Wirtschaft

Streit der Konjunkturexperten EZB-Ökonom regt höhere Gehälter an

Wechselt auf die Seite der Bundesbank und der Gewerkschaften: EZB-Chefvolkswirt Peter Praet.

Wechselt auf die Seite der Bundesbank und der Gewerkschaften: EZB-Chefvolkswirt Peter Praet.

(Foto: REUTERS)

Wie schnell und wie stark sollten die Löhne und Gehälter in Deutschland steigen? Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank spricht sich für satte Aufschläge für Arbeitnehmer aus - und stellt sich damit an die Seite der Bundesbank.

Die Europäische Zentralbank (EZB) unterstützt das Plädoyer der Bundesbank für höhere Lohnabschlüsse in Deutschland. Hierzulande seien die Inflationsrate niedrig und der Arbeitsmarkt in guter Verfassung, sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet dem "Spiegel". In solchen Staaten seien stärkere Verdienststeigerungen, so der Ökonom weiter, angemessen.

Aus der Sicht des Volkswirtschaftlers gilt das allerdings nur für Staaten wie Deutschland. In anderen Regionen der Währungsgemeinschaft müssten ganz andere Rezepte zur Anwendung kommen, um die Entwicklung im Sinne einer stabilen Geldpolitik zu beeinflussen.

Anders als in Deutschland seien in manchen Krisenländern der Eurozone mit hoher Arbeitslosigkeit aktuell eher "niedrige Lohnabschlüsse erforderlich, um Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen", erklärte Praet. Beides trage dazu bei, die Handels- und Kapitalströme in der Währungsunion auszugleichen und "die durchschnittliche Lohnentwicklung im Euro-Raum mit dem Inflationsziel der EZB von annähernd zwei Prozent in Einklang zu bringen".

Angst vor der Deflation

Die Teuerung in der Eurozone liegt schon seit Monaten weit unter dieser Marke. Daher gibt es Befürchtungen, dass die Konjunktur in eine Deflation abgleitet - also in eine Abwärtsspirale sinkender Nachfrage, nachlassender Investitionen und fallender Löhne. Stärkere Einkommenssteigerungen könnten dem - in der Theorie der Wirtschaftswissenschaftler - entgegenwirken, indem sie idealerweise den Konsum und in der Folge die Inflation ankurbeln.

Praets Bundesbank-Kollege Jens Ulbrich hatte zuletzt bei einem Treffen mit Gewerkschaftern diese indirekt aufgefordert, bei den anstehenden Tarifrunden höhere Löhne zu verlangen. Dies sorgte für Aufsehen, da die deutsche Notenbank seit Jahrzehnten als Verfechterin von Lohnzurückhaltung gilt. Kritik an der Bundesbank äußerte Allianz-Chefökonom Michael Heise, der vor überzogenen Tarifforderungen warnte.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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