Wirtschaft

Dax auf Jahrestief Sind Aktien schon wieder preiswert?

Sind das Einstiegskurse?

Sind das Einstiegskurse?

(Foto: dpa)

Der Dax ist seit seinem Allzeithoch um mehr als 20 Prozent eingebrochen. Zwar sind die Aktienmärkte insgesamt noch nicht preiswert - einzelne Titel jedoch sehr wohl.

Eins sollte jedem Anleger klar sein: Vermeintlich billige Aktien können kurzfristig immer noch billiger werden. Mittelfristig sollten diese Titel aber besser performen, da früher oder später der Markt den "richtigen" Preis erkennt. Aber wann ist eine Aktie preiswert? Grundsätzlich deuten zwei fundamentale Kennzahlen auf günstige Bewertungen hin: das Kurs/Buchwertverhältnis (KBV) und das Kurs/Gewinnverhältnis (KGV).

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Das KBV ist für Value-Investoren von großer Bedeutung. Ist der Quotient kleiner als eins, ist der Substanzwert einer Firma höher als der Börsenwert. Die Summe aller Vermögensgegenstände einer Firma sind abzüglich der Schulden mehr wert als der Preis, den das Unternehmen an der Börse kostet. Beim Versicherungskonzern Swiss Life (WKN 778237) liegt das KBV derzeit bei 0,6, was auf eine deutliche Unterbewertung hinweist. Sofern vernünftige Geschäftszahlen erwirtschaftet werden, ist man mit diesen Titeln häufig "auf der sicheren Seite", da das Verlustpotenzial beschränkt ist.

Bei einem niedrigen KGV ist die Situation ähnlich, vorausgesetzt, die Gewinne des Unternehmens brechen in Zukunft nicht ein. Grundsätzlich gelten KGVs von weniger als zehn als interessant. In Extremsituationen -  wie aktuell beim russischen Gasgiganten OAO Gazprom (WKN 903276) - kann das KGV sogar unter fünf oder noch tiefer notieren. Das Aufholpotenzial ist bei diesen Firmen, insbesondere bei einem verbesserten Geschäftsverlauf, weit überdurchschnittlich.

Sondersituationen nutzen

Marco Garzetti verfügt über 15 Jahre Erfahrung als Investmentberater und Vermögensverwalter. Er ist Gründer und CEO der Swiss Fund Management AG und managt seit 2008 den flexiblen Mischfonds "Swiss Strategie – dynamisch".

Marco Garzetti verfügt über 15 Jahre Erfahrung als Investmentberater und Vermögensverwalter. Er ist Gründer und CEO der Swiss Fund Management AG und managt seit 2008 den flexiblen Mischfonds "Swiss Strategie – dynamisch".

An den Finanzmärkten geht es jedoch nicht rein rational zu – viel hängt auch von der Psychologie der Anleger ab. Daher gibt es immer wieder Situationen, in denen eine Aktie - trotz unattraktivem KBV oder KGV - als preiswert einzustufen ist.

Firmen in einer Turnaround-Situation verfügen gewissermaßen qua Definition über ein hohes KGV, da sie erst kurz davor stehen, die Gewinnschwelle zu überschreiten. Wenn Firmen glaubhaft darlegen können, dass sie in den nächsten zwei bis drei Jahren (längere Zeitperioden sind nicht sinnvoll, da mit zu vielen Unsicherheiten behaftet) ihre Strategie erfolgreich umsetzen können, gehören häufig zu den am meisten unterbewerteten Titeln. Es braucht jedoch Mut und Sachverstand, um in solche Firmen zu investieren.

Der Ertrag kann dafür häufig überraschend positiv ausfallen. Zu dieser Kategorie von unterbewerteten Unternehmen zählen auch Firmen mit einer strategischen Neuausrichtung – zum Beispiel der Bauausrüster AFG Arbonia Forster (WKN A1CUXD) oder zum Teil auch der Technologiekonzern ABB (WKN 919730). Häufig wird dies vom Markt erst erkannt, wenn die meisten Maßnahmen schon umgesetzt und sichtbar sind. Dann ist es jedoch für einen Einstieg zu spät und die ursprünglich billige Aktie ist bestenfalls noch günstig oder schon vernünftig bewertet.

