Wirtschaft

Griechenland droht Umschuldung Warum Gläubiger dran glauben müssen

Ein Jahr nach den ersten Rettungsmilliarden kommt eine Umschuldung Griechenlands wieder aufs Tapet. Warum wird die Debatte nun wieder akut und was bedeutet ein Schuldenschnitt für Gläubiger? n-tv.de beantwortet die wichtigsten Fragen zur hellenischen Schuldendebatte.

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(Foto: REUTERS)

Griechenland wurde doch schon gerettet. Warum soll Athen jetzt umschulden?

Als EU und Internationaler Währungsfonds vor einem Jahr ein Rettungspaket für Griechenland geschnürt haben, drohte eine Staatspleite in Athen. Deshalb beschlossen sie, Griechenland bis 2013 insgesamt 110 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Die Retter setzten darauf, dass die Regierung in Athen das Geld nur zur Überbrückung braucht, bis sie die eigenen Staatsfinanzen wieder so weit im Griff hat, dass die Märkte dem Land wieder bereitwilliger und günstiger Kredit geben.

Die Pläne gingen jedoch nicht auf. Nur kurzzeitig sanken damals die Renditen für zehnjährige griechische Anleihen von in der Spitze mehr als 12 auf rund 6 Prozent – um kurze Zeit darauf rasch wieder die Aufholjagd auf das alte Rekordhoch aufzunehmen. Mittlerweile rentierten die zehnjährigen Staatspapiere Griechenlands im März zeitweise mit beinahe 13 Prozent – also noch höher als zur akuten Rettungsphase.

Für Griechenland ist das ein großes Problem, weil das Land sich eigentlich schon im kommenden Jahr mit frischen Anleihen, zum Teil wieder am Kapitalmarkt, finanzieren wollte. Zu diesen Konditionen wäre das jedoch realistischerweise nicht möglich. Zum Vergleich: Zehnjährige Staatsanleihen von Europas Vorzeigeschuldner Deutschland bringen am Markt beinahe zehn Prozentpunkte weniger Rendite. Um nicht dauerhaft am Tropf zu hängen, wird deshalb nun – wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand - über eine Umschuldung Griechenlands geredet.

Ist eine Umschuldung das Gleiche wie ein Schuldenschnitt?

Ja, im Ergebnis schon. Ob der Schritt nun Umschuldung, Restrukturierung, Haircut, Schuldenschnitt oder Staatspleite genannt wird, hängt nur an der konkreten Ausgestaltung. Ökonomisch bedeutet es aber am Ende das gleiche, nämlich einen Verzicht der Anleihegläubiger auf einen Teil ihres Geldes zur Rettung Griechenlands.

Denkbar wäre, dass Griechenland seine Anleihen abwertet, Schulden also nicht vollständig zurückbezahlt. Eine Alternative wäre die Aussetzung von Zinszahlungen. Auch eine zwangsweise Verlängerung der Laufzeit der Staatsanleihen wäre denkbar, womit Gläubiger ohne eine entsprechende Renditeentschädigung länger auf ihr Geld warten müssten. An welcher Stelle der Gläubiger am Ende Einbußen hat, ist also letztlich eine Detailfrage. Sie ändert nichts daran, dass er als Kreditgeber auf einen Teil seines ihm zustehenden Geldes verzichten muss.

Warum tut sich Griechenland so schwer, selbst von seinen Schulden herunterzukommen?

Die Regierung in Athen hat im Zuge der Rettungsgelder harte Schnitte am Staatshaushalt auf den Weg gebracht. Bis Ende kommenden Jahres will der Staat 30 Mrd. Euro einsparen, etwa durch einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst und Gehaltskürzungen bei Beamten, erheblichen Kürzungen im Sozialbereich oder einer Abhebung des Rentenalters. Dafür hat sie in der Bevölkerung harte Proteste geerntet.

Seit Wochen besetzen Protestierende gegen die Sparbemühungen der griechischen Regierung das Rathaus in Athen.

Seit Wochen besetzen Protestierende gegen die Sparbemühungen der griechischen Regierung das Rathaus in Athen.

