Wirtschaft

Neue Pläne für Griechenland? Brüssel diskutiert den Schuldenschnitt

"Ein Schuldenschnitt in Griechenland ist unausweichlich": Athen im Januar 2015.

"Ein Schuldenschnitt in Griechenland ist unausweichlich": Athen im Januar 2015.

(Foto: REUTERS)

Die Athener Richtungswahl rückt mit jedem Tag näher: Angesichts eines möglichen Wahlsiegs der Reformgegner scheint der Widerstand gegen einen Schuldenerlass dahin zu schmelzen. Deutschland, so heißt es, wäre wohl mit bis zu 50 Milliarden "dabei".

In der EU-Kommission wächst laut einem Bericht die Unterstützung für einen neuerlichen Schuldenerlass für Griechenland. "Ein Schuldenschnitt in Griechenland ist unausweichlich, weil das Land sonst mit seiner Schuldenlast nicht fertig wird", zitierte die "Welt" eine nicht näher genannte Quelle aus EU-Kreisen.

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Die Auffassungen über den Zeitpunkt des Schuldenschnitts gingen demnach in Brüssel noch auseinander. Teilweise werde eine solche Maßnahme schon in diesem Jahr als notwendig erachtet. Zugleich gebe es aber auch die Einschätzung, dass dieser Schritt "erst in ein paar Jahren kommen wird, wenn keine Gefahr mehr besteht, dass andere Krisenländer ebenfalls auf einen Schuldenerlass spekulieren".

Kann sich Tsipras durchsetzen?

Die Größenordnung für den Schuldenschnitt sei auf "ein Drittel bis die Hälfte der Staatsschulden" beziffert worden. Dem Bericht zufolge geht der mit den Beratungen vertraute Informant aus EU-Kreisen davon aus, dass "Griechenland in absehbarer Zeit wohl nicht an den Kapitalmarkt zurückkehren kann und eine vorsorgliche Kreditlinie in Höhe von zehn Milliarden Euro darum keinen Sinn macht".

Daher werde das laufende Hilfsprogramm voraussichtlich zunächst über Ende Februar 2015 hinaus verlängert, dann werde sich wahrscheinlich ein drittes Hilfspaket anschließen. Der Finanzbedarf Athens liege mittelfristig bei rund 20 Milliarden Euro.

50-Milliarden-Geschenk aus Deutschland?

Dringlich wird die Debatte vor allem durch die anstehende Richtungswahl in Athen: Griechenland wählt am 25. Januar ein neues Parlament. Umfragen zufolge liegt die linke Syriza-Partei vorn. Ihr Chef Alexis Tsipras will die im Gegenzug für Finanzhilfen von 240 Milliarden Euro zugesagten Reformen stoppen und mit den Euro-Partnern sowie dem IWF einen Schuldenerlass vereinbaren.

Der Berliner Ökonom und Regierungsberater Marcel Fratzscher plädierte dafür, Griechenland bei weiteren Reformzusagen die Hälfte seiner Staatsschulden zu erlassen. Als einer der Hauptgläubiger werde Deutschland dann wahrscheinlich "mit 40 bis 50 Milliarden Euro dabei" sein, erläuterte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Eine solche Summe sei für das Land sicherlich verkraftbar.

Offen ist bislang allerdings noch, ob - und gegebenenfalls wie - die Bundesregierung ein solches Zugeständnis dem deutschen Steuerzahler vermitteln kann. Zum Vergleich: Die fragliche Summe von 50 Milliarden Euro ist mehr Geld als Deutschland im laufenden Jahr für die Bereiche Bildung und Forschung sowie Verteidigung im Bundeshaushalt eingeplant hat.

Als Alternative zu einem Schuldenschnitt war zuletzt unter dem Stichwort "Grexit" auch die alte Debatte um etwaige Vor- und Nachteile eines freiwillig oder unfreiwilligen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone neu aufgekommen. EU-Kommissar Günther Oettinger äußerte sich skeptisch zu solchen Überlegungen.

Domino-Theorie im Euroraum

"Das Risiko scheint mir hoch zu sein", sagte Oettinger der "Passauer Neuen Presse". Auch wenn die Gefahren mittlerweile eingedämmt seien, wäre "ein Euro-Austritt Griechenlands ein Experiment mit ungewissem Ausgang", betonte der EU-Kommissar laut Vorabbericht.

"Man muss klipp und klar sagen: Mit so etwas haben wir in der Eurozone keine Erfahrungen", sagte der Digitalkommissar. Es gebe "keine gesicherten Erkenntnisse darüber, was passiert, wenn ein Dominostein weg wäre". Oettinger baut jedoch darauf, dass sich auch eine neue griechische Regierung an Vereinbarungen hält. "Es bleibt bei den Verpflichtungen aus den Verhandlungen über das Hilfsprogramm", sagte er.

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl am 25. Januar könnte die linke Syriza-Partei stärkste Kraft im griechischen Parlament werden. Syriza-Vorsitzender Tsipras fordert, den von der sogenannten "Troika" aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds vorgegebenen strikten Sparkurs zu lockern und über einen Schuldenschnitt zu verhandeln.

Die Aussicht auf den Wahlerfolg der Partei sorgte in der Europäischen Union zuletzt für eine neue Debatte über ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Befeuert wurde diese durch einen Bericht, die Bundesregierung stufe dies inzwischen als hinnehmbar ein.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts

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