Wirtschaft

Schweigen ist Gold Richtig so, Herr Draghi!

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EZB-Chef Mario Draghi vermied das böse T-Wort.

EZB-Chef Mario Draghi vermied das böse T-Wort.

(Foto: AP)

EZB-Chef Draghi lässt die Finger vom Leitzins oder gar neuen Experimenten an seinem Bollwerk der milliardenschweren Wertpapierkäufe. Gut so.

Manchmal ist es gut, nichts zu tun: Die Europäische Zentralbank belässt den Leitzins auf seinem Rekordtief. Und über eine Verlängerung des milliardenschweren Anleihenkaufprogramms über März hinaus wurde auf der Ratssitzung nicht gesprochen. Über ein mögliches Auslaufen aber auch nicht. Das ist ein starkes Signal von EZB-Chef Mario Draghi. Analysten hatten zuvor gefordert, dass er endlich das Ende des Bondkaufprogramms, das sogenannte Tapering, einleitet. Draghi widerstand - glücklicherweise.

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Für US-Geldpolitikexperte John Taylor ist klar: "Die EZB muss anfangen, ihre Politik zu normalisieren." Und genau das tat Draghi auch indirekt. Er vermied das böse T-Wort. Statt den Anfang vom Ende der Bondskäufe auszurufen, lässt er Vorsicht walten.

Aus gutem Grund. Denn als Anfang des Monats Gerüchte die Runde machten, Draghi wolle den Wertpapierkauf langsam zurückfahren, brachen die Märkte kräftig ein. Zu sehr hängen sie mittlerweile am Tropf der EZB. Anleger erinnerten sich düster an Mai 2013. Der damalige Fed-Chef Ben Bernanke hatte damals das Herunterfahren der Anleihenkäufe eingeleitet. Die US-Börsen rutschten ab.

Draghi lässt nun jene Vorsicht walten, die er bislang vermissen ließ. Seit vergangenem Frühjahr kauft die EZB jeden Monat für 80 Milliarden Euro Anleihen von Staaten und Unternehmen – auch QE genannnt, Quantitative Easing. Getreu Draghis Motto: "Whatever it takes."

Ein Kalkül hinter dieser beispiellosen Geldschwemme: Die Finanzierungskosten für Unternehmen sollen sinken. Nebeneffekt: Die Anleger, die die EZB auszahlt, können das Geld in andere Anleihen und Aktien stecken. Steigt die Nachfrage nach Aktien, treibt das wiederum deren Kurse in die Höhe – und zwangsläufig auch die Privatvermögen.

Das Geld wird mehr und sitzt entsprechend locker – es wird ausgegeben. Das soll die Wirtschaft beleben und die Preise dauerhaft an die angestrebte Teuerung von zwei Prozent heranführen. Gelingt dies, sind die Ketten, in denen westliche Notenbanker seit der Finanzkrise 2008 verharren, endlich durchbrochen.

In der Theorie klingt das alles prima, doch die Realität sieht bislang anders aus. Die Inflation in der Eurozone bewegt sich nur in Trippelschritten – zuletzt lag sie bei 0,4 Prozent. Zudem kann die EZB so langsam ihren Einkaufskorb nicht mehr füllen. Zumal sie sich selbst auferlegte, nur Papiere zu kaufen, die über dem Satz von minus 0,4 Prozent rentieren. Doch davon gibt es immer weniger.

Analysten hoffen, dass mit dem Tapering auch die Bondsrenditen wieder anziehen. Parallel fordern sie, dass die EZB zumindest ihr Emissionslimit anpassen und auch Papiere aufkaufen sollte, die unter minus 0,4 Prozent notieren. Wenn schon kein Tapering, dann bitte irgendwas, sind sie sich einig.

Draghi tut derweil mit seinem Nichtstun mehr als man meint. Er experimentiert nicht einfach auf Gutdünken wie 2011, als er mit einer abrupten Erhöhung des Zinssatzes kurzzeitig die Märkte aufschreckte.

Draghi verzichtet auf das Prinzip Brechstange – also darauf, dass die EZB zu schnell ihr Kaufprogramm abbricht und die Märkte dem nicht gewachsen sind. Statt erneut zu experimentieren, agiert Draghi nun mit Fingerspitzengefühl und Bedacht. Auf lange Sicht werden wir es ihm danken.

Quelle: ntv.de

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