Wirtschaft

"Es muss mehr getan werden" USA drängeln Europa

Mehr Nachfrage aus Europa könnte helfen: Seit Jahren schon pochen US-Vertreter auf massive Konjunkturhilfen nach dem Vorbild der Fed.

Mehr Nachfrage aus Europa könnte helfen: Seit Jahren schon pochen US-Vertreter auf massive Konjunkturhilfen nach dem Vorbild der Fed.

(Foto: REUTERS)

Die Worte sind deutlich: Washington wünscht sich mit Blick auf die Wirtschaftskraft der Europäer mehr Engagement als bisher. In Deutschland fallen Umsatzdaten aus der Industrie unerwartet düster aus.

Die Vereinigten Staaten fordern von Europa stärkere Anstrengungen zur Belebung der Konjunktur. "Es muss mehr getan werden, um das Wachstum zu unterstützen", sagte ein Vertreter des US-Finanzministeriums. Europa zählt wie China und Japan zum Kreis der wichtigsten Handelspartner der US-Wirtschaft. Das Kalkül: Eine stärkere Nachfrage in Europa dürfte über kurz oder lang die Auftragslage der Unternehmen in den USA verbessern - und damit dort zu einer weiteren Erholung beitragen.

Die Forderungen aus Washington erreichen die europäische Öffentlichkeit im Vorfeld des anstehenden Treffens der 20 führenden Schwellen- und Industrieländer (G20) am Rande der Frühjahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Die jüngsten Wirtschaftsdaten aus Europa zeigten eine "chronisch niedrige Inflation und eine schwache Nachfrage", heißt es aus den USA.

Die Amerikaner sehen die aus US-Sicht zaghaften Bemühungen der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Sorge. Im Vergleich zur US-Notenbank Federal Reserve (Fed) - die seit mittlerweile Jahren Monat für Monat zweistellige Milliardenbeträge ins Geldsystem pumpt, um die heimische Wirtschaft anzukurbeln - fallen die Maßnahmen der EZB bislang tatsächlich zurückhaltend aus.

Das könnte sich bald ändern: Seit Ende vergangener Woche diskutieren Experten in der Eurozone die Aussicht auf ein Billionen-Kaufprogramm der EZB zur Abwehr einer Deflation. Die Währungshüter hatten deutlich gemacht, dass sie bei Bedarf auch auf massive Wertpapierankäufe zurückgreifen könnte, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Umstritten ist dabei, wie groß die Gefahr tatsächlich ist, in eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und nachlassenden Investitionen abzugleiten. Mit einem Vorgehen nach dem Vorbild der Fed dürfte die EZB in Europa auf den Widerstand von skeptischen Volkswirten, Anlegern und Sparern stoßen.

Schwächen im Industrieumsatz

Aktuelle Wirtschaftsdaten liefern dazu wenig neue Anhaltspunkte: Die deutsche Industrie hat zuletzt etwas an Schwung verloren. Der Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe fiel im Februar um 0,9 Prozent niedriger aus als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Das war der stärkste Rückgang seit Mai 2013. Im Januar hatte es noch mit 2,1 Prozent das kräftigste Wachstum seit zweieinhalb Jahren gegeben.

Im Februar verringerte sich der Inlandsumsatz um 0,7 Prozent, der im Ausland fiel mit 1,3 Prozent fast doppelt so stark. Während dabei die Geschäfte mit den Euro-Ländern um 0,8 Prozent anzogen, schrumpften die Einkünfte im übrigen Ausland um 2,6 Prozent. Am besten lief es in der Fahrzeugindustrie. Sie schaffte ein Umsatzplus von 2,0 Prozent. Den höchsten Rückgang verzeichnete mit 5,4 Prozent der Maschinenbau.

Erst am Vortag hatten Produktionskennzahlen aus der deutschen Wirtschaft noch ein Bild robuster Stärke gezeichnet. Den amtlichen Angaben zufolge konnten die deutschen Unternehmen ihren Ausstoß im Februar insgesamt den vierten Monat in Folge steigern. Die Produktion stieg im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Prozent, hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt. Die Daten hatten unter Experten beinahe euphorische Kommentare hervorgerufen.

Ansagen an Brüssel, Berlin und Peking

Die Aussicht auf dauerhaft geschwächte Handelspartner in Europa kann Washington nicht gefallen. Mit Blick auf die Forderungen nach verstärkten Anstrengungen ergänzte der US-Regierungsvertreter, seine Regierung werde bei den in dieser Woche anstehenden Treffen auch darauf drängen, dass die europäischen Länder entschlossener bei der Stabilisierung des Bankensektors vorgehen.

Diese spezielle Forderung dürfte europäischen Regulierern in den Ohren klingen: Wie am Vorabend bekannt wurde, räumen US-Behörden den heimischen Großbanken mehr Zeit zum Umbau ein. Ein Teil der Wall-Street-Reform für mehr Regulierung der US-Finanzmärkte tritt zwei Jahre später als geplant in Kraft. Die Institute können sich nun bis Mitte 2017 Zeit lassen, um bestimmte Investments in Firmenkredite abzustoßen.

Unabhängig davon bemüht sich Washington um weitere Reformmaßnahmen im Ausland. China rief der US-Regierungsvertreter im Vorfeld des G20-Treffends dazu auf, weitere Schritte für einen freien Handel mit der Landeswährung Yuan zu unternehmen. Deren jüngste Kursverluste schürten Befürchtungen, dass die Volksrepublik hier einen Rückzieher mache. In der Ukraine-Krise äußerte sich der US-Regierungsvertreter zufrieden mit den US-Sanktionen gegen Mitglieder der russischen Führung. Die Maßnahmen zeigten bereits Auswirkungen auf Russlands Wirtschaft.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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