Wirtschaft

War’s das für 2015? Fed kriegt die Zinswende nicht hin

Papst Franziskus (hier in Philly) belebte mit seinem Besuch durchaus die US-Konjunktur. Leider nicht genug.

Papst Franziskus (hier in Philly) belebte mit seinem Besuch durchaus die US-Konjunktur. Leider nicht genug.

(Foto: dpa)

Der Fed läuft die Zeit davon. Anfang 2015 waren die US-amerikanischen Währungshüter noch sicher, bis Juni die Zinsen angehoben zu haben. Jetzt scheint die Sache für dieses Jahr schon gelaufen. Da hilft auch der Papst nicht.

Der große Konjunkturbericht der USA, das Beige Book der US-Notenbank Fed, ist auch eine Sammlung kurioser Wirtschaftsfakten. In der gerade erschienenen Ausgabe erfährt man etwa, dass der kurze päpstliche Besuch in Philadelphia die Einnahmen in den zentrumsnahen Geschäften und Restaurants ordentlich nach oben getrieben hat, als die einheimische Bevölkerung Platz für Touristen und Schaulustige machte. Oder dass ein Erdnuss-Farmer aus South-Carolina erwartet, dass der Schimmel seine Ernte wegen der Überschwemmung nach dem Hurrikane "Joaquin" komplett verderben wird.

Deutlich trockener liest sich, aber bedeutend folgenreicher ist die Diagnose zur US-Konjunktur – hier wird weiter auf ziemlich kleiner Flamme gekocht. "Die US-Wirtschaft läuft, doch sie läuft nicht überragend und das Thema Inflation lässt weiter zu wünschen übrig", fasst Daniel Saurenz von Feingold Research die Zahlen für n-tv.de zusammen. "Dazu hemmt der bisher starke Dollar das Wachstum und aus China spürt man den Gegenwind." Einmal mehr zeige sich, dass die US-Notenbank eine Zinserhöhung nur mit Samthandschuhen angehen wolle, so Saurenz. "Großes Vertrauen in die eigene Lage sieht anders aus."

Das war ursprünglich anders gedacht und geplant. Mitten in der Finanzkrise drückte die Fed im Jahr 2008 die Zinsen massiv und hält sie seither nahe Null, um den Konsum und die Kreditwirtschaft anzukurbeln und so der Konjunktur einen ordentlichen Schubs zu geben. Anfang des Jahres keimte dann die Hoffnung auf, dass die US-Wirtschaft wieder stark genug sein könnte, um die Zinsen wieder anzuziehen. Doch dann folgte eine Serie von Enttäuschungen in Sachen Arbeitslosenquoten, Inflation und Exporte. Und so wurde bislang nichts aus der bis Juni geplanten Zinserhöhung.

3 Gründe für die Zinsabsage

An den Börsen stört man sich nicht daran, ganz im Gegenteil – wenn etwas in den vergangenen Wochen die Anleger zum Kauf bewegen konnte, war das vor allem die Aussicht auf anhaltend billiges Geld. Denn niedrige Zinsen machen Aktien im Vergleich zu anderen Anlageklassen wie Festgeldkonten oder Anleihen attraktiver. Und so erreichten nicht nur die asiatischen Märkte nach der Veröffentlichung des Beige Books den höchsten Stand seit zwei Jahren, auch für den Dax geht es wieder über die Marke von 10.000 Punkten. Klares Zeichen dafür, dass die Märkte in diesem Jahr nicht mehr mit einer Zinserhöhung rechnen.

Die Marktteilnehmer rechnen vor allem drei Fakten zusammen: Erstens wurde im Beige Book der Druck des starken Dollars auf die Exporte hervorgehoben. Zweitens gaben die US-Erzeugerpreise mit minus 0,5 Prozent stärker nach als erwartet. Drittens präsentierten sich auch die US-Einzelhandelsumsätze schwach.

Schlechtes Timing oder gesunde Vorsicht?

Abseits des Börsenparketts fällt das Urteil über die Fed-Politik weniger freudig aus: Die Fed hätte die Zinswende bereits im vergangenen Jahr oder spätestens zu Beginn dieses Jahres vollziehen sollen, meint etwa Guy Haselmann, Zinsstratege bei der Bank of Nova Scotia. "Es ist möglich, dass die Fed den Zeitpunkt für die Zinswende verpasst hat oder gerade verpasst." Zudem beschädige die Fed mit ihrer "verwirrenden und wechselhaften Kommunikation" ihre Glaubwürdigkeit.

Deutlich mehr Verständnis für das Zaudern der Fed bringt EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio auf. Es gebe keine Erfahrungswerte mit der Abkehr von der Nullzins-Politik, so Constâncio. Eine Zinserhöhung in den USA könnte etwa weitaus größere Auswirkungen haben als in der Vergangenheit. Die Länder arbeiteten stärker zusammen und grenzüberschreitende Kapitalströme hätten zugenommen, so der Stellvertreter von EZB-Chef Mario Draghi. China und die Schwellenländer hätten dabei an Bedeutung gewonnen.

Aufgrund der fehlenden Erfahrung bliebe den Akteuren und Marktbeobachtern nichts anderes übrig, als in Echtzeit zu lernen, so das Fazit von Constâncio. Doch auch wenn der portugiesische Ökonom nicht vorhersagen kann, wann die Fed die Zinswende einläutet, einer Sache ist er sich sicher: Bei einer Zinsanhebung in den USA würden die Geldpolitik der USA und die der Euro-Zone auf absehbare Zeit getrennte Wege gehen. Denn in der Euro-Zone sei nicht mit einer baldigen Zinserhöhung zu rechnen.

Quelle: ntv.de, mit DJ und rts

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