Wirtschaft

Zwischen Crash und Korrektur Öl und Zinsen sind entscheidend

Rauf runter, rauf, runter: "Was den Märkten fehlt, ist die bereinigende Panik, die es typischerweise am Ende eines Bärenmarktes gibt."

Rauf runter, rauf, runter: "Was den Märkten fehlt, ist die bereinigende Panik, die es typischerweise am Ende eines Bärenmarktes gibt."

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Dax ist von April 2015 bis Februar 2016 um fast 30 Prozent eingebrochen. Dann erholte sich der Markt um annähernd zehn Prozent. Bis die Lage beim Öl und den Zinsen klarer ist, dürfte die Achterbahnfahrt weitergehen.

Selten war der Gleichschritt - die sogenannte Korrelation - von Aktien und Ölpreisen so deutlich. Langfristig macht das Hoffnung, denn für den Preiskollaps der Energierohstoffe ist die Angebotsseite verantwortlich. Saudi-Arabien versucht mit seiner ungedrosselten Förderung die amerikanische Fracking-Industrie in die Knie zu zwingen, der Iran dreht nach dem Ende der Sanktionen den Ölhahn wieder auf und Länder wie Irak oder Russland produzieren an der Obergrenze, um ihre defizitären Staatshaushalte zu finanzieren. Es gibt nicht konjunkturbedingt zu wenig Nachfrage nach Öl, sondern ein weltweites Überangebot.

Das ist eine gute Nachricht, denn eine Rezession der Weltwirtschaft ist historisch betrachtet noch nie durch einen angebotsbedingten Ölpreisverfall ausgelöst worden - die derzeitigen Konjunktursorgen dürften sich deshalb als übertrieben herausstellen.

Global betrachtet sorgen die niedrigen Ölpreise unterm Strich für mehr und nicht für weniger Wohlstand. Der weltweite Kaufkraftgewinn beläuft sich auf schätzungsweise 1.500 Milliarden US-Dollar. Das entspricht in etwa der Hälfte des deutschen BIP eines gesamten Jahres. Was wir gerade beobachten, ist eine gigantische Umverteilung von den Ölförderländern zu den Industrienationen und Schwellenländern, die Öl importieren. Dazu gehören mit den USA, China, Japan und Deutschland die vier größten Volkswirtschaften der Welt. Der kollabierte Ölpreis mag die Stimmung an den Finanzmärkten belasten, fundamental gerechtfertigt ist das aber kaum.

Auf die Fed-Politik kommt es an

Thomas Wukonigg verantwortet bei der Capital-Forum AG u.a. das Portfoliomanagement.

Thomas Wukonigg verantwortet bei der Capital-Forum AG u.a. das Portfoliomanagement.

Für die Entwicklung an den Aktienmärkten noch entscheidender als der Ölpreis ist der künftige Kurs der amerikanischen Notenbank. Ursprünglich wollte die Fed in diesem Jahr die Zinsen vier Mal anheben. Mittlerweile gehen die Märkte aber nur noch von zwei Zinsschritten aus. Im vergangenen Jahr hatten die Aktienmärkte unter dem anstehenden Zinserhöhungszyklus gelitten. 2016 fällt dieser Belastungsfaktor weitgehend weg. Vielmehr besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Fed die Füße weitgehend still hält und gleichzeitig die Europäische Zentralbank (EZB) ihr laufendes Anleihenkaufprogramm ausweitet.

Wie wichtig den Aktienmärkten billiges Geld ist, ließ sich kürzlich in Japan beobachten. Als dort überraschend schwache Konjunkturdaten veröffentlicht wurden, schossen die Aktienkurse regelrecht nach oben. Der Grund: Die Anleger setzten darauf, dass die Bank of Tokio noch mehr preiswerte Liquidität ins Finanzsystem pumpt. Langfristig sprechen also sowohl der Ölpreis als auch die erwartete Geldpolitik der Notenbanken für wieder steigende Aktienkurse.

Staatsfonds auf der Verkäuferseite

Auf kurze Sicht jedoch ist eine Fortsetzung des Salami-Crashs zu erwarten. Denn solange der Ölpreis nicht dreht, sind verschiedene Staatsfonds von Ölförderländern gezwungen, sich von Wertpapieren zu trennen, um die entstandenen Haushaltsdefizite zu finanzieren. Morgen Stanley rechnet hier in diesem Jahr mit einem Volumen von rund 240 Milliarden Dollar. Die Verkäufe der Staatsfonds werden gleichzeitig durch das aggressive Shorten von Hedgefonds verstärkt.

Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass den Märkten bislang die bereinigende Panik, die es typischerweise am Ende eines Bärenmarktes gibt, fehlt. Noch sind sowohl private als auch institutionelle Investoren überdurchschnittlich hoch in Aktien engagiert. Marktteilnehmer, die Dividendentitel halten, sind generell zuversichtlich für steigende Kurse, sonst würden sie diese ja verkaufen.

Was bedeutet diese Gemengelage für den Anleger? Erstens: Der Bärenmarkt ist wohl noch nicht (ganz) vorbei. Zweitens: Vor der EZB-Sitzung am 10. März und der Fed-Tagung am 16. März könnte es in Hoffnung auf geldpolitische Lockerungen zu einer gegenläufigen Aufwärtsbewegung kommen. Und drittens: Langfristig betrachtet werden wir, gemessen am heutigen Stand, eher höhere als tiefere Kurse sehen. Wir haben es also mit einem schwankenden Tradingmarkt zu tun. Anleger mit guten Nerven sollten schwache Tage durchaus nutzen, um ihre Aktienquote aufzustocken.

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Quelle: ntv.de

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