Wirtschaft

"Wir haben ganz klar keine Deflation" Euro-Daten bestätigen Draghi

Stabile Preisentwicklung in der Eurozone: "Die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB nächste Woche aktiv wird, ist also kleiner geworden."

Stabile Preisentwicklung in der Eurozone: "Die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB nächste Woche aktiv wird, ist also kleiner geworden."

(Foto: dpa)

Ein kurzes Aufatmen geht durch den Euroraum: Die jüngsten Signale von der Preisfront liefern keine neuen Hinweise für deflationäre Tendenzen. Anders als in Deutschland bleiben die Preise im zurückliegenden Monat stabil.

Innerhalb der Eurozone scheinen die Preise insgesamt auf niedrigem Niveau zu verharren. Im Februar lag die aufs Jahr hochgerechnete Inflationsrate wie schon im Januar und im Dezember des Vorjahres bei 0,8 Prozent. Das geht aus einer Schnellschätzung des europäischen Statistikbehörde Eurostat hervor.

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Damit scheint sich die Deflationsgefahr zumindest auf europäischer Ebene in engen Grenzen zu halten. Erst am Vortag hatte das Statistische Bundesamt für Deutschland den schwächsten Preisauftrieb seit August 2010 ausgewiesen. Die rückläufige Entwicklung der deutschen Teuerungsrate im Februar hatte den Sorgen vor einem Abgleiten der größten Euro-Volkswirtschaft in eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und nachlassender Investitionsbereitschaft neue Nahrung gegeben.

Dabei sind Deutschland und die Eurozone den selben Einflussfaktoren ausgesetzt: Trotz anhaltender Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt die Inflationsrate bislang keinerlei Anzeichen für galoppierende Ausbrüche nach oben. Im Gegenteil: In Deutschland schwächte sich der Preisauftrieb im Februar auf plus 1,2 Prozent ab.

Kernrate zieht leicht an

Da die Teuerung innerhalb der Eurozone insgesamt unverändert blieb, scheint die Gefahr fallender Preise vorerst gebannt. "Die Wahrscheinlichkeit, dass die EZB nächste Woche aktiv wird, ist also kleiner geworden", sagte Ökonom Lothar Hessler von der Privatbank HSBC Trinkaus. Diese Aussichten beflügelten den Euro, der zum Dollar auf den höchsten Wert seit Ende Dezember stieg.

Hauptgrund für den schwachen Preisdruck sind den neuesten Angaben von Eurostat zufolge auch auf europäischer Ebene die deutlich fallenden Energiepreise: Sie lagen im Schnitt im Februar innerhalb der Eurozone 2,2 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Zudem schwächte sich der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln etwas ab. In der separaten Berechnung ohne Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ist die Euro-Inflation dagegen gestiegen. Die sogenannte Kernrate lag laut Eurostat bei 1,0 Prozent und damit 0,2 Punkte höher als im Januar.

Neue Prognose am kommenden Donnerstag

Der alle Waren und Dienstleistungen einschließende Februar-Wert von 0,8 Prozent liegt weit vom Zielwert der Europäischen Zentralbank von knapp 2,0 Prozent entfernt. Unter der Schwelle von 1,0 Prozent liegt die Inflation bereits seit Oktober 2013. Wegen des dauerhaft niedrigen Niveaus lastet Druck auf den Währungshütern, ihre Geldpolitik noch weiter zu lockern. Um deflationären Risiken entgegen zu wirken, könnte die EZB ihre Zinsen weiter senken, lautet eine bis vor kurzem noch weit verbreitete Erwartungshaltung am Markt.

Mit Spannung warten Experten nun auf die aktualisierten Inflationsprognosen der EZB-Volkswirte, die Draghi nach dem Zinsbeschluss in der kommenden Woche bekanntgeben wird. Diese dürften Aufschluss darüber geben, ob die Zentralbank mittelfristig Gefahren für die Preisstabilität wittert. Die Prognose zur Entwicklung am Arbeitsmarkt wird zudem zeigen, ob die EZB mit dem Aufschwung auch eine Wende am Jobmarkt erwartet.

