Wirtschaft

Troika versus Syriza Der Ring ist eröffnet

Anhänger des Linksbündnisses Syriza feiern nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Anhänger des Linksbündnisses Syriza feiern nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

(Foto: dpa)

Der politische Linksruck in Athen war angesagt - die Folgen für die Finanzmärkte sind noch überschaubar. Risikoreicher werden andere Wahlen in Europa.

Die Griechen haben gewählt. Jetzt kommt es auf eine Annäherung Athens und der Troika an. Tsipras hat selbst mehrfach geäußert, dass er nicht an eine Wiedereinführung der Drachme denkt. Denn die auf Euro lautenden Staatsschulden in Höhe von 175 Prozent des BIPs wären bei einer Rückkehr zu einer weichen Drachme noch weniger zu tilgen. Auch IWF, EZB und Europäische Kommission, die gemeinsam die Troika bilden, wollen Athen unbedingt in der Eurozone halten – koste es, was es wolle. Das macht zwar wirtschaftlich nicht unbedingt Sinn, ist aber von der Politik eindeutig so gewollt.

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Doch die Troika darf auch nicht die falschen Signale senden. Ansonsten würden geschlossene Kreditverträge im Zeitablauf zu Makulatur. Welche gesichtswahrenden Optionen stehen beiden Seiten zur Verfügung? Ein verdeckter Schuldenschnitt in Form von Laufzeitverlängerungen wäre ebenso möglich wie eine Senkung der Verzinsung. Nur so kann das Wunder eintreten, dass Athen seinen Schuldenberg von 315 Milliarden Euro zurückzahlt.

Verhandlungen unter Zeitdruck

Tsipras fehlten gestern am Ende nur wenige Stimmen, um allein eine Regierung bilden zu können. Mit 149 von 300 Sitzen im griechischen Parlament muss er sich einen - gegebenenfalls mehrere - Partner suchen. Angesichts der Größe seiner möglichen Koalitionspartner, die etwa ein Zehntel der Stimmen von Syriza erhalten haben, dürften sich die meisten von einem Angebot geehrt fühlen und schnell in den Deal einschlagen. 

Norbert Hagen, ICM

Norbert Hagen, ICM

Die Troika braucht jedenfalls möglichst schnell einen neuen Ansprechpartner, denn zu Verhandlungen über die Verlängerung des im Februar auslaufenden 240 Milliarden Euro schweren Kreditprogramms der internationalen Gläubiger stehen unmittelbar an. Im März ist eine erste Rückzahlung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro an den IWF fällig. Eine kurzfristige Rückkehr an den Kapitalmarkt ist angesichts von 8,5 Prozent Zinsen für zehnjährige griechische Staatsanleihen sowieso immer noch zu teuer.

Die griechischen Wahlen fallen in ein Zeitfenster, in dem die EZB zuletzt vor wenigen Tagen ein weiteres Mal mit ihrer ultraexpansiven Geldpolitik Aufgaben übernommen hat, die eigentlich ins Pflichtenheft der Finanzminister gehören. Diese haben sich aber voll und ganz der Austerität, sprich der Sparsamkeit, verschrieben und so den Geldhahn für die Ankurbelung der Konjunktur zugedreht. Tsipras will sich angesichts von mehr als 25 Prozent Arbeitslosenquote davon lösen und Haushaltsausgaben wieder erhöhen, ohne entsprechend solide Gegenfinanzierungen anzubieten. Es wird also spannend, wie und ob die Wahlversprechen umgesetzt werden.

Der Löwenanteil des Troika-Kreditprogramms stammt jedenfalls mit fast 200 Milliarden Euro von der EU. Brüssel signalisierte bereits, den Griechen bezüglich des Reformprogramms und der Schuldenlast entgegenzukommen. Europa hat sich in den Verhandlungen schon immer als wachsweich erwiesen.

Griechenwahl ohne Bedeutung

Wie gelassen die Finanzmärkte das Schuldendrama in Griechenland sehen, zeigt ein Blick auf die heutigen Kurse griechischer Staatsanleihen, die mit denselben Preisen wie kurz vor der Wahl den Ausgang als Non-Event klassifizieren. Auch die Staatsanleihen der südeuropäischen Nachbarschaft in der Eurozone reagierten nicht. Die Rendite italienischer Schuldverschreibungen ist in den zurückliegenden vier Wochen von knapp zwei auf nur noch 1,5 Prozent gefallen. Obwohl das reformunfähige Land in einer Rezession steckt und die Staatsschulden immer weiter steigen, muss Rom für seine Verbindlichkeiten weniger Zinsen zahlen als die prosperierenden USA. Französische Staatsanleihen rentieren sogar nur noch mit 0,55 Prozent.

Mit den griechischen Wahlen liegt die erste wichtige Entscheidung hinter uns, weitere folgen – und jedes Mal können Europa-Gegner auf Stimmengewinne hoffen. Im Juni finden in Großbritannien Wahlen zum Unterhaus statt. Entscheidend wird sein, wie die United Kingdom Independence Party abschneidet. Die UKIP fordert den Austritt des Königreichs aus der Europäischen Union. Bei der Europawahl im vergangenen Jahr steigerte die europafeindliche Partei ihren Stimmenanteil um elf Prozentpunkte auf 27,5 Prozent und erhielt damit die meisten Stimmen auf der Insel. Im Herbst folgen dann die Parlamentswahlen in Spanien – dem immerhin wirtschaftlich viertgrößten Land in der Eurozone. In Meinungsumfragen liegt derzeit die junge Podemos vorn. Wie die Syriza in Griechenland wirbt auch die linke Protestpartei in Spanien mit dem Versprechen, die Staatsschulden nicht mehr zu bedienen. Sollten in Großbritannien die UKIP und in Spanien Podemos an die Macht kommen, wird der Sieg von Syriza in Griechenland wahrscheinlich nur als Randnotiz in die Geschichte Europas eingehen.

Quelle: ntv.de

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