Wirtschaft

Anleihen, Aktien und eine Menge Mut Das bedeutet die Ukraine-Krise für Anleger

Für mutige Anleger bieten Krim-Krise und ihre Folgen Kaufkurse.

Für mutige Anleger bieten Krim-Krise und ihre Folgen Kaufkurse.

(Foto: REUTERS)

Die Lage in der Ukraine scheint sich zu stabilisieren, spekulative Anleger kehren in den Markt zurück. Anleihen und russische Aktien stehen dabei im Fokus. Aber nur mutige Anleger sollten sich auf dieses rutschige Börsenparkett wagen.

Bei Anlegern keimt Hoffnung auf, dass die Krise in der Ukraine möglicherweise nicht weiter eskaliert. Für Erleichterung hatten Aussagen des russischen Präsidenten Wladimir Putin gesorgt, wonach Russland nicht beabsichtige, die zur Ukraine gehörende Halbinsel Krim zu annektieren. Auch gebe es derzeit keine Notwendigkeit für einen Militäreinsatz in der Ukraine. Putin schloss einen Militäreinsatz für die Zukunft jedoch nicht aus. Auf die Nachricht hin stiegen Anleger bei ukrainischen Staatsanleihen ein. Der Kurs für die im Oktober 2015 auslaufende Euro-Anleihe (WKN: A0GGXG) kletterte vom Tief bei 83,60 Prozent bis auf mehr als 88 nach oben. Bei einer Verzinsung von 13,7 Prozent juckt es offenbar etlichen Investoren gehörig in den Fingern.

Hoffnung besteht, aber die Zeit drängt

Dem hohen Zins steht allerdings ein ebenso hohes Risiko gegenüber. Die Währungsreserven der Ukraine sind auf nur mehr 15 Milliarden Dollar gefallen. Das ist ein Achtjahrestief. Bei dem angespannten politischen Umfeld könnten sich die Verhandlungen mit dem IWF über Finanzhilfen von 35 Milliarden Dollar lange hinziehen. Die Ukraine ist aber auf schnelle Geldspritzen dringend angewiesen, nicht zuletzt um die Zinsen und die Tilgung für die im Juni auslaufende Dollar-Anleihe (WKN: A0VLNM) von einer Milliarde Dollar leisten zu können.

Ebenso wie bei ukrainischen Anleihen haben Anleger zuletzt auch bei russischen Aktien zugegriffen. Nach dem Absturz hat sich der Micex-Index erholt. Dennoch liegt das KGV bei vergleichsweise geringen 4,8 – damit sind die Aktien die am niedrigsten bewerteten aus dem Bereich der Emerging Markets. Auf eine weitere Kurserholung russischer Aktien zu spekulieren, könnte sich daher lohnen, sollte sich die Ukraine-Krise tatsächlich nicht verschärfen. Mittel- und langfristig bleiben russische Aktien wegen des hohen politischen Risikos jedoch riskant. „Es ist oft so, dass Aktien aus gutem Grund niedrig bewertet sind. Eine Menge Investoren stellen nun fest, warum russische Aktien scheinbar so günstig waren“, sagte Sameer Samana, Stratege bei der US-Bank Wells Fargo. Denn nun seien die politischen Risiken offen zu Tage getreten.

Russische Aktien bleiben riskant

Unabhängig von der Ukraine-Krise kommt auf die russische Wirtschaft und damit auf die Aktienkurse noch ein weiterer Belastungsfaktor hinzu: die jüngste Zinserhöhung der Zentralbank. Um den Rubel zu stützen, hat sie den Zins von 5,5 auf 7 Prozent erhöht. Das dürfte die Konjunktur und damit die Gewinnperspektiven russischer Unternehmen und deren Aktienkurse bremsen. Das Umfeld belastet vor allem den Finanzsektor. Die Aktie der Sberbank, der größten Bank des Landes, ist zuletzt auf das Niveau von Mitte 2012 gesunken. Die russischen Institute sind insgesamt stark in der Ukraine engagiert und leiden unter dem Verfall des russischen Rubels. Der Verkaufsdruck bei den russischen Bankaktien könnte daher weitergehen.

Bei den Einzelaktien wird vor allem Gazprom weiter im Fokus der Investoren stehen. Der Konzern deckt ein Drittel des Gasbedarfs Europas, wobei mehr als die Hälfte der Exportlieferungen von Gazprom über die Ukraine laufen. Wegen der Sorge, dass die Öl- und Gaslieferungen nach Europa unterbrochen werden könnten, war die Aktie abgestürzt. Zuletzt hat sie sich aber erholt und notiert damit wieder auf dem Niveau von August 2013. Anleger, die auf weiter steigende Öl- und Gaspreise setzen möchten, könnten allerdings mit Statoil besser fahren. Die Dänen sind Europas zweitgrößter Gaskonzern und würden sich bei einer Verschärfung der Ukraine-Krise einer erhöhten Nachfrage erfreuen.

Auch Europas Firmen stark betroffen

Europäischen Unternehmen, die stark in Russland engagiert sind, drohen selbst bei einer Stabilisierung der Lage in der Ukraine deutliche Belastungen. Denn wegen des Verfalls des Rubels sind die Einnahmen aus Russland nach der Umrechnung in die Heimatwährung der europäischen Unternehmen immer weniger wert. Laut einer Studie der UBS stammen beispielsweise 18 Prozent der Umsätze von Henkel aus den Regionen Russland sowie Mittel- und Osteuropa. Bei der Deutschen Telekom und Adidas seien es jeweils zwölf Prozent. Weil sich die Geschäfte von Henkel und Adidas abgesehen von den Währungseinflüssen jedoch gut entwickeln, könnten Investoren langfristig über das Währungsthema hinwegsehen.

Und bei der Telekom werden sich Investoren die 2013er-Ergebnisse am Donnerstag genau anschauen. Mit einem zuversichtlichen Ausblick könnte der neue Vorstandschef Tim Höttges Hoffnung auf eine weitere Erholung des Aktienkurses schüren.

Quelle: ntv.de

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