Wirtschaft

Bizarrer Brief an Bloomberg "Wal von London" taucht wieder auf

Der Name Bruno Iksil steht für einen der größten Derivateskandale der Geschichte. Nach Jahren bricht der Banker nun sein Schweigen. In einem Brief rechnet er mit seinen ehemaligen Vorgesetzten von JP Morgan ab.

" Der Druck von oben war groß", schreibt Bruno Iksil in seinem Brief.

" Der Druck von oben war groß", schreibt Bruno Iksil in seinem Brief.

(Foto: REUTERS)

Um den ehemaligen Händler Bruno Iksil, besser als "Wal von London" bekannt, war es in den vergangenen Jahren ruhig. Der Derivateskandal, mit dem er seinem Arbeitgeber JP Morgan Chase einen Verlust von sechs Milliarden Dollar und eine Millionenstrafe eingebrockt hat, liegt vier Jahre zurück. Jetzt bricht er plötzlich sein Schweigen.

In einem dreieinhalb Seiten langen Brief an die Finanzagentur Bloomberg schreibt er, wie es zu dem Handelsskandal 2012 kam. Sich selbst sieht er klar in der Rolle des Opfers, ein kleines Rädchen in einem großen betrügerischen Investmentbanking-System. Es stand offenbar nicht in seiner Macht, dieses zu stoppen. Seine Warnungen seien nie gehört worden, schreibt er.

Iksils Abteilung widmete sich damals waghalsigen Geschäften mit Kreditausfallversicherungen. Der Druck von oben sei groß gewesen, erklärt der Franzose laut Bloomberg in seinem Brief. Er sei von seinen Vorgesetzten "wiederholt angewiesen worden", die Strategie umzusetzen, die später schiefging, wird er weiter zitiert.

Iksil will nicht "Wal von London" sein

JP Morgan Chase
JP Morgan Chase 185,50

Dabei habe er stets in gutem Glauben in Märkte und Arbeitgeber gehandelt. Im Laufe der Jahre 2011 und 2012 habe er vor potenziell hohen Verlusten gewarnt. Im September 2011 sei er sogar von London nach New York gereist, um Probleme zu thematisieren. 

Wegen des massiven Umfangs dieser Geschäfte wurde der Fall später als "Wal von London" bekannt. Dass er so genannt wird, lehnt Iksil ab, beinhalte es doch, dass lediglich eine Person für die Geschäfte verantwortlich gewesen sei. Seine Rolle sei doch vielmehr gewesen, "eine Handelsstrategie auszuführen, die von ganz oben ersonnen und beobachtet wurde", schreibt er in dem Brief an Bloomberg weiter. Als die Medien begonnen hätten, über den Fall zu schreiben, hätten sie ihn "ohne guten Grund" herausgegriffen.

Weder Berufsverbot noch Strafzahlung

Der ehemalige Derivatehändler will seinen Namen nicht mehr im Zusammenhang mit dem Skandal sehen. Er beruft sich auf die Tatsache, dass er aus dem Fall straffrei hervorgegangen ist. Das zeige, dass er nicht schuldig sei, schreibt er. Die Regierung in London und die britische Finanzaufsicht hatten beide weder ein Berufsverbot noch eine Strafzahlung verhängt - was allerdings auch seinen Grund hatte.

Iksil schloss 2012 nach seinem Abschied von JP Morgan eine Vereinbarung mit den Strafverfolgern in den USA. In dieser versprach er, gegen einen Senior-Banker und einen Junior-Händler auszusagen, die die Größe des Verlustes zu verschleiern suchten. Keiner der Angeklagten stand jedoch in den USA jemals vor Gericht. Das Geldhaus selbst musste 900 Millionen Dollar Strafe zahlen. Die Finanzaufseher warfen der Bank zu laxe Risikokontrollen vor. Auch Bankchef Jamie Dimon blieb nicht verschont. Sein Gehalt wurde 2013 halbiert.

Iksils Beweggründe für diesen Brief, den weder die US-Behörden noch JP Morgan kommentieren wollten, bleiben im Dunkeln. Möglicherweise quält ihn das Gewissen. Alte Rechnungen aufzumachen, wird ihm wohl nicht helfen. Besser wäre es für ihn vermutlich gewesen, sich still zu verhalten, geraten Finanzskandale doch erfahrungsgemäß schnell in Vergessenheit. Oder sie werden zu Blockbustern. Der "Wal von London" klingt auf jeden Fall vielversprechend.

Quelle: ntv.de, ddi

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