Wirtschaft

Brexit bleibt eine Black box 2017 könnte Börsianer schocken

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(Foto: imago/Michael Weber)

EU-Austritt der Briten, Trump in den USA und ein drohender Italexit. Politische Ereignisse und nicht Fundamentaldaten dominieren zurzeit die Börsen. Das wird im kommenden Jahr nicht anders.

Zehnjährige Bundesanleihen liegen seit Jahresanfang mit 2,5 Prozent im Plus – wer hätte das gedacht. Der Deutsche Aktienindex Dax ist dagegen in diesem Zeitraum unter dem Strich nur seitwärts gelaufen. Am besten hat sich unter den gängigen Vermögensklassen das seit Jahren abgeschriebene Gold entwickelt. Das Edelmetall liegt - in Dollar gerechnet - seit Anfang des Jahres zwölf Prozent vorn. Gold in Euro hat sogar noch besser abgeschnitten.

Dieser Performancevergleich zeigt vor allem eins: Die Finanzmärkte reagieren zurzeit nur wenig auf die fundamentalen Daten wie Wirtschaftswachstum, Inflations- und Zinsentwicklungen oder Bewertungen. Nur ein Beispiel: Bundesanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit rentieren derzeit mit 0,3 Prozent – macht ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von mehr als 300. Der Dax kommt dagegen auf eine Dividendenrendite von rund drei Prozent und auf ein 2016er-KGV von 15 bis 16. Trotzdem haben deutsche Bundesanleihen den Dax outperformed.

An den Börsen dominieren derzeit die politischen Ereignisse - und die haben es in sich. Sie werden vor allem aber erst in den kommenden Jahren ihre volle Wirkung entfalten. Das gilt auf jeden Fall für den Brexit. Denn der ist zwar per Wählervotum beschlossen, die Austrittsverhandlungen haben jedoch noch gar nicht begonnen. Wie der Ausstieg der zweitgrößten Volkswirtschaft aus der Europäischen Union praktisch vollzogen wird und welche Folgen er hat, ist noch gar nicht absehbar. Der Brexit ist bislang eine Black box. Unsicherheit ist jedoch etwas, was die Finanzmärkte gar nicht mögen. Das britische Pfund hat in diesem Jahr bereits rund 15 Prozent verloren.

Trump-Jubel kann umschlagen

Carsten Riehemann ist Geschäftsführender Gesellschafter bei Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. und seit Mitte der 90er Jahre als Vermögensverwalter und Vermögensberater für Unternehmer, Privatkunden und Stiftungen tätig.

Carsten Riehemann ist Geschäftsführender Gesellschafter bei Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. und seit Mitte der 90er Jahre als Vermögensverwalter und Vermögensberater für Unternehmer, Privatkunden und Stiftungen tätig.

Genauso wenig lässt sich bislang bewerten, was die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA bedeutet. Nach dem ersten Schreck applaudieren die Finanzmärkte dem Bauunternehmer und seinen noch wenig konkreten Plänen. Vor allem das angekündigte eine Billion US-Dollar umfassende Konjunkturprogramm findet Zustimmung. Dabei ist die amerikanische Bauindustrie schon heute weitgehend ausgelastet. Da in den USA fast Vollbeschäftigung herrscht, dürfte die Ausweisung von ein bis drei Millionen Mexikanern die Lage spürbar verschärfen.

Sollte Trump seine Pläne tatsächlich realisieren, könnte er eine dramatische Lohn-Preis-Inflation in Gang setzen. Denn die USA schwimmen in Liquidität. Sollte diese einmal in Umlauf geraten, könnte die Geldentwertung schnell gefährliche Ausmaße annehmen.

Nach Brexit Italexit

Der Brexit und die Trump-Folgen sind längst nicht die einzigen Risiken für die Finanzmärkte. Schon in diesem Jahr, nämlich am 4. Dezember, könnte sich der Austritt des nächsten EU-Mitglieds abzeichnen. Denn an diesem Tag stimmen die Italiener über die Reform ihrer Verfassung ab. Sollten sie dagegen stimmen, könnte Ministerpräsident Matteo Renzi zurücktreten, was zu Neuwahlen führen dürfte. Hier wäre ein Sieg der eurokritischen Parteien durchaus denkbar.

Wenn sich Italien tatsächlich von Europa verabschieden sollte, hätte dies sicherlich noch schwerwiegendere Folgen als der Brexit. Denn Italien würde nicht nur die EU, sondern auch die europäische Gemeinschaftswährung verlassen. Das wäre das Ende des Euros wie wir ihn heute kennen. Dazu kommen noch die Wahlen in Frankreich und in Deutschland, die Drohung der Türkei, für die Flüchtlinge die Grenzen nach Europa zu öffnen, sowie Szenarien, deren Tragweite wir heute noch gar nicht abschätzen können.

Vielleicht kommt aber alles ja auch ganz anders: Der Brexit ist weniger gravierend als gedacht, Trump hat mit seinem Konjunkturprogramm Erfolg, EU und Euro bleiben intakt und die Grenzen der Türkei dicht. Sicher scheint nur, dass die Beine der politischen Börsen eher lang als kurz sind. Für den Anleger bedeutet das, dass eine Diversifikation auf alle zur Verfügung stehenden Anlageklassen das Gebot der Stunde ist – also eine breite Grundaufstellung auch mit langlaufenden Anleihen, Aktien, Rohstoffen und Edelmetallen, die dann täglich penibel überprüft und angepasst werden muss. Dabei gilt es, auf alles vorbereitet und jederzeit bereit zu sein, die Quoten der verschiedenen Anlageklassen aktiv zu verändern.

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Quelle: ntv.de

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