Wirtschaft

Zwischen Boom und Crash So könnten die Märkte auf Trump reagieren

Donald Trump umarmt im Wahlkampf die US-Flagge.

Donald Trump umarmt im Wahlkampf die US-Flagge.

(Foto: REUTERS)

Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten kommt es an den Börsen anders als gedacht. Wird sich dieser Trend fortsetzen? Sechs Szenarien.

Eine neue Regierung bekommt für gewöhnlich eine Schonfrist von 100 Tagen, das ist zumindest in Deutschland ein ungeschriebenes Gesetz. Donald Trump hatte an den Finanzmärkten eine Schonfrist von genau zwei Stunden. Dann trafen die Investoren ihre ersten Entscheidungen - und die waren Kaufsignale für Aktien, den US-Dollar und Bankentitel im Speziellen und gleichzeitig. Umgekehrt war es ein Verkaufssignal für Yen, Franken, Gold und vor allem US-Bonds. So einfach wird es jedoch nicht weitergehen. Trumps angekündigte Politik birgt durchaus Interpretationsspielraum - von Aktienhausse bis Anleihencrash, vieles ist möglich. Hier sechs denkbare Szenarien:

  1) US-Staatsanleihen ebenso wie Bundesanleihen erlebten nach der Wahl von Donald Trump einen kleinen Crash. Der Republikaner will neue Schulden machen, diese müssen die USA finanzieren und dies treibt die Renditen weit über zwei Prozent für die Zehnjährigen. Unter Ronald Reagan in den 1980er-Jahren steigen die Renditen weit höher, viele Anleger fürchten oder erhoffen jetzt Parallelen. Doch es gibt einen wesentlichen Unterschied - damals waren die Notenbanken längst nicht so aktiv mit Anleihenkaufprogrammen am Markt wie jetzt. Daher bleibt abzuwarten, wer stärker ist - der Markt oder die Notenbanken. Denn diese werden versuchen, die Zinsen künstlich niedrig zu halten. Speziell in Europa würden viele Länder bei stark steigenden Zinsen vor dem Kollaps stehen, allen voran Italien als eine der zehn größten Volkswirtschaften der Welt.

2) Gold wurde von fast allen Analysten als Fluchtwährung angekündigt für den Fall einer Niederlage Hillary Clintons. Wie so oft passiert genau das Gegenteil - in der ersten Woche musste man alles haben, aber ganz bestimmt kein Gold. Dies muss aber nicht so bleiben. Sorgt Trump für Unsicherheiten oder einen weichen Dollar, könnte Gold schnell eine Erholung erleben, ebenso wie Silber.

 3) Bankaktien sind seit der US-Wahl begehrt wie ein guter Manager beim HSV. Investoren setzen darauf, dass die Bankenregulierung lascher ausfallen könnte als gedacht und freuen sich im Gegenzug über die steigenden Zinsen. Dies verbessert die Zinsmarge der Banken und die Wende am Zinsmarkt hat den jahrelangen Abwärtstrend selbst bei der Deutschen Bank gestoppt. Sie konnte vom Oktober-Tief mittlerweile fast 50 Prozent zulegen. Doch zu früh sollten sich Anleger nicht entspannen. Ein negatives Votum für die Reformpläne Matteo Renzis in Italien im Dezember und die Bankenkrise könnte zumindest in Europa wieder aufflackern.

Euro / US-Dollar
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4) Nach der Wahl am 8. November ist die Volatilität am Aktienmarkt in sich zusammengefallen und die Anleger sind wieder im alten Modus der Sorglosigkeit. Die große Unbekannte bei dieser Rechnung ist jedoch die Entwicklung am Anleihemarkt. Sollten die Zinsen rasch weitersteigen, würde dies Verwerfungen im Bondmarkt mit sich bringen, und der ist weit größer und bedeutsamer als der Aktienmarkt. Dies wiederum würde auch an Dax, Dow Jones oder S&P 500 nicht spurlos vorbeigehen, sollte die Bondblase unkontrolliert platzen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die extrem niedrigen Volatilitätslevel aus dem Sommer erst einmal passé sind.

5) Die Gewinner der letzten Jahre könnten mit Trump überraschend die Verlierer von morgen sein. Eine Branchenrotation erfordert Feingefühl und hängt davon ab, welche Maßnahmen Trump wirklich umsetzt. Legt er Facebook, Google und Co. Steine in den Weg, dürfte sich besonders die Nasdaq schwertun, da dort die sogenannten FANG-Aktien hoch gewichtet sind. In den letzten Jahren hielten Google, Facebook, Amazon oder Netflix ihre Indizes aufgrund ihrer hohen Gewichtung häufig noch nah an den Höchstständen, viele andere Branchen hatten da längst korrigiert. Dies könnte sich nun drehen und die Auswahl des richtigen Sektors umso entscheidender werden.

6) Ein weiterer unberechenbarer Faktor ist der US-Dollar. In der ersten Reaktion auf Trump war er massiv gesucht, dies wiederum stützte aufgrund des Verhältnisses Dollar zu Yen auch den Aktienmarkt. Seit Ende 2014 hatte der Yen gegenüber dem Dollar aufgewertet, dies beendete damals die Rallye in den USA. Ein schwacher Yen käme den Investoren nun zur rechten Zeit, wenngleich ein zu starker Dollar wiederum den US-Außenhandel belastet. Für Europäer wäre ein schwacher Euro zum Dollar eigentlich gut, jedoch leiden Exporttitel unter möglichen Sanktionen, die Trump in Aussicht gestellt hat. Die Gleichung schwacher Euro zum Dollar gleich starker Dax muss daher nicht mehr zwangsläufig gelten. Investoren beobachten daher ganz genau die Wechselwirkungen am Währungsmarkt. Auch dort muss die Lage neu bewertet werden.

Quelle: ntv.de

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