Große Chancen und Risiken bei Techwerten

Auch Firmen mit großer Innovationskraft oder neuen Produkten und Technologien sehen häufig auf den ersten Blick teuer aus, erweisen sich bei genauerer Betrachtung jedoch als preiswert. Das gilt insbesondere für Firmen aus dem Bio- und Medtechbereich sowie aus dem Technologiesektor. Häufig befinden sich die Unternehmen noch in der Investitionsphase, was ein hohes KBV erklärt.

Andere Firmen produzieren bislang kaum Gewinne oder sogar noch Verluste und verfügen damit über kein attraktives KGV. Das trifft zum Beispiel bei Biotest (WKN 522720), Evolva (WKN A0EAKH) oder Addex (WKN A0MSH6) zu. Weiter ist zu beachten, dass die Risiken teilweise hoch sind. Gerade im Biotechnologiebereich kann bis kurz vor der Zulassung eines Medikaments noch einiges oder gar alles schief gehen. Dafür ist das Aufwärtspotenzial enorm. Daher gilt für ein Investment in diesen Bereichen, dass eine Verdopplung oder mehr möglich sein sollte, da ein Totalverlust bei diesen Aktien nie ganz auszuschließen ist.

Vermeintlich langweilige Branchen

Es gibt auch Firmen, die ohne ersichtlichen Grund an der Börse abgestraft werden. Sie gelten in gewissen Phasen als "nicht sexy" und werden von vielen Marktteilnehmern links liegen gelassen. In diesem Bereich findet man häufig unterbewertete Aktien, die sowohl beim KBV wie auch beim KGV brillieren, jedoch als "langweilig" gelten. Dazu zählen derzeit unter anderem verschiedene Kantonalbanken.

In den vergangenen Jahren traf das auch für Unternehmen aus derVersicherungsbranche zu. Aktien von topsoliden Unternehmen konnten zu absurd tiefen Preisen erworben werden. Langfristig betrachtet besteht hier ein hohes Gewinnpotenzial, dem keine allzu großen Risiken gegenüberstehen.

Wenn eine ganze Branche unter enormen Verlusten leidet – aktuell trifft das auf den Rohstoffsektor zu - reagieren die entsprechenden Aktienkurse häufig überproportional negativ. Ölfirmen sowie große Rohstoffförderer und Rohstoffhändler sind heutzutage unterbewertet – zum Beispiel Glencore (WKN A1JAGV) oder BHP Billiton (WKN 850524).

Dasselbe gilt für Goldproduzenten, obwohl hier teilweise glänzende Perspektiven bestehen. Aufgrund der tiefen Edelmetallpreise unterscheiden die Marktteilnehmer oft nicht mehr zwischen guten und weniger guten Firmen. Alle werden in "Sippenhaft" genommen – das ist unter anderem bei Goldcorp (WKN 890493) und Barrick Gold (WKN 870450) der Fall. Sobald jedoch ein Trend dreht, trennt sich die Spreu vom Weizen, und es können attraktive Gewinne eingefahren werden. Diese Strategie verlangt jedoch Geduld, da sich solche Märkte teilweise über Jahre unterdurchschnittlich entwickeln.

Interessant ist, dass zu gewissen Zeiten fast alle Dividendenpapiere billig zu haben sind. Dies war in den zurückliegenden zehn Jahren zweimal der Fall. Im März 2009 erreichte der durch die Finanzkrise verursachte Ausverkauf seinen Höhepunkt. Damals wollten zahlreiche Anleger gar nichts von Aktien wissen, obwohl fast alle Titel preiswert waren. Cash zu haben war zu dieser Zeit Gold wert. In abgeschwächter Form traf dies auch für den Sommer und Herbst 2011 zu. Obwohl das Gros der Unternehmensergebnisse vernünftig ausfiel, hatten sich viele Anleger von ihren Titeln getrennt, und die Preise waren mehr als nur günstig.

Auf jeden Fall lohnt es sich - vor allem in Hausse-Phasen – genügend Cash-Reserven zu halten, um bei günstigen Gelegenheiten zugreifen zu können. Bargeld funktioniert wie eine Kaufoption. 20 Prozent Cash in einem Aktien-Portfolio ist kaum zuviel.

Disclaimer

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der Swiss Fund Management AG zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die Swiss Fund Management AG gibt jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnt jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben. www.swissfundmanagement.com

Quelle: ntv.de

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