Wirtschaft

Geldpolitik zeigt schwache Wirkung EZB misst steigende Kreditvergabe

Steuert den umfangreichsten Markteingriff in der Geschichte der Gemeinschaftswährung: EZB-Chef Mario Draghi.

Steuert den umfangreichsten Markteingriff in der Geschichte der Gemeinschaftswährung: EZB-Chef Mario Draghi.

(Foto: REUTERS)

Die Schleusen sind offen, die Stellschrauben fast am Anschlag: Seit Monaten pumpen die Währungshüter mit aller Macht Geld in den gemeinsamen europäischen Währungsraum. Die Kennzahlen setzen sich jedoch nur sehr langsam in Bewegung.

Die massive Geldflut der Europäischen Zentralbank (EZB) treibt die Kreditvergabe der Banken im Euro-Raum langsamer an als erwartet. Die Institute vergaben im August 1,0 Prozent mehr Darlehen an private Kunden als ein Jahr zuvor, wie die EZB mitteilte. Experten hatten allerdings mit einem etwas stärkeren Plus von 1,1 Prozent gerechnet.

Zum Vergleich: Im Juli lag der Zuwachs bei 0,9 Prozent. Die Notenbank kauft seit März Anleihen in großen Stil und will bis Herbst 2016 Bonds im Wert von 1,14 Billionen Euro in ihre Bücher nehmen. Mit der Geldschwemme will EZB-Präsident Mario Draghi Staatsanleihen für Banken unattraktiv machen und die Institute so dazu anregen, mehr Kredite zu vergeben.

Geringes Inflationsrisiko?

Die für den Währungsraum wichtige Geldmenge M3 wuchs im September um 4,8 Prozent. Experten hatten mit einem Anstieg von 5,3 Prozent gerechnet. Die Geldmenge M3 umfasst unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen mit bis zu zwei Jahren Laufzeit.

Steigt M3 stark an, gilt dies als ein Signal für zunehmende Inflationsrisiken. Zurzeit besteht diese Gefahr aber nicht, denn die Teuerung in der Eurozone lag im August bei nur 0,1 Prozent. Stabile Preise sehen die Währungshüter bei einer Inflation von knapp unter 2,0 Prozent gewährleistet, weil dieser Wert als ideal für die Wirtschaftsentwicklung gilt - und vor allem genügend Raum nach unten lässt. Denn so viel ist sicher: Fallende Preise treffen einen Währungsraum härter als eine milde Inflation.

Draghi wartet auf neue Daten

Erst Mitte der Woche hatte EZB-Chef Draghi sich bei einem Auftritt vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europa-Parlaments zur Strategie der Währungshüter geäußert. Die EZB wird demnach trotz wachsender Risiken für die Weltwirtschaft die Geldspritzen vorerst nicht ausweiten. Man brauche zur Bewertung der Gefahren noch mehr Zeit, sagte Draghi. Bundesbankchef Jens Weidmann stellte derweil die Anleihenkäufe erneut grundsätzlich in Frage: "Wenn überhaupt sollten sie nur als reines Notfallinstrument eingesetzt werden."

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte dagegen Mitte September den Willen der Europäischen Zentralbank bekräftigt, das riesige Anleihekaufprogramm notfalls noch einmal deutlich auszuweiten. Das Programm sei flexibel und könne bei Bedarf angepasst werden, sagte Praet. "Noch wäre dies verfrüht, aber die Risiken in der Weltwirtschaft haben deutlich zugenommen."

Zinssenkung im kommenden Jahr?

Analysten der Royal Bank of Scotland (RBS) rechnen damit, dass die EZB ihr Kaufprogramm im Dezember auf 90 Milliarden Euro aufstocken wird. Gegenwärtig kauft die EZB monatlich Wertpapiere für 60 Milliarden Euro. In der RBS-Studie wird die Anhebung um monatlich 30 Milliarden Euro als "Basisszenario" bezeichnet. Abweichungen nach unten oder auch nach oben halten die Analysten demnach für wahrscheinlich.

Die Experten der Bank schließen auch eine weitere Zinssenkung im Jahr 2016 nicht aus. Ein solcher Schritt werde nach Einschätzung der RBS zunächst vor allem die Anleihenrenditen unter Druck setzen. Für die zehnjährige Bundesanleihe rechnet RBS mit einem Rückgang auf 0,40 Prozent und für das italienische Pendant auf 1,25 Prozent. Die zehnjährige Bundesanleihe rentiert derzeit mit 0,64 Prozent und die italienischen Titel mit 1,77 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

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