Wirtschaft

"Die Behauptungen sind falsch" VW droht Patriarch Piëch mit Klage

Dieselgate bekommt eine neue Wendung: Volkswagen-Großaktionär Ferdinand Piëch behauptet, der Aufsichtsrat wäre frühzeitig über die Abgastricksereien informiert gewesen. Das Kontrollgremium droht dem Patriarchen juristische Konsequenzen an.

Der Streit zwischen Volkswagen und dem früheren Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch spitzt sich zu. Der Aufsichtsrat des Konzerns wehrt sich gegen Vorwürfe von Piëch, wonach Ex-Chef Martin Winterkorn und Aufsichtsratsmitglieder schon früher als bekannt über den Dieselskandal informiert wurden. In einer internen Untersuchung seien die Behauptungen bereits im vergangenen Jahr detailliert überprüft und als unglaubwürdig eingestuft worden, erklärte der Aufsichtsrat des Autobauers. Der Konzern drohte dem VW-Großaktionär Piëch mit einer Klage.

Der "Spiegel" hatte berichtet, Piëch habe bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig erklärt, Winterkorn habe früher als bislang eingeräumt von dem Dieselbetrug erfahren. Demnach soll der später im Groll bei VW ausgeschiedene Piëch Ende Februar 2015 von einem Informanten den Hinweis erhalten haben, dass VW ein großes Problem in den USA habe, weil das Unternehmen mit einer Software die Abgaswerte manipuliere. Piëch will Winterkorn damals darauf angesprochen haben. Laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" hatte Piëch nach Winterkorn im März auch das sechsköpfige Aufsichtsratspräsidium darüber informiert.

Der Dieselskandal wurde im September 2015 von der US-Umweltbehörde EPA öffentlich gemacht. Nach Angaben des Konzerns hat Piëch bereits im Frühjahr 2015 im Rahmen der internen Untersuchung ähnliche Anschuldigungen erhoben. Diese Darstellung sei durch die von VW mit der unabhängigen Untersuchung beauftragte Kanzlei Jones Day detailliert überprüft worden. "Dabei haben sich keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptungen ergeben, sie wurden insgesamt als unglaubwürdig eingestuft", hieß es in der Erklärung des VW-Aufsichtsrats. Sämtliche betroffenen Mitglieder des Aufsichtsratspräsidiums hätten unabhängig voneinander alle Behauptungen von Piëch klar und nachdrücklich als falsch zurückgewiesen.

Wichtig für Anleger

VW drohte dem Großaktionär, der über Jahrzehnte das Geschick des Wolfsburger Konzerns bestimmte, zugleich mit einer Klage: "Der Vorstand wird mögliche Maßnahmen und Ansprüche gegen Herrn Piëch sorgfältig prüfen." Piëch war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, der auch im Aufsichtsratspräsidium von VW sitzt, erklärte, es habe im Frühjahr 2015 von keiner Seite Hinweise an ihn gegeben, dass Volkswagen unzulässigerweise Einfluss auf Schadstoffwerte nehme. "Davon habe ich erst am 19. September 2015 erfahren. Jede anderslautende Darstellung ist schlichtweg falsch."

Auch die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat wies die Vorwürfe zurück. Der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber, der im November 2015 aus dem VW-Aufsichtsrat ausschied, drohte Piëch ebenfalls mit einer Klage. "Ich behalte mir vor, juristisch gegen Ferdinand Piëch vorzugehen, das lasse ich so nicht stehen", sagte Huber. "Ich kann vor jedem Gericht der Welt schwören, dass Piëch nicht mit mir über diesen Sachverhalt geredet hat, weder unter vier noch unter zehn Augen."

In einer gemeinsamen Stellungnahme erklärten Betriebsratschef Bernd Osterloh und Huber, dass die Behauptung von Piëch unwahr sei. "Hätte uns Dr. Piëch in Kenntnis gesetzt, dann hätten wir das Unternehmen und die Belegschaften vielleicht vor großem Schaden bewahren können. Jetzt erwarten wir, dass der Vorstand umgehend prüft, ob er gegen Piëch vorgehen muss."

Für Volkswagen hat die Frage enorme Bedeutung: Sollte sich herausstellen, dass Winterkorn oder der Aufsichtsrat früher von der Schummelsoftware wussten, hätten Anleger Argumente, um Schadensersatz für erlittene Kursverluste ihrer VW-Aktien zu fordern.

Quelle: ntv.de, cas/rts

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