Wirtschaft

Kaum Zinsen Bundesanleihen rentieren auf Rekordtief

Das Versprechen wirkt - die EZB sichert die Rettung des Euro zu. Und zwar um jeden preis.

Das Versprechen wirkt - die EZB sichert die Rettung des Euro zu. Und zwar um jeden preis.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die geopolitischen Krisen sowie das anhaltend niedrige Zinsniveau treiben Anleger in sogenannte sicherer Häfen. Dadurch sind die Renditen für zehnjährige Anleihen so gering wie nie zuvor. Begehrt sind zudem die Bonds aus Südeuropa.

Deutsche Schuldverschreibungen werfen so wenig Zinsen ab wie noch nie. Am Dienstag fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf ein Rekordtief. Mit 1,119 Prozent lag der Zins so niedrig wie nie zuvor. Das alte Rekordtief vom Sommer 2012 - kurz bevor EZB-Chef Mario Draghi seine "Euro-Garantie" aussprach - wurde leicht unterboten. Damals war der Zehnjahreszins bis auf 1,127 Prozent gefallen.

Beachtlich ist die Entwicklung, weil es in der deutschen Wirtschaft rund läuft. Das spricht für sich genommen eher für steigende Zinsen. Doch es gibt zahlreiche und entscheidende Gründe, die einem höheren Zinsniveau entgegenstehen: Experten nennen zum einen die vielen politischen und militärischen Konflikte auf der Welt, angefangen von der Krise in der Ostukraine über den Gaza-Krieg bis hin zu schweren Unruhen im Irak und in Syrien. Das treibt viele Anleger in sichere Anlagen, zu denen auch Schuldtitel des Bundes zählen.

Darüber hinaus fließt seit Monaten viel Geld in die Anleihemärkte, weil wichtige Zentralbanken ihre Geldpolitik locker halten. Dazu gehört neben der Europäischen Zentralbank (EZB) in erster Linie die amerikanische Notenbank Fed. Noch immer pumpt die Federal Reserve Monat für Monat milliardenschwere Summen in die Finanzmärkte.

Zudem liegen die Zinsen nicht nur in den USA und im Euroraum, sondern auch in Großbritannien und Japan an oder knapp über der Nulllinie. Das billige Geld findet seinen Weg auch an den Anleihemarkt. Die in vielen Industrienationen schwache Inflation tut ihr übriges, dass das Zinsniveau niedrig bleibt.

Rabobank: Sanktionen könnten EZB auf Plan rufen

Für die Rabobank indes spiegelt sich im Rückgang das sehr schwache Wachstum in der Eurozone und das niedrige Inflationsumfeld wider. Anders als in der Vergangenheit sei der Renditerückgang keineswegs Ausdruck von Panik der Anleger. Die Sorge vor möglichen weiteren Sanktionen gegen Russland spiele Bundesanleihen noch zusätzlich in die Hände.

Sollte die neuen Sanktionen negative Auswirkungen auf die Wirtschaft haben, seien die Anleger recht optimistisch, dass dies weitere Lockerungsmaßnahmen der EZB zur Folge haben werde, sagt die Rabobank weiter. Damit könnten quantitative Lockerungen in der Eurozone schnell wieder als Option auf den Tisch kommen, heißt es.

Dass deutsche Bundesanleihen spürbar niedriger als Schuldtitel anderer großer Länder rentieren, liegt vor allem in der absehbaren Geldpolitik: Von den Notenbanken Großbritanniens und der USA wird erwartet, dass sie wesentlich früher als die EZB mit Zinsanhebungen beginnen. Deswegen werfen zehnjährige britische und amerikanische Staatsanleihen jeweils etwa 2,5 Prozent ab. Ihre effektive Verzinsung liegt also mehr als doppelt so hoch wie der Zins von Bundesanleihen.

Letzter Schrei: Euro-Staatsanleihen

Großer Beliebtheit erfreuen sich zudem Staatsanleihen aus Spanien und Italien. Dabei ist es gerade mal zwei Jahre her, dass Anleger einen großen Bogen um die Bonds der hoch verschuldeten Länder im Süden Europas machten. Die Sorge vor einem auseinanderbrechen der Währungszone verunsicherte die Investoren. Doch dann bot Mario Draghi den Spekulanten die Stirn und verkündete, dass die Europäische Zentralbank für den Euro alles Erforderliche tun werde.

"Draghi hat damals den Startschuss für diese Rally gegeben", sagt Analyst Sebastian Sachs von der Metzler Bank. Das lässt sich am besten an der Entwicklung der Rendite der zehnjährigen spanischen Staatsanleihen ablesen: Noch am Tag vor dem Draghi-Auftritt erreichten sie mit 7,781 Prozent ein Allzeithoch. Am heutigen Dienstag rutschten sie auf ein Rekordtief von 2,461 Prozent. Damit liegen die Zinsen für die spanischen Schulden in etwa auf dem Niveau von US-Staatsanleihen.

Ähnlich ist die Entwicklung bei den Anleihen anderer südeuropäischer Länder. Aktuell machen die Analysten der Commerzbank Kuponzahlungen und Kapitalrückflüsse für die Entwicklung verantwortlich. Doch der Trend werde anhalten. Denn schließlich liegen die Leitzinsen in der Euro-Zone auch nur noch bei 0,15 Prozent.

Spanien hebt BIP-Prognose an

Als ein Grund für den Run auf die Staatsanleihen insgesamt gelten die zahlreichen Krisenherde. "Nur aus der Euro-Zone selbst kommen derzeit keine Störfeuer", erklärt ein Händler. Viele Börsianer halten zwar den Rückgang der Renditen angesichts der fundamentalen wirtschaftlichen Entwicklung in den südeuropäischen Ländern für übertrieben und warnen vor Gegenreaktionen. "Allerdings war der Anstieg vor zwei Jahren auch nicht gerechtfertigt", schränkt einer ein.

Und in einigen Ländern habe sich die Konjunktur zudem doch verbessert. Erst am Dienstag erhöhte Spaniens Regierung ihre Wachstumsprognose. "Die Euro-Schuldenkrise ist vorbei", sagt ein Börsianer. "Auch wenn die Probleme noch nicht behoben sind. Es gibt aber Fortschritte, und das honorieren die Anleger."

Skeptiker verweisen aber auf die weiter verheerende Lage an den Arbeitsmärkten in Südeuropa. So fiel in Spanien die Arbeitslosigkeit im zweiten Quartal zwar unter die 25-Prozent-Marke. Doch bleibt sie immer noch eine der höchsten in der Europäischen Union.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen