weiteren Aufschwung der europäischen Wirtschaft. "Wenn wir uns anschauen, welche Risiken es für die europäische Wirtschaft derzeit gibt, so sind es vor allem die Spannungen und die Unsicherheit um uns herum, insbesondere bezogen auf die Krise in der Ukraine", sagte EU-Kommissar Siim Kallas bei der Präsentation der Frühjahrs-Konjunkturprognose in Brüssel.

EU-Länder mit besonderen Beziehungen zu Russland, wie etwa Zypern, könnten darunter besonders leiden. Kallas wies darauf hin, dass die Krise auch "ernste Auswirkungen" auf Russlands Konjunktur habe. So gingen die Einnahmen aus dem russischen Export von Gas und Öl zurück, der Wert des russischen Rubels sei betroffen und es gebe eine Kapitalflucht. Alle russischen Maßnahmen dagegen könnten auch auf die europäische Wirtschaft durchschlagen, warnte Kallas.

Quelle: ntv.de, DJ/dpa

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