Wirtschaft

Wie geht es jetzt weiter? Troika in Athen

Das ihnen unbekannte Menschen über die Zukunft ihres Landes entscheiden, bereitet vielen Griechen Sorge. (Im Vordergrund: IWF-Repräsentant Poul Thomsen)

Das ihnen unbekannte Menschen über die Zukunft ihres Landes entscheiden, bereitet vielen Griechen Sorge. (Im Vordergrund: IWF-Repräsentant Poul Thomsen)

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Troika, Finanzkontrolleure aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, schaut sich erst am kommenden Montag die Finanzen von Griechenland genauer an. Ihr Urteil entscheidet darüber, wie es mit dem hochverschuldeten Land weitergeht. Ein Überblick über die möglichen Szenarien.

Anders als geplant werden die internationalen Finanzkontrolleure nach Angaben der griechischen Regierung erst am kommenden Montag die Gespräche zur Lage der Finanzen in dem hoch verschuldeten Land aufnehmen. Dies sagte ein Sprecher des Athener Finanzministeriums.

Ursprünglich wurde die "Troika" von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) an diesem Mittwoch in Athen erwartet. Wie es aus Kreisen des Finanzministeriums hieß, hängt die Verzögerung damit zusammen, dass die Experten die Ergebnisse des Treffens der Finanzminister der EU in Breslau Ende der Woche abwarten wollten.

Troika fällt das Urteil

Die sogenannte Troika prüft den Fortschritt der Spar- und Reformbemühungen Griechenlands. Gibt sie kein grünes Licht, bekommt der Schuldensünder die dringend benötigte nächste Tranche der Finanzhilfe in Höhe von acht Mrd. Euro nicht und wäre in Kürze pleite. Das Land hat nach Angaben der Regierung in Athen Geld bis Oktober, die Entscheidung der Troika wird Ende September erwartet.

Weil der Glaube an die Reformfähigkeit in Griechenland bei den Euro-Geldgebern eher sinkt, ist die Nervosität vor dieser vierteljährlichen Überprüfung größer als bisher. Nachdem die Regierung in Athen erneut versprochene Reformen nicht umgesetzt hat, sprechen deutsche Politiker wie Vizekanzler Philipp Rösler erstmals offen von einer möglichen Insolvenz des Landes.

Je nachdem, zu welchem Urteil die Experten von IWF, EZB und EU kommen, gibt es drei mögliche Szenarien für die nahe Zukunft Griechenlands.

1. Die Troika gibt grünes Licht

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(Foto: © Thommy Weiss)

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Griechenland zuletzt demonstrativ gelobt. Die jüngsten Signale zeigten, dass die Griechen den Ernst der Lage erkannt hätten. Auch die Rückkehr der Troika nach Athen, die zunächst enttäuscht über die Fortschritte in Griechenland wieder abgereist war, wird als positives Zeichen gewertet. Wenn die Troika also zu einem positiven Urteil kommt, erhält Griechenland die letzte Tranche aus dem ersten Hilfspaket in Höhe von acht Mrd. Euro.

Erst dann, das hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble klar gemacht, kann auch ernsthaft über das im Grundsatz bereits vereinbarte zweite Hilfspaket bis 2014 gesprochen werden. Ein "Ja" der Troika bedeutet also Entspannung für den Moment, aber sicher kein Ende der Debatte um Griechenland. Im Dezember steht bereits die nächste vierteljährliche Prüfung an. Und dann wird möglicherweise anders kalkuliert: Denn dann wird wahrscheinlich auch der vorläufige Euro-Rettungsschirm EFSF in Kraft sein, der andere Euro-Länder vor einer Ansteckung einer griechischen Pleite schützen soll.

2. Die Troika senkt den Daumen

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(Foto: Pixelio/Hofschlaeger)

Kommt die Troika zu einem negativen Ergebnis und hält Griechenland nicht mehr für einen Sanierungsfall mit Hoffnung auf Besserung, wird es keine Auszahlung der letzten Tranche geben. Auch ein zweites Hilfspaket wäre dann zunächst obsolet. Die Debatten der vergangenen Tagen kreisen genau um diesen Fall: Was passiert eigentlich, wenn das Land kein neues Geld bekommt? Die Zahlungsunfähigkeit tritt nach Aussagen der griechischen Regierung im Oktober ein. Ab dann könnten etwa keine Gehälter der Staatsbediensteten nicht mehr bezahlt werden. Wesentlich größere soziale Unruhen drohen. Zudem dürften die Griechen aus Angst vor zusammenbrechenden Banken massiv Geld von ihren Konten abheben - und den Niedergang beschleunigen.      

Der jetzt von einigen geforderte Ausschluss oder Austritt Griechenlands aus dem Euro würde an der Misere nichts ändern: Zum einen fehlt eine neue, schnell einsatzbereite Währung. Zum anderen würden die Schulden des Landes noch massiv wachsen, weil eine neue Währung wesentlich weniger Wert wäre als der Euro - es also noch unwahrscheinlicher wird, dass das Land seine Schulden zurückzahlen kann. Deshalb würde auch bei einem Verbleib im Euro-Raum sofort eine Debatte über einen Schuldenschnitt ausgelöst. Die Schuldner müssten schnell entscheiden, ob sie auf ihre Forderungen gegen Griechenland ganz oder teilweise verzichten.   

Über die ansteckende Wirkung auf andere Banken, Euro-Staaten und den Rest der Welt wird gestritten - zumal derzeit nicht einmal der reformierte Euro-Rettungsschirm EFSF zur Verfügung steht, der Kreditinstituten vorsorgliche Finanzlinien geben kann. Ohne die sehr schnelle Klärung dieser Fragen ist kaum denkbar, dass Griechenland nötige neue Kredite für den Betrieb des Landes aufnehmen kann.

3. Die Troika verzögert die Entscheidung

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(Foto: picture alliance / dpa)

Gerade weil es so viele Ungewissheiten bei einem "Nein" gibt, wäre eine dritte Variante denkbar: Die Troika verhandelt - entscheidet aber nicht. Für ein schnelles "Ja" sitzt das Misstrauen mittlerweile auch beim IWF und in der EZB zu tief, dass die Griechen zwar Reformen versprechen, diese aber nicht umsetzen können oder wollen. Theoretisch denkbar wäre also, dass die Troika prüft und prüft und so die Auszahlung der nächsten Tranche verzögert.       

Wie beschrieben, würde Griechenlands Regierung dann in erhebliche innenpolitische Probleme geraten, weil ihr ab Oktober das Geld für die Löhne der Staatsdiener fehlt. Vielleicht könnte diese Perspektive in Athen aber den Ernst der Lage klarmachen - und die etwa seit einem Jahr versprochene Privatisierung von Staatsvermögen in Gang bringen. Eine Insolvenz des Landes müsste dies noch nicht bedeuten. Denn der nächste größere Refinanzierungsbedarf Griechenlands, bei dem Auslandsschulden bedient werden müssen, steht erst im Dezember an. Kann Griechenland dann nicht zahlen, würde international eine Staatspleite (Default) festgestellt. Bis dahin hätte die griechische Regierung "nur" ein innenpolitisches Problem.         

Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts

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