Wirtschaft

Ökonom rechnet vor VW-Skandal bleibt am Steuerzahler hängen

Eigentlich müsste das Reparaturzeichen rot aufleuchten, denn VW hat einiges nachzubessern.

Eigentlich müsste das Reparaturzeichen rot aufleuchten, denn VW hat einiges nachzubessern.

(Foto: dpa)

Die Manipulationen bei Diesel-Motoren beschädigen nicht nur das Ansehen von VW. "Die Kosten werden zum Teil auch die deutschen Steuerzahler belasten", sagt DIW-Präsident Fratzscher. Dank "Recht und Compliance" soll künftig bei VW alles mit rechten Dingen zugehen.

In der Abgas-Affäre drohen Europas größtem Autobauer Volkswagen Kosten in Milliardenhöhe. Ein Teil der erwarteten Kosten wird nach den Worten von DIW-Präsident Marcel Fratzscher beim Steuerzahler hängen bleiben. "Der deutsche Staat, und damit der Steuerzahler, haben bereits finanzielle Verluste erlitten und werden sich an den Kosten beteiligen müssen", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). "Dem deutschen Staat gehören 20 Prozent des Volkswagen-Konzerns. Damit ist der Staat verpflichtet, finanzielle Leistungen zu erbringen."

Am Ende könnte der Schaden bei Volkswagen gesamtwirtschaftliche Kosten für Deutschland verursachen, so Fratzscher. "Die Kosten alleine für Volkswagen könnten bis zu 100 Milliarden Euro betragen - dies sind mehr als drei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung", sagte der Berliner Ökonom. "Auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer solchen Schadensgröße begrenzt ist, so stellt dies ein gesamtwirtschaftliches Risiko für Deutschland da."

VW versucht es mit neuer Abteilung

Als Reaktion auf die Abgasaffäre will Volkswagen einem Bericht zufolge einen neuen Vorstandsbereich schaffen, der Gesetzesverstöße in Zukunft verhindern soll. Die Schaffung des Ressorts "Recht und Compliance" sei "der nächste logische Schritt", zitierte der Rechercheverbund aus "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR Unternehmenskreise. Compliance ist der Fachbegriff für die Verhinderung beziehungsweise Aufklärung von Verstößen.

Auch VW-USA-Chef Michael Horn hatte bei seiner Anhörung vor dem US-Kongress als eine der ersten Maßnahme zur Aufklärung des Skandals eine solche Abteilung angekündigt. Nach Informationen des Rechercheverbunds laufen bereits Gespräche mit möglichen Kandidaten für das neue Amt. Insider rechneten damit, dass der neue Posten schon in den kommenden zwei, drei Wochen besetzt werden könnte.

Die neuen Vorstände werden sich womöglich gleich zu Beginn auch mit der deutschen Justiz auseinandersetzen müssen. Am Donnerstag durchsuchte die Staatsanwaltschaft Braunschweig das VW-Stammwerk in Wolfsburg und mehrere Privatwohnungen an verschiedenen Orten. Ziel war den Angaben zufolge die Sicherstellung von Unterlagen und Datenträgern. Volkswagen erklärte, den Ermittlern eine "umfassende Dokumentensammlung" übergeben zu haben.

Texas reicht Klage ein

Der Konzern steht unter großem Druck, weil wegen der Manipulation von Abgaswerten hohe Straf- und Schadenersatzzahlungen vor allem in den USA drohen. So verklagt nun der US-Bundesstaat Texas die beiden Landesgesellschaften von VW und Audi wegen des Verstoßes gegen Verbraucherschutz- und Umweltgesetze. Volkswagen habe seine Kunden absichtlich über Jahre in die Irre geführt, teilte der Justizminister und Generalstaatsanwalt des Staates, Ken Paxton, in der texanischen Hauptstadt Austin mit. Wenn Firmen vorsätzlich das Vertrauen der Öffentlichkeit verletzten, müsse eine Strafe bezahlt werden, heißt es in der Erklärung.

Damit schlägt der Generalstaatsanwalt in dieselbe Kerbe wie am Vortag der US-Kongress. Dort nutzten die Volksvertreter nicht nur die Gelegenheit, um den VW-USA-Chef Michael Horn unangenehme Fragen zur Mitwisserschaft bei den Manipulationen zu stellen, sondern vor allem um ihre Enttäuschung über die Marke Volkswagen Ausdruck zu verleihen. Dass die Nachbesserungen an den betroffenen Fahrzeugen noch geraume Zeit in Anspruch nehmen werden, verbesserte die Stimmung nicht gerade.

Rückhalt aus Berlin

Die Bundesregierung gewährt der Branche unterdessen Rückendeckung. So warnte nach Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun auch Bundeskanzlerin Angela Merkel davor, nach der Affäre bei VW einen Generalverdacht gegen eine ganze Branche auszusprechen: "Wer versucht, angesichts dieses Fehlverhaltens in einem Bereich gleich die ganze Automobilindustrie an den Pranger zu stellen, der wird es mit der CDU zu tun bekommen", sagte die Parteivorsitzende auf einer CDU-Veranstaltung in Wuppertal.

Die Vorgänge bei VW seien "nicht in Ordnung" und müssten auf schnellstem Weg aufgearbeitet und transparent gemacht werden. Aber es hingen viele, viele Arbeitsplätze in Deutschland von der Automobilindustrie ab. "Es kann nur in unser aller Interesse sein, dass die Sache in Ordnung gebracht wird", mahnte Merkel. Sie wolle, dass die in der Industrie arbeitenden Menschen ihre Arbeitsplätze behalten.

Quelle: ntv.de, sla/rts/dpa

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