Wirtschaft

Risiken und Nebenwirkungen Bundesbank hadert mit dem Niedrigzins

Die EZB hält das Geld auch künftig billig - das sorgt die Bundesbank.

Die EZB hält das Geld auch künftig billig - das sorgt die Bundesbank.

(Foto: REUTERS)

In der Eurozone ist der Leitzins seit Jahren auf historischen Tiefstständen. Was den Krisenländern wieder auf die Beine helfen soll, belastet Sparer, Versicherer und Banken. Die Bundesbank warnt nun vor den Gefahren für das deutsche Finanzsystem.

Die Bundesbank sieht durch die neuerliche Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank die Finanzstabilität in Gefahr. Die niedrigen Zinsen hätten zwar zusammen mit der sehr üppigen Liquiditätsversorgung durch die Zentralbanken dazu beigetragen, die Spannungen an den Finanzmärkten abzubauen. "Das Niedrigzinsumfeld wird aber mehr und mehr zu einer Belastung für das deutsche Finanzsystem", sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. "Sobald wir Gefahren für die Finanzstabilität sehen, werden wir handeln." Wie dies geschehen könnte, ließ er allerdings offen.

Niedrige Zinsen zehrten zunehmend die finanziellen Puffer der Lebensversicherer auf, warnte Dombret weiter. Für sie werde es immer ferner schwieriger, die Garantieverzinsung zu erwirtschaften. Zudem würden auch die Belastungen für die meisten Banken, deren Erträge besonders in Deutschland traditionell stark am Zinsgeschäft hängen, immer spürbarer, sagte Bundesbank-Vize Sabine Lautenschläger bei der Vorstellung des jährlichen Finanzstabilitätsberichts der deutschen Notenbank.

Steigende Immobilienpreise erwartet

Die extrem niedrigen Zinsen seien auch mitverantwortlich für teils kräftig steigende Immobilienpreise in den Ballungsräumen. Allerdings gehe davon noch "keine akute Gefahr" für die Stabilität des Finanzsektors aus. Die Bundesbank werde den Immobilienmarkt aber weiterhin "genau beobachten". Dabei rechnet sie mit weiter steigenden Preisen - im kommenden Jahr um rund neun Prozent.

Insgesamt aber habe sich die Lage der deutschen Banken verbessert - unter anderem wegen höherer Kapitalpuffer und einer sinkenden Verschuldung, sagte Lautenschläger. Allerdings blieben viele Institute anfällig in besonders kritischen Sektoren, etwa in der Schiffsfinanzierung, bei Gewerbeimmobilien und Verbriefungen. Wie groß genau die in den Bankbilanzen auch sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise schlummernden Risiken noch seien, werde der angelaufene Bilanzcheck der EZB bei den 128 größten Banken in der Euro-Zone zeigen.

Die erste Stufe, eine Risikoanalyse durch die Aufseher, werde im Februar abgeschlossen sein, sagte Lautenschläger. Die anschließende intensive Prüfung riskanter Bilanz-Positionen, bei der die Prüfer in die Bücher der Institute schauen, könne etwa bis Juni beendet sein. Danach soll noch ein Stresstest Aufschluss geben, wie die Banken zum Beispiel mit einem Konjunktureinbruch oder Turbulenzen an den Immobilienmärkten zurechtkommen.

Zuvor hatte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann angeregt, dass auch aus Änderungen der Leitzinsen entstehende Risiken für die Banken bei dem Bilanz-Test geprüft werden sollten. Dombret forderte die deutschen Banken unabhängig davon auf, sich für Zinsänderungen und mit diesen eventuell einhergehenden Schwankungen an den Kapitalmärkten zu wappnen. Änderungen der Leitzinsen wirken sich viel schneller auf die Bilanzen der Banken aus, als sie in der Realwirtschaft ankommen.

Verband warnt vor Substanzverlust

Die bereits heftig unter den niedrigen Zinsen stöhnenden Lebensversicherer könnten laut Bundesbank durch Veränderungen der gesetzlichen Regeln entlastet werden. Lob von der Branche kam prompt: "Die aktuelle Rechtslage ist ökonomisch unsinnig. Sie zwingt die Versicherer ausgerechnet in Zeiten historisch niedriger Leitzinsen zu Sonderausschüttungen in bisher nie dagewesener Höhe", erklärte der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft. Durch die vom Gesetzgeber erzwungenen Ausschüttungen der Bewertungsreserven verlören die Unternehmen an Substanz.

Die EZB hatte den Leitzins für die 17 Euro-Länder vergangene Woche auf das Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/AFP

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