Wirtschaft

Streit um Sitz in London Widerstand gegen Börsenfusion wächst

Wo wird die Börse ihren Sitz haben?

Wo wird die Börse ihren Sitz haben?

(Foto: REUTERS)

Die Entscheidung der Briten für den Brexit bringt den geplanten Zusammenschluss zwischer Londoner und Frankfurter Börse in Gefahr. Deutsche Aufsichtsbehörden halten es für eine schlechte Idee, die Mega-Börse in der britischen Hauptstadt anzusiedeln.

Die Finanzaufsicht Bafin ist gegen London als Sitz einer deutsch-britischen Börse. "Es ist schwer vorstellbar, dass der wichtigste Börsenplatz im Euro-Raum von einem Standort außerhalb der EU gesteuert wird", sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Felix Hufeld, am Rande einer Konferenz in Frankfurt. "Da wird man sicher nachjustieren müssen."

Die Deutsche Börse und die Londoner LSE sollen den bisherigen Plänen zufolge nach ihrem Zusammenschluss den rechtlichen Sitz in London haben. Das Tagesgeschäft wollen die Unternehmen wie bisher von den Zentralen in London und in Eschborn vor den Toren Frankfurts aus steuern.

Die geplante Fusion muss noch von den EU-Wettbewerbsbehörden und der Börsenaufsicht im hessischen Wirtschaftsministerium genehmigt werden. Die Bafin spielt dabei formal keine Rolle mehr. Sie werde aber als Experte durchaus zu Rate gezogen, sagte Hufeld.

Das Hessische Wirtschaftsministerium hatte am Freitag angekündigt, die Fusionspläne "vertieft" zu prüfen. "Wir prüfen alle Aspekte der Börsenfusion, das ist unser gesetzlicher Auftrag und genau das tun wir", sagte Minister Tarek Al-Wazir in einem Interview mit mehreren Fernsehsendern. "Natürlich stellen sich jetzt noch ein paar zusätzliche Fragen, zum Beispiel was die Möglichkeit angeht, die Aufsicht auszuüben, je nachdem, wo der Sitz (der künftigen Gesellschaft) ist."

Nach Ansicht der Aktionärsvereinigung DSW wird die hessische Börsenaufsicht den rund 25 Milliarden Euro schweren Zusammenschluss untersagen, sollte der Firmensitz nicht nach Frankfurt verlagert werden. "Die Führung der Deutschen Börse sollte ihre bisherigen Fusionspläne nochmals kritisch hinterfragen und massiv anpassen oder ganz begraben", sagte DSW-Vizepräsident Klaus Nieding.

"Der Unmut steigt"

Die Börsenaufsicht hatte bereits vor der Brexit-Entscheidung große Vorbehalte gegen eine Ansiedlung der Mega-Börse in London. Die Bedenken hätten sich nun noch verstärkt, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Unmut steigt", sagte einer der Insider. "Die Überlegungen, dass der Sitz in London ein Problem ist, verdichten sich." Wie die Entscheidung der hessischen Börsenaufsicht am Ende ausfalle, könne Stand heute aber noch nicht vorhergesagt werden.

Deutsche Börse und London Stock Exchange wollen ihren Fusionsplan nicht vom Nein der Briten zur EU durchkreuzen lassen. Die Konzerne stünden "unverändert zu den einvernehmlich beschlossenen und bindenden Bestimmungen des Zusammenschlusses", hatten beiden Unternehmen am Freitag mitgeteilt.

Die LSE-Eigner sollen am 4. Juli auf einer außerordentlichen Hauptversammlung grünes Licht für die Börsen-Hochzeit geben. Die Deutsche-Börse-Aktionäre haben Zeit bis zum 12. Juli, um das Fusionsangebot anzunehmen.

Bei der Hauptversammlung der LSE wird eine deutliche Zustimmung erwartet. Dass im Anschluss auch mindestens 75 Prozent der Deutsche-Börse-Aktionäre grünes Licht geben, sei wahrscheinlich, aber nicht sicher, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die größte Hürde für den Zusammenschluss sei die Zustimmung der Aufsichtsbehörden in Brüssel und Wiesbaden. Nach Ansicht von Neil Smith vom Bankhaus Lampe ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Fusion zustande kommt, wegen des Brexit auf 20 Prozent gesunken.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen