Wirtschaft

"Erosion des Vertrauens" Munich-Re-Chef zweifelt an Draghi

"Wie jedes System ist auch die Währungsunion eine bestimmte Zeit belastbar, sie ist elastisch. Aber es gibt Grenzen der Belastbarkeit": Nikolaus von Bomhard.

"Wie jedes System ist auch die Währungsunion eine bestimmte Zeit belastbar, sie ist elastisch. Aber es gibt Grenzen der Belastbarkeit": Nikolaus von Bomhard.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nikolaus von Bomhard ist den Umgang mit Risiken gewohnt: Der Chef des weltgrößten Rückversicherers lässt sich so schnell nicht aus der Ruhe bringen. Den Kurs der Zentralbank und einiger Euro-Staaten hält er allerdings für brandgefährlich.

Der Vorstandschef des Versicherungsriesen Munich Re, Nikolaus von Bomhard, sieht das Vertrauen in den Euro schwinden. Viele Regierungen hätten ihre Hausaufgaben nicht gemacht, notwendige Reformen seien vertagt worden - "die Uhr tickt", sagte Bomhard der "Süddeutschen Zeitung". Er forderte: "Den vielen Ankündigungen müssen dringend Taten folgen."

Wenn in der Währungsunion vereinbarte Regeln nicht eingehalten würden, bröckele das Vertrauen ab: "Die Erosion dieses so wichtigen Vertrauens ist in vollem Gange", warnte der Chef des weltgrößten Rückversicherungskonzerns. Wenn ein EU-Staat einen regelwidrigen Haushalt vorlege, "muss die Kommission diesen zurückweisen", forderte Bomhard.

"Die Euro-Krise ist noch immer präsent, grundlegende Probleme sind noch nicht gelöst", betonte er. Eindringlich warnte er vor den unmittelbar bevorstehenden Schritten der Europäischen Zentralbank (EZB). Den Kurs der Währungshüter um EZB-Chef Mario Draghi sehe er "sehr kritisch". Der EZB-Chef wird den Erwartungen am Markt zufolge an diesem Donnerstag voraussichtlich den Einstieg in den Ankauf von Staatsanleihen ankündigen.

Anleihenkauf "nicht gerechtfertigt"

Im Zuge des Schuldenabbaus seien deflationäre Tendenzen völlig normal, erklärte der Vorstandschef der früheren Münchener Rück (Munich Re). Die Preisstabilität sei nicht so gefährdet, dass damit der Ankauf von Staatsanleihen zu rechtfertigen wäre.

"Ich kann nicht erkennen, dass die Erwartungen der Inflation, vor allem der Kerninflation, gefährlich niedrig sind", sagte Bomhard. Auch eine mögliche Deflation beunruhige ihn nicht. Zudem sei die Ausweitung nicht das geeignete Mittel, die Kreditbedingungen zu beeinflussen.

Bomhard sieht weiterhin ernste Probleme für die Eurozone. Es müssten nun wenigstens die vereinbarten Regeln eingehalten und die bereits vereinbarten Maßnahmen realisiert werden. "Wenn das nicht geschieht, schwindet das Vertrauen."

In einigen Ländern gebe es, so Bomhard weiter, zwar Fortschritte. "Viele nationale Regierungen haben ihre Hausaufgaben aber nicht ausreichend abgearbeitet, notwendige Reformen wurden nicht beschlossen oder nicht umgesetzt." Den vielen Ankündigungen müssten dringend Taten folgen.

"Es gibt Grenzen der Belastbarkeit"

"Wie jedes System ist auch die Währungsunion eine bestimmte Zeit belastbar, sie ist elastisch. Aber es gibt Grenzen der Belastbarkeit", warnte der Chef der Munich Re. In den internen Szenarien berücksichtige der Versicherer nach wie vor "auch ein zumindest teilweises Auseinanderfallen der Währungsunion".

Als Versicherungskonzern mit umfangreichen Anlagegeschäften bekommt Munich Re die seit Jahren andauernde Niedrigzinsphase im Euroraum massiv zu spüren. Durch die stark gefallenen Zinsen sei der Gewinn der Munich Re in den vergangenen Jahren pro Jahr etwa 500 Millionen Euro niedriger ausgefallen als unter normalen Zinsbedingungen. Für die nahe Zukunft erwartet Bomhard in Europa weiterhin keine steigenden Zinsen.

Versicherungen gegen Terrorismus

Auch an ganz anderer Stelle muss sich Rückversicherer auf die Herausforderungen der Gegenwart einstellen Die Munich Re arbeite derzeit an weiteren Terror-Versicherungen, verriet Bomhard. "Versicherungstechnisch kann die Assekuranz mit einem von einzelnen Personen ausgehenden Terrorismus, wie jetzt in Frankreich oder davor in Australien oder Kanada, umgehen, sprich, Deckungen anbieten."

Diese Art von Terrorismus sei eher versicherbar als zentral organisierte Terroranschläge "mit Beteiligung vieler Täter, wie etwa bei der Attacke auf das World Trade Center." Denn bei derartigen Angriffen könnten Dimensionen bei der Schadenhöhe erreicht werden, bei denen die Assekuranz an ihre Grenzen stoße.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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