Wirtschaft

Korrekturen zum Einstieg nutzen Fed-Entscheid lässt Börsen zittern

Das ist die Fed-Patrouille. Auch an den Märkten wird derzeit jeder Schritt der US-Notenbank bewacht.

Das ist die Fed-Patrouille. Auch an den Märkten wird derzeit jeder Schritt der US-Notenbank bewacht.

(Foto: REUTERS)

Die Angst vor steigenden US-Zinsen ist maßlos übertrieben. Tatsächlich wäre ein erster Zinsschritt der US-amerikanischen Notenbank Fed eine gute Nachricht. So oder so sollten Anleger bei möglichen Kursschwächen nachkaufen.

Neben den Problemen in China dominiert derzeit die Geldpolitik in den Vereinigten Staaten die Stimmung an den Finanzmärkten. Einige Börsianer erwarten, dass es schon auf der nächsten Fed-Sitzung am 16. und 17. September zur ersten Leitzinserhöhung seit gut neun Jahren kommt. Aber wann soll die Fed ihre Geldpolitik straffen, wenn nicht jetzt?

Nach jahrelangen Tätigkeiten bei der Deutschen Bank und der UBS ist der Finanzmarktexperte Uwe Wiesner bei Hansen & Heinrich u.a. für die Kundenbetreuung und die Anlagestrategie mit verantwortlich.

Nach jahrelangen Tätigkeiten bei der Deutschen Bank und der UBS ist der Finanzmarktexperte Uwe Wiesner bei Hansen & Heinrich u.a. für die Kundenbetreuung und die Anlagestrategie mit verantwortlich.

Realwirtschaftlich gibt es kaum einen Grund, den Zinsschritt auf Dezember oder erst auf Anfang 2016 zu verschieben. Die Arbeitslosigkeit ist in den USA mittlerweile auf 5,1 Prozent gesunken – das ist der niedrigste Stand seit 2008. Ursprünglich wollten die Notenbanker die geldpolitischen Zügel anziehen, wenn sich der Wert auf sechs Prozent zurückgebildet hat. Gleichzeitig sind in den monatlich veröffentlichten Daten der Statistikbehörden erste zaghafte Lohnsteigerungen sichtbar.

Die amerikanische Realwirtschaft würde einen ersten Zinsschritt höchstwahrscheinlich problemlos verkraften. Nach einer kleinen Schwäche im ersten Quartal hat die US-Konjunktur im zweiten Dreimonatszeitraum wieder Fahrt aufgenommen und ist um 2,3 Prozent gewachsen. Im Gesamtjahr rechnet der Internationale Währungsfonds sogar mit einem Plus von 2,5 Prozent. Die Umschichtungen umfangreicher Finanzmittel aus den Schwellenländern in die Vereinigten Staaten unterstreichen die Robustheit der US-Wirtschaft. Daran würde auch ein etwas höherer Leitzins nichts ändern.

Glaubwürdigkeit in Gefahr

Schiebt die Fed die Leitzinserhöhung zu lange vor sich hin oder lässt sie sogar ganz ausfallen, würde das einen enormen Reputationsverlust bedeuten. Die amerikanische Notenbank würde den Eindruck erwecken, dass sie auf die Aktienkursschwankungen in China und den USA reagiert und sich von den Finanzinvestoren vor sich hertreiben lässt.

Für den September spricht auch, dass gegen Jahresende die Liquidität an den Finanzmärkten abnimmt, was dann höhere Schwankungen begünstigt. Außerdem steht das Fenster für eine aktive Zinspolitik der Fed nicht unbegrenzt lang offen. Im Herbst 2016 finden in den USA Präsidentschaftswahlen statt. Die Erfahrung zeigt, dass die Notenbanker eigentlich nur bis April oder Mai kommenden Jahres handeln können. Denn in der heißen Phase des Präsidentschaftswahlkampfs ist Zurückhaltung angesagt. Der Fed bleibt also nur ein gutes halbes Jahr, um Handlungsspielraum für spätere Schwächephasen der US-Wirtschaft aufzubauen.

Höhere Volatilitäten

Wahrscheinlich würden die Börsianer bei einem ersten Zinsschritt umgehend anfangen darüber zu spekulieren, ob im Dezember schon der nächste kommt. Erneute "Flash-Crashs", bei denen die Aktienkurse innerhalb von Minuten einbrechen, wären möglich. Daher wäre es wichtig, dass die Fed den Märkten signalisiert, wie es nach einem ersten Zinsschritt weitergeht.

Die möglichen Korrekturen sollten Anleger durchaus nutzen, um ihre Aktienquote zu erhöhen. Denn wir gehen davon aus, dass Dax und Dow in einem guten halben Jahr nach der Bekanntgabe der Unternehmensergebnisse für das vierte Quartal 2015 höher stehen als heute. Eine Zinserhöhung wäre auch ein Indiz dafür, dass die US-Wirtschaft brummt und die Aktiengesellschaften ihre Gewinne steigern können.

Noch gehen die Terminmärkte davon aus, dass der erste Zinsschritt im September ausbleibt. Laut Fed Fund Future-Kontrakten lag die Wahrscheinlichkeit für eine Leitzinserhöhung im September zuletzt bei 32 Prozent. Aber auch, wenn die amerikanische Notenbank erst einmal die Füße still hält, dürfte die Geldpolitik die Stimmung an den Finanzmärkten weiter maßgeblich bestimmen. Die nächste Sitzung des Offenmarktausschusses, der über den Leitzins entscheidet, findet am 15. und 16 Dezember statt. Kurzfristig könnten bei diesem Szenario die Aktienmärkte zwar erleichtert reagieren und steigen. Das dürften defensive Anleger jedoch umgehend für Abverkäufe nutzen. In diesem Fall ist ebenfalls mit anhaltend hohen Volatilitäten zu rechnen, da die Zinsspekulationen nicht abreißen würden. Starke Korrekturen dürften somit auch bei einer Verschiebung einer Leitzinserhöhung immer wieder für günstige Einstiegschancen sorgen.

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Quelle: ntv.de

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