Wirtschaft

Wie Anleger dennoch Geld verdienen EZB steckt in der Zinsfalle fest

Die Schuldenquoten zwingen Euro-Land zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Für Italien war 2015 das wirtschaftlich schlimmste Jahr für Italien seit dem Zweiten Weltkrieg.

Die Schuldenquoten zwingen Euro-Land zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Für Italien war 2015 das wirtschaftlich schlimmste Jahr für Italien seit dem Zweiten Weltkrieg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die EZB muss unbedingt die Zinsen nach unten drücken, sonst drohen Staaten wie Italien pleitezugehen. Mit dem richtigen Depot-Mix lassen sich trotzdem gute Erträge erzielen.

Italien hat 2200 Milliarden Euro Schulden. Sollte sich das Zinsniveau über alle Laufzeiten um nur einen Prozentpunkt erhöhen, müsste Rom 22 Milliarden Euro mehr Zinsen zahlen - und zwar Jahr für Jahr. Bei einer Schuldenquote von 130 Prozent der Wirtschaftsleistung würden ein Prozentpunkt höhere Zinsen für den italienischen Staatshaushalt den endgültigen Finanz-k.o. bedeuten. Bei anderen Peripherieländern der Eurozone sieht es kaum besser aus.

Stefan Eberhardt ist Leiter des Portfoliomanagements der Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung. Außerdem ist der Finanzexperte nebenberuflich als Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg tätig.

Stefan Eberhardt ist Leiter des Portfoliomanagements der Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung. Außerdem ist der Finanzexperte nebenberuflich als Dozent für Volkswirtschaftslehre an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg tätig.

EZB-Chef Mario Draghi, selbst Italiener, bleibt kaum etwas anderes übrig, als mit allen konventionellen und unkonventionellen Maßnahmen das Zinsniveau zu drücken. Zuletzt hat Draghi den Leitzins vollständig abgeschafft, die Strafgebühren für Übernachteinlagen der Geschäftsbanken bei der EZB auf 0,4 Prozent erhöht und das Anleihekaufprogramm um 20 auf 80 Milliarden Euro pro Monat ausgeweitet. Mit diesen Maßnahmen beabsichtigt die Zentralbank, die Zinsen möglichst tief zu halten und die Kreditvergabe respektive die Inflation anzukurbeln.

Ziel 1 -  die niedrigen Zinsen - hat die EZB auf den ersten Blick zwar ganz gut erreicht. Es gibt jedoch spürbare regionale Unterschiede bei der Unternehmensfinanzierung. Zum Beispiel zahlt ein mittelständisches italienisches Unternehmen für einen dreijährigen Kredit pro Jahr ein bis 1,5 Prozent höhere Zinsen, als der Konkurrent aus Deutschland. Das schwächt die Wettbewerbsfähigkeit, was zu geringeren Umsätzen führt, und es werden weniger Mitarbeiter eingestellt. Das italienische Unternehmen zahlt deswegen auch weniger Steuern und die Staatskassen leiden. Der Teufelskreis schließt sich.

Bei Ziel 2 - einer höheren Kreditvergabe – sieht es noch schlechter aus. Gerade kleinere und mittelgroße Unternehmen haben in den europäischen Peripheriestaaten große Probleme, an Kredite zu kommen. Grund: Die Bankbilanzen sind voll mit faulen Darlehen. In Italien sind 18 Prozent der Bankkredite ausfallgefährdet, in Spanien zehn Prozent. Für das Wachstum von Unternehmen ist aber fast immer Fremdkapital notwendig. Die Folgen der Kreditklemme sind ebenfalls geringere Unternehmensgewinne und dementsprechend nur niedrige Steuerzahlungen an den Staat.

Hinzu kommt die in Italien & Co. immer noch viel zu hohe Arbeitslosigkeit, unter der die Menschen und der Konsum leiden. Schwache Nachfrage führt fast immer auch zu niedriger Inflation. Im Februar gingen in der Eurozone die Verbraucherpreise sogar um 0,2 Prozent zurück.

Noch Jahre niedrige Zinsen

In weiten Teilen Euro-Lands kommt die Wirtschaft nur schwerlich in Schwung, die Inflation bleibt niedrig und die Staatsverschuldung hoch. Dieser Mix führt dazu, dass die Zinsen auf absehbare Zeit - vermutlich in den fünf bis sieben Jahren - extrem tief bleiben werden. Für die Anleger bedeutet das, dass sie umdenken sollten, um auch im Umfeld niedriger Zinsen noch Geld zu verdienen.

Auf der Rentenseite lautet das Stichwort: Laufzeit- oder Durationsverlängerung. Gehen die Anleger von langfristig niedrigen Zinsen aus, so müssen sie in lang laufende Anleihen investieren. Hier ist der Zins höher als bei Kurzläufern.

Eine neunjährige Thyssen-Anleihe bringt momentan circa 3,3 Prozent Zinsen pro Jahr, eine zehnjährige Adidas-Anleihe 1,8 Prozent. Mit einer größeren Mischung dieser Anleihen ist ein Durchschnittszins von mehr als zwei Prozent zu erzielen. Im Vergleich: Bundesanleihen mit vergleichbaren Laufzeiten werfen zurzeit gar keine Zinsen ab. Und angesichts der geringen Inflation sind zwei Prozent besser, als es auf den ersten Blick scheint. Allerdings sollten Investoren kontinuierlich die Bonitäten der Unternehmen überwachen.

Außerhalb des Rentenmarkts zählen Aktien und Immobilien zu den besten Alternativen. Aufgrund der niedrigen Zinsen besteht hier allerdings die Gefahr von Blasenbildungen. Nichtsdestotrotz sind Aktien aus einem guten Portfolio vor allem wegen der Dividenden nicht wegzudenken. Daimler, Allianz oder E.ON zahlen 2016 mehr als fünf Prozent Dividendenrendite. Auch Edelmetalle wie Gold profitieren. Da Gold weder Zins noch Dividende abwirft, ist es umso interessanter, je tiefer die Zinsen sind. Denn bei hohen Zinsen würden sich mehr Anleger z.B. für deutsche Staatsanleihen entscheiden. Da diese aber keine oder sogar negative Zinsen abwerfen, parken die Anleger das Kapital eher im Gold.

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Quelle: ntv.de

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