Wirtschaft

Spanien überrascht Deutsche Inflation auf Mehrjahrestief

Da beißt man gerne zu: Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln hat sich in Deutschland verlangsamt.

Da beißt man gerne zu: Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln hat sich in Deutschland verlangsamt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Spanien meldet für März unerwartet fallende Preise. In Deutschland steigen sie zwar, aber die Teuerung ist so niedrig wie seit August 2010 nicht. Das befeuert die seit Tagen kursierenden Spekulationen über eine Lockerung der EZB-Geldpolitik.

Die Preise in Deutschland steigen so langsam wie seit gut dreieinhalb Jahren nicht mehr. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im März nur noch um durchschnittlich 1,0 Prozent zum Vorjahresmonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. "Das ist der niedrigste Wert seit August 2010", sagte eine Statistikerin. "Dafür sorgte vor allem der geringere Preisauftrieb bei den Nahrungsmitteln." Von Ökonomen hatten mit einer Teuerungsrate von 1,1 Prozent gerechnet, nachdem sie im Februar bei 1,2 Prozent gelegen hatte.

Lebensmittel kosteten im Schnitt nur noch 2,2 Prozent mehr als im März 2013. Im Vormonat hatte es hier noch ein Plus von 3,5 Prozent gegeben. Energie verbilligte sich mit 1,6 Prozent nicht mehr ganz so stark wie zuletzt im Februar. Ökonomen machen die Preisschlacht von Discountern wie Aldi und Lidl für die geringere Inflation mitverantwortlich, die zuletzt zahlreiche Fleischprodukte billiger gemacht hatten. "Der harte Konkurrenzkampf im Lebensmittelhandel dämpft die Preise", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Andere Werte 2015

Experten zufolge müssen sich die Deutschen aber wieder auf deutlich höhere Inflationsraten einstellen: 2015 könnte sie mit 2,5 Prozent mehr als doppelt so hoch liegen wie aktuell, sagen etwa die DZ Bank und das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) voraus. Grund dafür ist der von den meisten Experten vorausgesagte Aufschwung, der zu deutlich höheren Löhnen führen dürfte. Das eröffnet den Unternehmen größeren Spielraum für Preiserhöhungen.

Druck auf EZB dank Spanien-Zahlen?

Fallende Preise in Spanien, da wird die EZB hellhörig.

Fallende Preise in Spanien, da wird die EZB hellhörig.

(Foto: REUTERS)

Der niedrige Preisauftrieb in Spanien ist indes im März sogar in fallende Preise umgeschlagen.  Vor allem für Lebensmittel, Getränke und Pauschalreisen mussten die Verbraucher in Europas viertgrößter Volkswirtschaft weniger bezahlen. Wie die nationale Statistikbehörde berichtete, fielen die Verbraucherpreise gemessen am EU-harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Februar waren die Preise noch minimal um 0,1 Prozent gestiegen. Der Preis-Rutsch sorgte für teils heftige Bewegung an den Märkten.

Nach der nationalen Definition sanken die spanischen Verbraucherpreise um 0,2 Prozent auf Jahressicht und stagnierten im Vergleich zum Vormonat.

Spanische Wirtschaft hat Rezession verlassen

Die spanische Wirtschaft hat im zweiten Halbjahr die neun Quartale andauernde Rezession überwunden, doch hält der Abwärtsdruck auf die Preise wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der schwachen Nachfrage der Privathaushalte und der Unternehmen an. In anderen Ländern der Eurozone gibt es ähnliche Trends.

Auch wenn Preise schon leicht fallen, sprechen Ökonomen noch nicht von einer Deflation. Darunter versteht die Volkswirtschaftslehre einen allgemeinen, anhaltenden und markanten Rückgang des Preisniveaus für Güter und Dienstleistungen. Üblicherweise tritt eine Deflation zusammen mit einer Depression auf.

EZB denkt laut nach

Gleichwohl hat die Europäische Zentralbank (EZB) zuletzt stärkere Signal gesendet, dass sie gewillt ist, im Kampf gegen die niedrige Inflation ihre Geldpolitik erneut zu lockern. Wegen der laufenden Diskussion über Deflationsgefahren im Euroraum stehen Preisdaten derzeit unter verstärkter Beobachtung. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflation auf Basis der Verbraucherpreise von knapp zwei Prozent an, was auch als Sicherheitspuffer gegen eine Deflation gedacht ist.

So richten sich die Blicke vor allem auf kommenden Montag, wenn die Inflationsrate des Euro-Raums ansteht. Experten rechnen mit einer Teuerungsrate von nur noch 0,6 Prozent, womit das Ziel der EZB von knapp zwei Prozent sehr weit verfehlt wird. EZB-Chef Mario Draghi sieht den Euro-Raum vor einer längeren Phase niedriger Inflation, befürchtet jedoch keinen Preisverfall auf breiter Front. Eine solche deflationäre Spirale kann die Wirtschaft lähmen, da Verbraucher und Firmen in Erwartungen fallender Preise Konsum- und Investitionsentscheidungen immer weiter aufschieben.

Euro fällt - Exportitel und Anleihen gesucht

Die Daten aus Spanien schickten den Euro auf Talfhart. Die Gemeinschaftswährung rauschte bis knapp an die Marke von 1,37 Dollar - erholte sich dann aber. Der schwächelnde Euro wiederum trieb Anleger in exportstarke Titel an den Börsen. In Frankfurt etwa legte der Dax zwischenzeitlich ein Prozent zu. Zugleich stieg die Nachfrage nach Anleihen - vor allem aus Länder Südeuropas, weil hier noch höhere Zinsen gezahlt werden. Deren Renditen gaben unter dem Ansturm nach.

So fiel die Verzinsung zehnjähriger portugiesischer Staatspapiere erstmals seit Januar 2010 unter die Marke von vier Prozent. Kurz vor Verlassen des Euro-Rettungsschirms profitiere Portugal von der verzweifelten Suche nach Rendite, hieß es aus dem Handel. Da die Leitzinsen im Euroraum rekordniedrig sind und wegen der schwachen Inflation sogar noch weiter sinken könnten, haben Investoren große Probleme, Geld gewinnbringend anzulegen. Im Vergleich beispielsweise zu deutschen Bundesanleihen werfen portugiesische Titel nach Abzug der Teuerungsrate eine attraktive Rendite ab.

Quelle: ntv.de, jwu/DJ/rts

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