(Foto: AP)

Trotz aller Anstrengungen stieg jedoch der griechische Schuldenberg immer weiter an und liegt bald bei 150 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Mit anderen Worten: Die gesamte griechische Wirtschaft verkauft innerhalb eines Jahres gerade einmal so viele Waren und Dienstleistungen wie zwei Drittel der Staatsschulden. Entsprechend aussichtslos sind die Aussichten des Landes, jemals wieder von diesem Schuldenberg herunterzukommen.

Während nach der Finanzkrise in vielen Industriestaaten staatliche Ausgabenprogramme die Konjunktur ankurbelten, wurde Griechenland quasi auf Diät gesetzt. So nötig es für Griechenland ist, durch strukturelle Einsparungen die Verschuldung dauerhaft zu senken, entziehen die Einsparungen gleichzeitig der griechischen Wirtschaft kurzfristig Geld und verschärfen so das Problem.

Wen würde eine Umschuldung treffen?

Gläubiger Griechenlands sind vor allem Banken, Versicherungen und Investmentfonds. Sie müssten ihre Forderungen zum Teil abschreiben, was den Aktionären bzw. Anteilseignern der betreffenden Institute nicht schmecken dürfte. Die Finanzhäuser müssen daher auch mit Kurseinbußen ihres Unternehmens am Aktienmarkt rechnen.

Auch deutsche Banken sind stark engagiert:

Bank

Staatsanleihen /
Kredite an die Regierung

BayernLB

200 Mio. Euro

WestLB

97 Mio. Euro

NordLB

197 Mio. Euro

HSH Nordbank

über 300 Mio. Euro

LBBW

1,389 Mrd. Euro

Helaba

78 Mio. Euro

LBB

364 Mio. Euro

HRE

0 *

Depfa

0 *

DZ Bank

1,195 Mrd. Euro

Commerzbank

3 Mrd. Euro *

Deutsche Bank

1,601 Mrd. Euro

 

* HRE / Depfa: Milliardenbeträge in Bad Bank ausgelagert; Details werden noch veröffentlicht. Commerzbank: Staatsanleihen und sonstige Bestände

Daneben könnte – je nach Ausgestaltung einer Umschuldung – jedoch auch die Europäische Zentralbank in der Pflicht stehen. Sie hat Investoren Anleihen besonders von der Pleite bedrohter Staaten abgekauft, um die gefährliche Renditejagd der klammen Euro-Staaten zu bremsen. Dazu musste die Zentralbank die Anleihen jedoch in ihre Bücher nehmen. Kommt es nun zum Schuldenschnitt, müsste auch die EZB Abschreibungen auf diese Papiere vornehmen und die Verluste ausgleichen.

Warum wurden Gläubiger nicht längst an der Griechenland-Krise beteiligt?

Als das Rettungspaket für Griechenland geschnürt wurde, gab es durchaus kritische Stimmen, die eine Beteiligung der Gläubiger forderten. Letztlich waren es jedoch zwei Gründe, die dies verhinderten:

  • Die größte Sorge war, dass sich die Finanzkrise an den Rändern Europas zu einem Flächenbrand ausweitet. Ein Schuldenschnitt wurde als Signal an die Märkte verstanden, dass Investoren immer auch mit der Pleite eines Euro-Landes rechnen müssen. Dies hätte nach herrschender Lesart dieser Tage das Vertrauen in die Euro-Staaten insgesamt derart erschüttert, dass ein hoch verschuldetes Land nach dem nächsten in Bedrängnis geraten wäre und am Ende auch finanziell stabilere Staaten bedroht hätte.

  • Gläubiger der hoch verschuldeten Euro-Staaten wie Griechenland waren vor allem Finanzinstitute. Die Banken hatten jedoch ohnehin noch mit den Auswirkungen der Finanzkrise zu kämpfen. Die Angst vor einer Bankenpleite und einer Kettenreaktion im Finanzwesen steckte allen Beteiligten noch tief in den Knochen. Deshalb war die Angst groß, ein Zahlungsausfall Griechenlands könnte stark engagierte Finanzhäuser nach der gerade überstanden geglaubten Finanzkrise nun sturmreif schießen. Kritiker sprachen aus diesem Grund schon damals davon, dass das Rettungspaket für Athen eigentlich nur ein verkapptes weiteres Rettungspaket für den Finanzsektor war.

Quelle: ntv.de

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