Wirtschaft

Zinsanstieg gefährdet Boom Angst vorm Platzen der Immobilienblase

Immobilienfirmen haben von der anhaltenden Lockerung der Geldpolitik der EZB profitiert.

Immobilienfirmen haben von der anhaltenden Lockerung der Geldpolitik der EZB profitiert.

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutsche Immobilien und der Zinsmarkt - selten war der Zusammenhang so deutlich. Seit Juli ziehen die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen massiv an, im Gleichlauf fallen Wohnimmobilien-Aktien. Ist dies das Ende des Booms?

Deutlicher Kursrutsch bei der Vonovia-Aktie. Gegenüber dem Rekordhoch vom August ist das Dax-Papier um 15 Prozent gesunken, beim MDax-Konzerns Deutsche Wohnen steht ein ähnlich großes Minus zu Buche.

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Hauptgrund für den Rückgang sind die steigenden Zinsen. So sind die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen, die am Juli-Tief noch bei minus 0,19 Prozent lagen, zuletzt auf 0,06 Prozent gestiegen. Sollte der Anstieg weitergehen und es zu einer nachhaltigen Trendwende am Rentenmarkt kommen, dürfte der Gegenwind für Immobilienfirmen noch zunehmen. Locken Anleihen mit attraktiver Verzinsung, lässt der Druck nach, das Geld in den Immobilienmarkt zu investieren.

In den vergangenen Jahren haben Immobilienfirmen massiv von der anhaltenden Lockerung der Geldpolitik der EZB profitiert. Wegen der rückläufigen Renditeentwicklung und der kräftigen Abwertung des Euro steckten Anleger ihr Geld zusehends in Betongold, zumal die Hypothekenzinsen immer weiter sanken. Die Folge: kräftig steigende Immobilienpreise, vor allem in deutschen Großstädten. Etliche Experten sahen bereits Anzeichen einer Blasenbildung.

"In einer Welt, in der mehr als ein Drittel aller Staatsanleihen Strafzinsen abwerfen, bleibt das Investieren in Sachwerte populär. Daher ist es kaum ein Wunder, dass die Immobilienmärkte erneut überhitzt sind, nur ein paar Jahre nach der letzten großen Korrekturwelle. Wir sehen eine erhebliche Überbewertung der Häusermärkte in etlichen führenden Finanzzentren", schrieben die Analysten der UBS zuletzt.

Blasenbildungen in Deutschland

Die Experten der UBS sehen "erhebliche Blasenrisiken", nicht zuletzt in München. Die gute Konjunkturentwicklung in Deutschland und die sehr lockere Geldpolitik der EZB hätten dazu geführt, dass die 20jährige Stagnation bei den realen (unter Berücksichtigung der Inflation) Häuserpreisen zu Ende gegangen sei.

Anschließend seien die Immobilienpreise in München prozentual zweistellig gestiegen und hätten sich zusehends von den Fundamentaldaten gelöst. "Entsprechend sind die Immobilien weniger erschwinglich geworden. Ein Facharbeiter aus dem Dienstleistungsbereich muss sieben Jahre arbeiten, um sich eine Wohnung von 60 Quadratmetern kaufen zu können. Das ist ein Rekordhoch", schreibt die UBS.

Die Situation in München ist besonders angespannt, aber auch viele andere Städte sind von stark steigenden Immobilienpreisen betroffen. Dabei hatte die Bundesbank bereits im Februar 2014 gewarnt, dass die Immobilienpreise in deutschen Ballungszentren viel zu teuer seien: "In den Großstädten weichen die Preise für Wohnimmobilien im Durchschnitt vermutlich um 25 Prozent nach oben ab." Eine deutlichere Warnung vor einer Blase kann es kaum geben.

Seit damals ist die Blase allerdings noch deutlich größer geworden. Die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen sind seit damals von 1,7 Prozent auf nur mehr 0,06 Prozent gesunken, während die Zinsen für 20jährige Hypotheken von 3,25 Prozent auf das Rekordtief von 1,75 Prozent gefallen sind.

Alle Augen auf Draghi

Von umso größerer Bedeutung sind deshalb die weiteren Maßnahmen der EZB, weshalb viele Investoren - nicht nur jene von Vonovia & Co. - die Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung am 20. Oktober genau verfolgen werden.

EZB-Chef Mario Draghi muss den Investoren erläutern, dass er entgegen anders lautenden Pressemeldungen, das Anleihenkaufprogramm im März 2017 nicht auslaufen lassen wird, sondern es verlängern und verändern wird. So dürften künftig mehr Papiere von Ländern der Peripherie, wie Italien und Spanien gekauft werden, um die Zinsen auch dort niedrig zu halten. Denn ansonsten würden die Banken aus Italien, Spanien und Portugal schwer belastet, nachdem sie in den vergangenen Jahren massiv heimische Staatsanleihen gekauft hatten.

Sollte Draghi für eine Beunruhigung am Anleihenmarkt sorgen und die Zinsen wieder nach unten drehen, würden sich die Perspektiven für die Immobilienfirmen wieder aufhellen.

Vonovia (ehemals Deutsche Annington) nutzt dieses günstige Umfeld und kauft weiter ein. Deutschlands größter Immobilienkonzern will für 2,9 Milliarden Euro den österreichischen Wettbewerber Conwert Immobilien Invest übernehmen. Ein Großteil der 24.500 Conwert-Wohnungen befindet sich in Deutschland, vor allem in Berlin, Leipzig und Dresden.

Im ersten Halbjahr hatte die vollständige Eingliederung der Konkurrenten Gagfah, Süddeutsche Wohnen und Franconia den Gewinn von Vonovia nach oben schießen lassen. Wegen des Conwert-Deals dürfte Vonovia-Chef Rolf Buch zwar die für 2016 in Aussicht gestellte Dividende von 1,05 Euro je Aktie nicht erhöhen. Dennoch kann sich die Dividendenrendite von 3,3 Prozent mehr als sehen lassen.

Die Entwicklung des Immobilienmarktes und der Aktien von Vonovia & Co. hängen stark von Draghi ab. Wenn es ihm gelingt, die Zinsen wieder nach unten zu drücken, sollte der Immobilienmarkt heiß bleiben und die Aktien der Immobilienfirmen wieder nach oben drehen.

Quelle: ntv.de

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