Vier von zehn Jugendlichen ohne Job

Trotz anziehender Konjunktur bleiben die Beschäftigungszahlen weiter die Achillesferse der Eurozone. Im Januar suchten 19,2 Millionen Menschen einen Job. Dies waren 17.000 Männer und Frauen mehr als im Dezember, aber 67.000 weniger als vor einem Jahr. Die um jahreszeitliche Schwankungen bereinigte Arbeitslosenquote blieb den vierten Monat in Folge bei 12,0 Prozent und damit nur knapp unter dem Rekordhoch von 12,1 Prozent aus dem September.

Die Wirtschaft im Währungsraum zieht zwar derzeit leicht an. Aber eine bessere Konjunktur schlägt sich in der Regel erst mit deutlicher Verspätung am Arbeitsmarkt nieder. Dies zeigt sich etwa in Italien, wo die Arbeitslosigkeit im Januar auf den bisherigen Höchstwert von 12,9 Prozent kletterte. Die Jugendarbeitslosigkeit markierte mit 42,4 Prozent ebenfalls einen neuen Rekord.

Träge Preise "natürlich ein Risiko an sich"

Um den schwelenden Sorgen im gemeinsamen Währungsgebiet die Spitze zu nehmen, meldete sich noch am Donnerstagabend EZB-Präsident Mario Draghi mit einer Warnung vor einer dauerhaft niedrigen Teuerungsrate zu Wort: "Wenn die Inflation für eine längere Zeit niedrig bleibt, ist das natürlich ein Risiko an sich, weil der Sicherheitsabstand zur Null-Linie dann nur noch klein ist", sagte Draghi bei einer Veranstaltung der Bundesbank.

Zunehmende Ängste vor einer Abwärtsspirale aus sinkenden Verbraucherpreisen und schwachem Wirtschaftswachstum trat Draghi jedoch ausdrücklich entgegen: "Wir befinden uns definitiv nicht in einer Deflation."

Voraussetzung dafür wären seinen Worten zufolge fallende Preise auf breiter Front. Dafür gebe es allerdings keine Anzeichen. Ebenso wenig dafür, dass Haushalte oder Unternehmen in Erwartung fallender Preise ihr Verhalten änderten und damit die Gefahr eines Absturzes der Wirtschaft forcierten.

"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir keinen Beweis dafür, dass die Konsumenten geplante Ausgaben verschieben, was man in einem deflationären Umfeld beobachten könnte", erklärte Draghi. Dennoch haben die Währungshüter dieses Risiko schon länger im Blick.

Lenkbar nur in eine Richtung

Im vergangenen Herbst hatte die EZB ihren ohne bereits rekordniedrigen Leitzins noch einmal auf das neue Rekordtief von 0,25 Prozent halbiert. Die Zentralbank machte damit Geld noch billiger in der Hoffnung, dass dadurch die Wirtschaft anspringt und die Preise tendenziell steigen. Die Notenbanker sehen die Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent gewährt.

Der komfortable Sicherheitsabstand zur Null-Linie hat vor allem den Hintergrund, dass eine Deflation mit geldpolitischen Mitteln deutlich schwerer zu bekämpfen ist als eine Inflation, also steigende Preise. Auf einen Anstieg der Preise kann die Notenbank mit höheren Zinsen reagieren, bei einer Deflation ist dieses wichtigste geldpolitische Instrument weitgehend wirkungslos.

Wie schwer es ist, einer Deflation zu entkommen, lässt sich an prominenten Beispielen studieren: Japan hatte in den letzten Jahren massiv unter einer Deflation gelitten. Das Land benötigte anschließend Jahre, um konjunkturell wieder halbwegs auf die Beine zu kommen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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