Wirtschaft

Erhöht die Fed die Zinsen? Yellen hat es plötzlich sehr eilig

Der Markt wartet gespannt auf eine Rede, die Fed-Chefin Janet Yellen um 19 Uhr MEZ beim Executives' Club of Chicago halten wird.

Der Markt wartet gespannt auf eine Rede, die Fed-Chefin Janet Yellen um 19 Uhr MEZ beim Executives' Club of Chicago halten wird.

(Foto: REUTERS)

Eine US-Leitzinserhöhung im März wird immer wahrscheinlicher. Umso gespannter schauen die Anleger auf die Rede von Janet Yellen heute Abend. Welche Folgen hätte eine Zinserhöhung für den Aktienmarkt?

Am Abend werden alle Augen auf Janet Yellen gerichtet sein: Um 19 Uhr deutscher Zeit beginnt ihre Rede vor Geschäftsleuten in Chicago. Die Investoren werden noch genauer als sonst auf Yellens Aussagen achten, nachdem die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung bei der Sitzung am 15. März zuletzt auf knapp 90 Prozent nach oben geschossen ist. Eine Erhöhung ist für viele Investoren nun anscheinend ausgemachte Sache. Das ist eine enorme Veränderung, nachdem die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt noch vor wenigen Wochen bei lediglich 30 bis 35 Prozent lag.

Zuletzt haben etliche Mitglieder der US-Notenbank angedeutet, dass eine Zinserhöhung bereits im März auf dem Tisch liegen könnte. Die Mitglieder testen üblicherweise mit ihren Aussagen die Reaktionen des Finanzmarkts. Nachdem der Aktienmarkt trotz der möglicherweise bevorstehenden Zinserhöhung auf Rekordhochs geklettert ist, dürften Yellen und die anderen Fed-Mitglieder das als grünes Licht für eine Zinserhöhung interpretieren.

Der plötzliche Meinungsumschwung der Fed überrascht viele Investoren. Zwar floriert der Arbeitsmarkt, wodurch die Arbeitslosenquote zuletzt bei lediglich 4,8 Prozent lag. Dennoch lagen die durchschnittlichen Wochenlöhne im Januar um lediglich 1,9 Prozent über dem Vorjahr und zeigen damit keinerlei Inflationsdruck von der Lohnseite an. Hingegen war die Inflationsrate zuletzt auf 2,5 Prozent nach oben geklettert. Das war der stärkste Anstieg seit März 2012, weshalb die Fed einen Grund hätte, die Zinsen anzuheben, weil die Inflationsrate über dem Ziel der Fed von rund zwei Prozent liegt.

Das Problem ist allerdings, dass die Fed nicht auf diese Inflationsrate schaut, sondern auf den sogenannten "Personal Consumption Expenditures" Preis-Index, kurz PCE. Er misst, wie sich die Inflation verhalten hätte, wenn die Verbraucher die teuren Güter durch günstigere ersetzt hätten, wenn also beispielsweise Steaks teurer werden, würden Amerikaner verstärkt zu Hamburgern greifen. Die Folge des PCE: Diese Inflationsrate ist deutlich niedriger als die herkömmliche Inflationsrate, obwohl der PCE zuletzt auch auf hohe 1,9 Prozent gestiegen war. Die Fed und viele Investoren wissen aber schon seit Längerem, dass der PCE in den nächsten Monaten wegen des kräftigen Anstiegs des Ölpreises noch etwas zulegen dürfte.

Perspektiven für US-Wirtschaft trüben sich ein

Das hat die Fed bislang aber bisher nicht gestört. Plötzlich will die Fed offenbar bereits im März die Zinsen erhöhen. Dabei haben sich die Perspektiven für die US-Wirtschaft zuletzt sogar eingetrübt, was wiederum dämpfend auf die Inflation und den PCE wirken dürfte. Entgegen der Erwartung vieler Investoren hat US-Präsident Donald Trump bislang keinerlei Details für die geplante "phänomenale" Steuerreform vorgelegt.

Wie groß soll die Steuerreform ausfallen, und bis wann soll sie vom Kongress verabschiedet werden, möglicherweise erst im Herbst? Wer soll stärker entlastet werden, die Unternehmen oder die Verbraucher? Wird das geplante Infrastrukturprogramm von einer Billion Dollar erst 2018 in Kraft treten? - Viele Fragen, die die Unsicherheit derzeit nicht reduzieren.

Daher hat die Notenbank von Atlanta ihre Prognose für das Wachstum der US-Wirtschaft im ersten Quartal zuletzt auf nur mehr 1,8 Prozent annualisiert eingedampft. Die Analysten von JP Morgan haben ihre Schätzung gar auf annualisiert 1,5 Prozent gesenkt. Das ist eigentlich nicht das Umfeld, um die Zinsen überhastet zu erhöhen.

Warren Buffets Indikator

Die einzige Erklärung hierfür könnte sein, dass die Fed die Rekordfahrt am Aktienmarkt allmählich bremsen möchte, immerhin ist der US-Aktienmarkt so hoch bewertet wie selten zuvor. So beläuft sich der Börsenwert des Aktienmarkts auf herbe 122 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA. Dieser Indikator ist laut der Investmentlegende Warren Buffett der beste Indikator für die Bewertung. Der langfristige Schnitt in den Jahrzehnten vor dem Beginn der 1998er-Blase lag aber bei lediglich 60 Prozent. Allerdings waren damals auch die Zinsen auf einem höheren Niveau. Dennoch: Nachdem Yellen lange Zeit gesagt hat, dass die Bewertung im üblichen Rahmen liegen würde, hat sie es zuletzt abgelehnt, sich zur Bewertung zu äußern.

Wie könnte es am Aktienmarkt weitergehen, sollte es tatsächlich zu einer Leitzinserhöhung im März kommen? Investoren könnten das als Signal interpretieren, dass die US-Wirtschaft stark genug sei, um Zinserhöhungen zu verkraften. In dem Umfeld dürfte trotz der Zinserhöhung der Fed die Rekordfahrt beim S&P 500 weitergehen. Umso mehr könnte sich allerdings Yellen gezwungen sehen, die Zinsen schon bald ein weiteres Mal anzuheben und möglicherweise öfter in diesem Jahr anzuheben, als viele Investoren derzeit erwarten. Dann könnte die positive Stimmung kippen.

Quelle: ntv.de

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