Wirtschaft

Kampf um Online-Werbemarkt Amazon startet Angriff auf Google

Amazon verfolgt große Pläne.

Amazon verfolgt große Pläne.

(Foto: dpa)

Amazon will eine eigene Plattform für Online-Werbung aufbauen und damit Google Konkurrenz machen. In einem ersten Schritt sollen bisher über Google vermarktete Anzeigenplätze auf den Amazon-Seiten durch ein hauseigenes System bestücken werden.

Amazon rüstet sich für einen direkteren Angriff auf Googles Dominanz im Online-Werbemarkt: Der Internethändler entwickelt eine eigene Software, um Anzeigen online zu platzieren. Dabei könnte dem Konzern sein Wissen über Millionen von aktiven Internet-Shoppern zu Gute kommen.

Zunächst wolle Amazon die Anzeigen auf seinen eigenen Seiten, die vor allem von Google kommen, mit einer neuen hauseigenen Plattform zur Anzeigenschaltung ersetzen, hieß es Unternehmenskreisen. Das System könnte später zu einer Konkurrenz für das rund 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr schwere Werbegeschäft von Google und für das von Microsoft werden.

Amazon besitzt bereits über ein begrenztes Geschäft für die Anzeigenschaltung auf anderen Seiten. Dass der Konzern aus Seattle/Washington größere Pläne hat, zeigt sich auch daran, dass Amazon Wege ausprobiert, um das Programm um neue Anzeigenformen zu erweitern.

"Amazon könnte die Daten nutzen, die der Konzern über das Kaufverhalten hat, um diese Anzeigen wirkungsvoller zu machen", sagte Karsten Weide, Analyst beim Marktforscher IDC. "Vermarkter würden gerne eine weitere gangbare Möglichkeit zu Google und Facebook für ihre Werbung haben."

Konkurrenz auf angestammten Märkten

Amazon hat mögliche Anzeigenpartner bereits informiert, dass der Test der neuen Plattform "Amazon Sponsored Links" im Laufe des Jahres beginnen könnte. Der Plan sei, es den Vermarktern leichter zu machen, die fast 250 Millionen aktiven Amazon-Nutzer zu erreichen, hieß es weiter.

Google und Amazon machen sich zunehmend auf ihren angestammten Märkten Konkurrenz, während sie darum kämpfen, für Internet-Shopper auf der Suche nach Produkten und Dienstleistungen die erste Anlaufstelle zu sein. So ist Google mit Anzeigen, die Produkte auflisten und dem Lieferdienst Google Shopping Express in Amazons E-Commerce-Geschäft vorgestoßen. Amazon hat sein eigenes Smartphone auf den Markt gebracht und konkurriert mit Google um Online-Speicherdienste. Amazon und Google lehnten eine Stellungnahme ab.

Ähnlichkeit mit Google-System AdWords

"Amazon weiß viel über das Suchverhalten von Menschen auf der Seite und Verbraucherpräferenzen und Suchverläufe. Das kann der Konzern nutzen, um Werbung so maßzuschneidern, wie es vermutlich niemand anders kann", sagt Reid Spice, Vizepräsident für Medien bei der digitalen Agentur iCrossing.

Laut den informierten Personen dürfte das Amazon-Angebot Googles Werbesystem "AdWords" ähneln. Das System nutz Schlüsselwörter, um gezielte Werbung neben Google-Suchanzeigen und auf mehr als zwei Millionen anderen Webseiten zu platzieren. AdWords ist die Grundlage von Googles Werbegeschäft mit einem Volumen von fast 50 Milliarden Dollar im Jahr und Google zählt Amazon zu einem seiner größten Käufer von mit Text verlinkten Anzeigen. "Schlüsselwort"-Programme verbinden einen Suchbegriff, wie z.B. "Laufschuhe", mit Anzeigen, im dem Fall etwa für bestimmte Schuhhändler, die dann auf den Webseiten geschaltet werden, die die Suchergebnisse liefern.

Amazon zeigt derzeit mehrere Arten von Anzeigen auf seine Seiten, darunter textbasierte Schlüsselwort-Anzeigen von Google und anderen, sowie Produktanzeigen, die Amazon selbst schaltet. Laut Schätzungen von Emarketer dürfte Amazon in diesem Jahr fast 1 Milliarde Dollar an Werbeumsatz erzielen, nach mehr als 700 Millionen Dollar im vergangenen Jahr.

Um die Google-Anzeigen von seinen Seiten zu verdrängen, baut Amazon ein Werkzeug, mit dem Werbeagenturen für möglicherweise Tausende von Werbekunden en gros einkaufen können, wie die mit der Sache vertrauten Personen weiter sagten. Mit einem solchen System könnte Amazon sein Geschäft mit der Anzeigenplatzierung auf den Webseiten Dritter kräftig vorantreiben. Google biete den Werbetreibenden ähnliche Möglichkeiten mit der Verwendung von AdWords an.

Aussicht auf mehr Umsatz und höhere Margen

Heute hat Amazon ein Partnerprogramm, das anderen Webseiten Amazon-Produktanzeigen anbietet und diesen dann eine kleine Provision zahlt, wenn die Nutzer dieser Webseiten dann über die Anzeige ein Produkt auf Amazon kaufen.

Um aber wirklich mit Google zu konkurrieren und dessen Anzeigen auf anderen Seiten zu ersetzen, müsste Amazon erst große Hürden überwinden. Auf dem 2000 eingeführten AdWords konkurrieren mehr als eine Millionen Werbetreibende um Werbefläche auf der Plattform, das treibt die Preise - und verlockt damit andere Verleger, das System auch zu nutzen. Google hat nach eigenen Angaben 2013 mehr als 9 Milliarden Dollar an andere Webseiten gezahlt.

Für Amazon bietet mehr Werbung die Aussicht auf mehr Umsatz und möglicherweise höhere Gewinnmargen. Denn Amazon bleibt hauptsächlich ein Händler, der seine Waren von Zulieferern kauft und diese mit einem kleinen Aufschlag an die Kunden weitergibt. Der Konzern arbeitet mit notorisch dünnen Margen und weist oft Verluste aus, während er in die Expansion investiert.

Amazon ist Großkunde bei Google

Googles anzeigenunterstütztes Geschäft ist dagegen hochprofitabel. Allein in den ersten sechs Monaten des Jahres erzielte es mehr operativen Gewinn, als Amazon seit seiner Gründung vor zwanzig Jahren erwirtschaftet hat, laut dem Marktforscher S&P Capital IQ.
Amazon hat andere Gründe davor, keine Keyword-Anzeigen von Google mehr auf seiner Seite haben zu wollen: Der Konzern kann die Preise dieser Anzeigen nicht kontrollieren, das macht Google. Außerdem will Amazon nicht, dass Google Daten über seine Kunden sammelt, basierend auf deren Suchen oder auf welche Anzeigen diese klicken.

Während Amazon also versucht, Googles hochprofitables Geschäft nachzumachen, hat Google selbst seine Produktanzeigen auf seiner Seite neu gestaltet, damit sie jenen von Amazon ähnlicher sehen - mit Bilder, Preisen und Kundenbewertungen.

Amazon ist ein großer Käufer von Textanzeigen auf Google-Seiten, kauft aber nicht die verbesserten Produktanzeigen. Branchenanalysten sagen, Amazon solle mit einem seiner größten Konkurrenten keine Einzelheiten über Produkte und Bestände teilen, die nötig sind, um solche Anzeigen zu schalten.

Quelle: ntv.de, Rolfe Winkler und Greg Besninger, DJ

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