Wirtschaft

Absturz nicht ausgeschlossen Kippt Modis Zögern die Indien-Börsen?

Börse in Mumbai: Händler wollen von der Regierung nun Taten sehen.

Börse in Mumbai: Händler wollen von der Regierung nun Taten sehen.

(Foto: REUTERS)

An Indiens Börsen geht es bergauf. Vor allem zuletzt gebeutelte Werte legen zu. Doch der Aufschwung beruht auf der Hoffnung, die neue Regierung werde liefern. Allerdings fehlen klare Aussagen. Erste Anleger ziehen die Bremse.

Fast täglich stellen die Aktienmärkte in Indien neue Rekorde auf. Doch einige internationale Anleger sind mittlerweile nervös geworden. Bevor es mit den Kursen weiter aufwärts gehen könne, müsse die frisch gewählte indische Regierung unter dem neuen Premier Narendra Modi ihren wirtschaftspolitischen Kurs endlich genau abstecken, sagen diese potenziellen Investoren. Modi, der als unternehmerfreundlich gilt, hatte sich bei den nationalen Parlamentswahlen mit weitem Abstand durchgesetzt und war am 19. Mai zum Wahlsieger erklärt worden.

Mumbai BSE Sensex
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Bisher hat das führende Börsenbarometer Indiens seit Jahresbeginn um mehr als 20 Prozent zugelegt. So gut war der Leitindex schon seit fünf Jahren nicht mehr ins Jahr gestartet. Der indische Aktienmarkt schneidet nicht nur unter den führenden asiatischen Börsen am besten ab, er zählt auch im weltweiten Vergleich zur Spitzengruppe. Seit März sind laut Credit Suisse umgerechnet knapp 6,6 Milliarden Euro ins Land geflossen nach lediglich 261,5 Millionen Euro in den ersten beiden Monaten des Jahres.

Hoffnungsträger Modi muss liefern

Die Investoren setzen große Hoffnungen in den frisch gekürten Premier und die neue Regierung Indiens. Sie hoffen darauf, dass Modi Reformen ausweitet, um die Inflation zu senken, die Infrastruktur auszubauen und das nachlassende Wachstum wieder in Gang zu bringen, das so langsam dahin kriecht wie schon seit zehn Jahren nicht mehr. Doch seit Modis Wahlsieg sind nun schon einige Wochen verstrichen - genaue politische Maßnahmen hat er indes noch nicht vorgestellt. Ein genauer Plan könnte den Aktienmärkten in Indien die Richtung weisen, sagen Anleger.

"Wir legen eine kleine Pause ein, um einzuschätzen, wie weit es von  hier aus noch nach oben gehen könnte", sagt Mark Vincent, Fondsmanager bei der britischen Standard Life Investments, wo Wertpapiere aufstrebender Märkte über 3,7 Milliarden Euro verwaltet werden. Er habe im vergangenen Herbst indische Aktien gekauft, als deren Kurse sehr niedrig gewesen seien. Jüngst habe er einige wieder abgestoßen, um Gewinne mitzunehmen, berichtet Vincent.

Bevor er sich festlege, welche Sektoren und Einzelaktien kaufenswert seien, möchte er genaueres von der neuen Regierung hören, sagt Vincent. Er erwarte von Modi, dass er etwas gegen den mangelnden Kohlenachschub unternehme, der die indischen Energieversorger in Mitleidenschaft ziehe und zu Stromausfällen führe. Außerdem würde er gern wissen, wie die neue Regierungsmannschaft die Staatsunternehmen auf Trab bringen wolle. Was die geplanten Maßnahmen angehe, "muss das jetzt ein bisschen detaillierter werden", sagt der Fondsmanager.

Verlierer holen auf

Beim jüngsten Börsenaufschwung haben sich besonders die Papiere  hervorgetan, die in den vorhergehenden Jahren zu den größten Verlierern gezählt hatten. Ihre Kurse waren kräftig in die Knie gegangen, weil die Anleger einen weiten Bogen um Titel von Unternehmen geschlagen hatten, die unter einer hohen Schuldenlast und nachlassendem Wachstum ächzten.

Aktien von Immobiliengesellschaften hatten zum Beispiel im vergangenen Jahr an Wert verloren. Ihre Einnahmen waren zurückgegangen, während ihre Kosten in die Höhe schossen, weil sie sich während des Wirtschaftsbooms vor ein paar Jahren hoch verschuldet hatten. Aufgrund hoher Fremdkapitalkosten waren auch mehrere Energie- und Infrastrukturunternehmen in den vergangenen Jahren unter Druck geraten.

Enttäuschung könnte Markt abstürzen lassen

Im Verlauf des Mai kehrte sich diese Entwicklung allerdings völlig um. Der S&P-BSE-Realty-Index für den indischen Immobiliensektor hat fast 60 Prozent zugelegt, während der Index für Unternehmen aus der Energiebranche um etwa 30 Prozent gestiegen ist. Der Leitindex Sensex kletterte im Vergleich dazu nur um 11 Prozent.

"Es ist das Geld, das die Dynamik antreibt", sagte Anand Shah von BNP Paribas Mutual Fund in Mumbai, der bei indischen Wertpapieren mit 532 Millionen Euro engagiert ist. Wenn den Anlegern, die nur kurzfristig investierten, bewusst würde, dass es keine schnellen Lösungen gibt oder wenn der Regierung auch nur ein Fehlgriff unterlaufe, könnte der indische Aktienmarkt abstürzen, befürchtet er.

Trotz der Besorgnis einiger Investoren steht Indien im Vergleich zu einigen anderen großen Schwellenmärkten, auf die sich die Anleger in der Regel stürzen, immer noch relativ gut da. Denn in den so genannten BRICS-Ländern, zu denen Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zählen, verschärft sich die wirtschaftliche Lage. Brasilien sieht sich einer hohen Inflation und niedrigen Wachstumsraten ausgesetzt. Das nachlassende Wachstum in China beunruhigt die Investoren zusehends. Und Russland steht am Rand einer Rezession.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ

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