Wirtschaft

Ökonomen-Barometer Nervenprobe für Investoren und Anleger

Die neue Börsenwoche verspricht spannend zu werden.

Die neue Börsenwoche verspricht spannend zu werden.

(Foto: REUTERS)

Steigende Ölpreise und die EZB beflügeln zum Wochenschluss die Aktienmärkte. Auch das Ökonomen-Barometer hat sich im Januar weiter stabilisiert.

Nach einer turbulenten Woche haben sich die Aktienmärkte zum Wochenausklang deutlich erholt. Die Aussicht auf neue Konjunkturhilfen durch die Europäische Zentralbank (EZB), aber auch ein zuletzt wieder anziehender Ölpreis beflügelten die Kurse. So zog der Dax am Freitag deutlich an.

An den Vortagen hatten Ölpreisverfall und die Sorge um die chinesische Konjunktur die Finanzmärkte weltweit in Atem gehalten und teilweise starke Kurseinbrüche ausgelöst. Als Reaktion auf die "verstärkten wirtschaftlichen Risiken" hatte die EZB am Donnerstag eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht gestellt. Beobachter rechnen damit, dass auf der Sitzung im März weitere Milliardenhilfen beschlossen werden könnten.

Ölkonzerne unter Druck

Vor allem der Ölpreisverfall hatte in den vergangenen Tagen die Investoren beunruhigt. Seit Jahresbeginn haben die Ölsorten Brent und das US-Leichtöl WTI rund ein Viertel ihres Werts eingebüßt. Zwar zog der Ölpreis zum Wochenschluss etwas an, Experten befürchten aber dennoch, dass das Überangebot an den Ölmärkten bei gleichzeitig sinkender Nachfrage weiter zunehmen könnte, sodass sogar ein Rückgang des Preisniveaus bis auf 20 Dollar für möglich gehalten wird. Das löste auch Sorgen über den Zustand der Haushalte in Rohstoffländern wie Russland oder Kanada aus. Der Rubel markierte neue Rekordtiefs.

Unter Druck gerieten auch Öl- und Gaskonzerne wie BP, Eni, Gazprom, Repsol und Total. Der britisch-niederländische Ölkonzern Royal Dutch Shell kündigte am Mittwoch als Folge des Ölpreisverfalls für 2015 einen Gewinneinbruch um fast die Hälfte an. BP-Chef Bob Dudley verglich den Ölpreisverfall mit der Ölkrise im Jahr 1986. Er rechne aber damit, dass die Überproduktion zurückgehen und sich die Märkte im Lauf des Jahres wieder stabilisieren werden.

Die Aktienexperten der LBBW sehen die jüngsten Marktturbulenzen insgesamt als ein vorübergehendes Phänomen. "Wir können diese Ängste im Markt beim Blick auf die Fakten nicht nachvollziehen", sagte LBBW- Aktienstratege Wolfgang Albrecht. Die US-Wirtschaft laufe stabil, es gebe positive Tendenzen in Europa, und das schwächere Wachstum in China sei eher als eine Normalisierung zu sehen. Auch die politisch getriebenen Ölpreisverwerfungen würden sich wieder beruhigen, und der Ölpreis in Richtung 50 Dollar gehen.

"Schlussverkaufspreise"

"Anleger sollten in diesem Umfeld die Nerven behalten. Wer nicht voll investiert ist, kann diese Winterschlussverkaufspreise auch zum Einstieg nutzen. Der Dax ist mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von zehn mittlerweile wieder günstig bewertet. Wir erwarten zudem für 2016 steigende Gewinne, sodass wir an unserer Prognose eines Dax-Niveaus von 12 000 Punkten zum Jahresende festhalten", sagte Aktienexperte Albrecht.

Mit einer Erholung rechnet auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Natürlich wird der Dax nach dem vermasselten Jahresauftakt noch eine Weile Achterbahn fahren. Aber die Robustheit der westlichen Volkswirtschaften spricht dafür, dass der Leitindex am Jahresende eher höher als niedriger steht." Die von der EZB gedrückten Kapitalmarktzinsen ließen den Index mit einer Dividendenrendite von gut drei Prozent attraktiv erscheinen.

Der Rückgang des Ölpreises sei zudem ein Problem für die Ölproduzenten, aber nicht für die Weltwirtschaft als Ganzes. "Das eigentliche Problem ist die wirtschaftliche Situation Chinas. Aber das Land dürfte den Westen nicht anstecken", glaubt Krämer.

Kanzlerdämmerung

Die China-Schwäche wird auch von den führenden deutschen Volkswirten als potenziell größere Gefahr für die deutsche Wirtschaft wahrgenommen als der Ölpreisschwund. Das ist das Ergebnis der Januar-Umfrage des Ökonomen-Barometers von "Euro am Sonntag" und dem Nachrichtensender n-tv. Zwei Drittel der befragten Ökonomen äußerten sich entsprechend.

Rund 41 Prozent fürchten zudem eine Rückkehr der Eurokrise, während die Sorge um die Ölförderländer etwa ein Drittel der Teilnehmer umtreibt. Die Eskalation kriegerischer Konflikte (27 Prozent), die Folgen des Flüchtlingszustroms (20 Prozent) und die Politik der Bundesregierung (17 Prozent) spielen dagegen nach Einschätzung der Experten eine eher untergeordnete Rolle. Nur fünf Prozent der Befragten glauben, dass die Folgen von Terroranschlägen eine ernste Gefahr für die deutsche Wirtschaft darstellen.

Volker Hofmann (Bankenverband) und Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg) sehen vor allem in der "Vielzahl politischer Risiken" eine Gefahr. Friedrich Heinemann vom ZEW Mannheim bringt gar eine Kanzlerdämmerung ins Spiel: "Ein Merkel-Rücktritt im Kontext einer weiteren Eskalation der Flüchtlingskrise wäre ökonomisch nicht ohne Folgen", so Heinemann. Juergen B. Donges (Uni Köln) und Martin Moryson (Sal. Oppenheim) verweisen dagegen auf die derzeit wichtige Rolle des privaten Konsums als Konjunkturtreiber.

Quelle: ntv.de

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