Wirtschaft

Kongresswahlen in den USA Wall Street wälzt Szenarien

Zentrales Bauwerk der US-Demokratie: Das Kapitol beherbergt beide Kammern der Legislative, Senat und Repräsentantenhaus.

Zentrales Bauwerk der US-Demokratie: Das Kapitol beherbergt beide Kammern der Legislative, Senat und Repräsentantenhaus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Politische Börsen haben einer alten Börsianerweisheit zufolge kurze Beine. Dennoch machen die anstehenden Wahlen in den USA viele Anleger nervös. Ein Blick auf die wichtigsten Szenarien - und die möglichen Folgen.

Muss um den Rückhalt im Kongress fürchten: US-Präsident Barack Obama.

Muss um den Rückhalt im Kongress fürchten: US-Präsident Barack Obama.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Vereinigten Staaten beherbergen die größte und einflussreichste Volkswirtschaft der Erde. Wenn sich das innenpolitische Machtgefüge in Washington verändert, müssen sich namhafte Weltkonzerne auf neue Rahmenbedingungen einstellen. Wichtige Stellschrauben drehen sich nicht nur im vierjährigen Turnus der Präsidentschaftswahl. Auch die Wahlen zum US-Kongress können das politische Klima - und damit die Geschäftsaussichten in den verschiedenen Branchen - zum Teil sehr direkt beeinflussen.

Generell nutzen strategisch orientierte Anleger US-Wahlen gerne als Anlass, ihre Investitionen zu überprüfen und gegebenenfalls neu auszurichten. Daneben gibt es für Renditejäger auch einen handfesten Grund, sich den Wahltermin genauer anzuschauen: Seit dem Zweiten Weltkrieg habe in den drei Monaten nach dem Wahltag die US-Börse - gemessen am S&P500 - durchschnittlich knapp acht Prozent zugelegt, rechnen die Analysten der Commerzbank vor.

Symbol der Exekutive: Das Wappen des Präsidenten.

Symbol der Exekutive: Das Wappen des Präsidenten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Ausgang der Wahl scheint dabei weniger Ausschlag zu geben, als die neu gewonnene Sicherheit. Egal wer gewinnt, Investoren können sich auf die eine oder andere Richtung einstellen.

Die Zusammensetzung des US-Kongress spielt dabei vor allem bei der Umsetzung von Gesetzesvorhaben eine entscheidende Rolle. Behält der Präsident im Repräsentantenhaus eine Mehrheit, dürften marktrelevante Entscheidungen das Haus schneller durchlaufen.

Sollten die politischen Gegner des Weißen Hauses auf dem Kapitolshügel an Einfluss gewinnen, muss der Markt mit Widerstand gegen die Regierungspolitik und einem geschwächten Präsidenten rechnen. An Brisanz gewinnen solche Fragen, sobald es um weitere Stützungsaktionen, wirtschaftspolitische Maßnahmen gegen die hohe Arbeitslosigkeit oder die Regulierung im Finanzmarkt geht.  

Die Hauptstadt der Vereinigten Staaten aus der Luft, aufgenommen von Bord der Präsidentenmaschine "Air Force One": Links der Potomac, in der Bildmitte der markante Obelisk mit dem Weißen Haus dahinter und eine handbreit rechts davon inmitten von Bäumen: das Kapitol.

Die Hauptstadt der Vereinigten Staaten aus der Luft, aufgenommen von Bord der Präsidentenmaschine "Air Force One": Links der Potomac, in der Bildmitte der markante Obelisk mit dem Weißen Haus dahinter und eine handbreit rechts davon inmitten von Bäumen: das Kapitol.

(Foto: REUTERS)

Somit schauen viele Investoren mit Spannung auf den kommenden Dienstag, den 2. November, wenn in den USA das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats gewählt werden. Noch haben die Demokraten von Präsident Barack Obama in beiden Kammern die Mehrheit. Doch laut Umfragen dürfte sich das ändern.

An den Aktienmärkten in New York und den Rohstoffmärkten Chicago kreisen die Gespräche vor allem um drei große Szenarien:

Szenario 1 - Demokraten behalten die Mehrheit

Ein solcher Wahlausgang gilt als unwahrscheinlich und dürfte daher an den Finanzmärkten für die größte Aufregung sorgen. Selbst bei einem nur knappen Wahlsieg der Demokraten könnten viele Anleger sich vom US-Aktienmarkt zurückziehen, um in Ruhe die Lage zu analysieren, vermuten Analysten. Unerwartet eintretende Ereignisse lösen immer Unruhe aus.

Hier allerdings spielt die Wahrscheinlichkeit eine große Rolle: Die meisten Investoren haben sich - nicht anders als die amerikanische Öffentlichkeit - längst auf ganz andere Szenarien eingestellt. Für einen überraschenden Wahlsieg bräuchten die Demokraten daher einen tiefgreifenden Stimmungswechsel in weiten Teilen der Bevölkerung, und der ist ohne ein einschneidendes Ereignis, das dann auch die Börsen direkt beeinflussen dürfte, schwer vorstellbar.

Szenario 2 - Republikanische Mehrheit

Laut Umfragen haben die Republikaner gute Chancen diese Kammer zu übernehmen, dürften vermutlich aber nicht die Mehrheit im Senat erreichen. An der Börse sei dies schon weitgehend "eingepreist" - also in den Kursen berücksichtigt, erklärten Analysten. Somit könnte es sein, das am Tag nach der Wahl die Kurse fallen: Denn nach der Börsenweisheit "buy the rumour, sell the fact" könnten die Anleger bei Eintreten ihrer Einschätzung erst einmal die Gewinne mitnehmen.

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Dafür sprächen auch simple Kursdaten: Zum Vorjahresschluss hat der S&P500-Index bislang gut 6 Prozent zugelegt. Und auch in den vergangenen Wochen ging es tendenziell nach oben: Im zurückliegenden Dreimonatszeitraum kommt der vergleichsweise sehr breit aufgestellte Index zur US-Aktienlandschaft auf ein Plus von immerhin 7 Prozent.

Ein weiterer Faktor könnte das alles jedoch überstrahlen: Am Tag nach der Wahl wird der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Fed über die Zinspolitik entscheiden. Analysten rechnen damit, dass die Fed ein neues milliardenschweres Paket für den Aufkauf von Wertpapieren auflegt. Für Börsianer ist dieser Termin ohnehin wichtiger als die innenpolitische Weichenstellung. Unabhängig vom Wahlergebnis wird zunächst nicht mit gravierenden Reaktionen des Dollar gerechnet.

Szenario 3: Republikaner übernehmen beide Kammern

Ein solcher Wahlausgang gäbe der Opposition die Möglichkeit schon beschlossene Reformvorhaben rückgängig zu machen oder weitere Vorhaben des Präsidenten zu blockieren. Kurzfristig könnte dies die Börsen sogar erfreuen.

Nasdaq Composite
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"Das ist etwas, das noch nicht in den Kursen berücksichtigt ist und könnte daher den Markt nach oben treiben", erklärt Steve East, Chefökonom bei Heigth Analystics in Washington.

Einzelne Beobachter halten dann einen kräftigen Anstieg für möglich. Marktstratege Elliot Spar von Stifel Nicolaus & Co in Shrewsbury im US-Bundesstaat New Jersey sagt zum Beispiel für diesen Fall einen Anstieg des S&P500 auf sein April-Hoch von 1219 Zählern voraus.

Quelle: ntv.de, mit rts

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