Wirtschaft

Schicksalsjahr für Fluggesellschaft Was bringt 2017 für Air Berlin?

Flieger von Air Berlin: Etihad pumpte knapp eine Milliarde Euro in die Airline.

Flieger von Air Berlin: Etihad pumpte knapp eine Milliarde Euro in die Airline.

(Foto: dpa)

Air Berlin steckt tief in der Krise: Die Fluggesellschaft fährt nur noch Verluste ein, ihr Schuldenberg wächst und der angekündigte große Befreiungsschlag könnte zu spät kommen.

Kurz vor Jahresende startete Air Berlin eine neue Werbe-Offensive: Ein 25-sekündiger Fernsehspot, der mittlerweile bei vielen Sendern in Dauerschleife zu laufen scheint, sollte nach so vielen Negativschlagzeilen im vergangenen Jahr die Kunden zurück zu Deutschlands zweitgrößter Airline bringen. Gerade im Winter müssen die Fluggesellschaften gut kalkulieren; sie sind für jeden Passagier dankbar. Sowieso: Bei Air Berlin rumort es gewaltig. Nachdem eine kurzfristige 300-Millionen-Euro-Spritze vom Wüsten-Aktionär, der Golf-Airline Etihad, den Berlinern Anfang Dezember noch einmal Hoffnung gab, ist die Zukunft der Fluggesellschaft nun komplett ungewiss.

Denn die 300 Millionen werden nicht lange reichen. Im März läuft eine Wandelanleihe aus und wahrscheinlich müssen die Aktionäre dann ausgezahlt werden: 140 Millionen Euro. Geld, das die Airline, die seit über zehn Jahren mit einem Quartal Ausnahme nur Verluste erleidet und im selben Zeitraum die Schulden auf annähernd eine Milliarde Euro verdoppelte, nicht hat. An der Börse sind die Berliner noch knapp 70 Millionen Euro wert – ein Airbus A320 hat immerhin noch einen Listenpreis von 97 Millionen Euro (Stand: Januar 2016).

"Da das Unternehmen über mehrere Jahre Verluste geschrieben hat, ist das Eigenkapital mehr als 'verbraucht' und stark im negativen Bereich", sagt Luftfahrtanalyst Michael Gierse n-tv.de. "Zudem lastet eine enorme Schuldenlast auf Air Berlin."

Nun droht der Airline ein hartes Schicksal: Der scheidende Konzernchef Stefan Pichler hat die Airline sukzessive auf das Nordamerika-Geschäft eingeschworen – Air Berlin sollte zum "Carrier" werden, der seine Flüge über Drehkreuze abwickelt. Genau wie die Lufthansa. Doch den finanziellen Atem für solch einen Wettbewerb hat Air Berlin nicht. "Auch auf der Aktivseite ist nicht viel zu holen, da die Flugzeuge nicht mehr im Besitz der Gesellschaft sind, sondern alle gemietet", so Gierse.

Nicht einmal im Sommer sprudelten die Gewinne

Ihren Geburtsnabel, die Touristiksparte, die Air Berlin einst groß machte, haben die Berliner mit Jahresstart in eine neue Gemeinschaftsfirma mit Tuifly abgegeben – Arbeitsname: "Blue Sky". Doch der Deal bedeutet vor allem eines: eine radikale Schrumpfkur. Knapp die Hälfte der Berliner Flotte fliegt aus dem Depot: 33 gehen als Mitgift in die Tuifly-Ehe und noch mal 38 Maschinen samt Crews werden an die Lufthansa-Billigtochter Germanwings verchartert. Diese soll gestärkt werden, wenn mit Beginn des Sommerflugplans im März neue Billigflieger den deutschen Markt betreten.

Doch all der Aktionismus kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einst so glanzvolle Airline unter einem immensen Schuldenberg ächzt und zudem fast eine Milliarde Euro negatives Eigenkapital schultern muss. Nicht einmal im traditionell starken Sommerquartal, indem bei den Kunden das Geld eigentlich locker sitzt, schaffte es die Airline Geld zu verdienen – am Ende bilanzierten die Berliner für den Sommer ein Minus von 46 Millionen Euro. Seit bekannt ist, dass Lufthansa-Manager Thomas Winkelmann ab Februar die Geschicke der Berliner Fluggesellschaft lenken soll, wird ein neues Szenario diskutiert.

Neue Billigflieger betreten den Markt

Konkurrent Lufthansa könnte auch noch die restlichen Langstreckenflugzeuge übernehmen und sich somit den einzigen deutschen Konkurrenten einverleiben. Dort heißt es: Einzelne Flugzeuge nimmt man gern, mit den maroden Strukturen will man aber nichts zu tun haben. Auch Luftfahranalyst Gierse winkt ab: "Eine komplette Übernahme der Air Berlin durch Lufthansa wird es nicht geben."

Laut Medienberichten hat der Plan sogar die Rückendeckung der deutschen Regierung. Nicht ganz unwichtig, denn schluckt der Branchenprimus den glücklosen Konkurrenten, findet der Wettbewerb hierzulande ein jähes Ende. Kunden befürchten Preiserhöhungen vom Kranich. Experten sehen dies entspannt: "Billigflieger wird es immer geben", ist sich Gierse sicher: "Es gibt zwar einen Wettbewerber weniger, aber dafür drängen andere Konkurrenten auf den Markt."

Zudem sollen die Scheichs, die über Air Berlin ihr Drehkreuz Abu Dhabi an Europa anschließen wollten, mit einer viel größeren Airline liebäugeln: Sie wollen sich an der Lufthansa beteiligen. Doch ob sich die Lufthansa wirklich auf den Balanceakt mit Etihad einlässt, erscheint höchst fraglich. Immerhin haben sie mit Turkish Airlines, Singapore Airlines und Thai Airways schon einen guten Zugang zum asiatischen Netz. Doch sollten Etihad und die Lufthansa sich doch verbünden, könnte sich Air Berlin damit schmücken, aus Gegnern Partner gemacht zu haben.

Quelle: ntv.de

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