Wirtschaft

Neue EZB-Schritte im Frühjahr? Experte erwartet verschärfte Strafzinsen

"Wenn man Geld druckt, bekommt man immer Inflation - immer": EZB-Chefvolkswirt Peter Praet.

"Wenn man Geld druckt, bekommt man immer Inflation - immer": EZB-Chefvolkswirt Peter Praet.

(Foto: REUTERS)

Europas Währungshüter sind nicht zu beneiden: Obwohl die EZB ihre Spezialzinsen für Banken längst bis in den negativen Bereich gedrückt hat, bleibt die gewünschte Wirkung noch immer aus. In wenigen Wochen könnte der Markt neue Maßnahmen erleben.

Die Spekulationen auf eine erneute Verschärfung der Strafzinsen durch die EZB gewinnen offenbar an Dynamik. Es setze sich die Einschätzung durch, dass die Europäische Zentralbank (EZB) an einer weiteren Zinssenkung nicht vorbeikomme, sagte der Commerzbank-Stratege Benjamin Schroeder.

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Er rechne damit, erklärte der Analyst, dass die Währungshüter bereits auf ihrer Ratssitzung im März den Zins für Zentralbank-Einlagen für Banken von aktuell minus 0,3 Prozent auf minus 0,4 Prozent senken werden. Das bedeutet, dass Geschäftsbanken noch mehr dafür zahlen müssen, wenn sie Geld bei der EZB parken.

Zinsen im negativen Bereich werden in Fachkreisen auch als "Strafzinsen" bezeichnet. Mit dieser Maßnahme will die Zentralbank die Kreditinstitute dazu animieren, die in weiten Teilen Europas herrschende Zurückhaltung bei der Kreditvergabe aufzugeben.

Nach Einschätzung von Beobachtern signalisiert unter anderem die Entwicklung bei den Terminkontrakten, dass der Interbankenzins EONIA in den Erwartungen der Marktteilnehmer bis zum März von aktuell minus 0,25 Prozent auf minus 0,30 Prozent zurückgehen dürfte. Branchenkennern zufolge geht daraus hervor, dass am Geldmarkt eine weitere Absenkung des Einlagenzinses durch die Notenbank erwartet wird.

Tiefer ins Minus

Im Dezember hatten die Währungshüter den Einlagenzins von minus 0,2 Prozent auf minus 0,3 Prozent herabgesetzt. Börsianer hatten diesen Schritt als unzureichend kritisiert. Der in der breiten Öffentlichkeit als EZB-Leitzins bekannte Zinssatz liegt im Euroraum seit Herbst 2014 unverändert bei 0,05 Prozent und wurde zuletzt Anfang Dezember auf diesem Niveau bestätigt.

Die strategische Linie der Europäischen Zentralbank hatte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet erst am Vortag ausdrücklich bekräftigt. Seinen Worten zufolge stehe die EZB die Glaubwürdigkeit der Zentralbank auf dem Spiel, wenn sie nicht entschlossen genug gegen die zu niedrige Inflation vorgeht.

In einem Interview mit dem belgischen Magazin "Knack" sagte Praet, die EZB sei mit ihrer Politik bisher nicht erfolgreich genug gewesen, denn die Inflation im Euroraum liege seit einiger Zeit bei nahezu null. Deshalb verfolge die EZB weiterhin eine Politik, die notwendig sei, um die Inflation mittelfristig auf 2 Prozent zu heben.

"Glaubwürdigkeit der EZB" gefährdet?

"Wir haben beschlossen, unsere Politik bis März 2017 aufrecht zu erhalten. Wir sollten uns aber davor hüten, die Glaubwürdigkeit der EZB zu gefährden, indem wir diese Frist verschieben", sagte Praet. Der EZB-Rat hatte bei seiner Sitzung am 4. Dezember 2015 entgegen den Erwartungen keine Aufstockung seines Anleihekaufprogramms beschlossen, sondern nur eine Verlängerung um sechs Monate bei Wiederanlage fällig werdender Papiere.

Praets Äußerungen deuten darauf hin, dass der Rat in einem nächsten Schritt das Volumen der monatlichen Ankäufe anheben würde. Derzeit liegt es bei 60 Milliarden Euro. Die Befürchtung, dass die EZB mit dieser Politik des Quantitative Easing (QE) ähnlich wie die Bank of Japan erfolglos bleiben könnte, hegt Praet nach eigener Aussage nicht.

"Wenn man Geld druckt, bekommt man immer Inflation - immer", sagte der Chefvolkswirt der EZB wörtlich. Wenn aber bestimmte Faktoren wie sinkende Öl- und Rohstoffpreise dem entgegen wirkten, könne die EZB nichts anderes tun, als den Zeitpunkt etwas hinauszuschieben, an dem das Ziel erreicht werden könne.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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