Wirtschaft

Erst Prognosen senken, dann feiern US-Banken wollen überraschen

Wall Street weiß, wie man sich die Bilanzsaison schön macht.

Wall Street weiß, wie man sich die Bilanzsaison schön macht.

(Foto: REUTERS)

Wie überzeugt man die Börse mit mauen Zahlen? In dem man rechtzeitig die Erwartungen herunterschraubt. JP Morgan oder Well Fargo beherrschen diese US-Börsen-"Tradition" perfekt. Sie werden diesen Effekt jetzt wieder brauchen.

Der Auftakt in die US-Berichtssaison ist erfolgt und es scheint wieder wie so oft zu laufen: Zahlreiche Unternehmen haben im Vorfeld der Quartalsergebnisse ihre Ergebniserwartungen reduziert, nur um sie später leichter übertreffen zu können. So lassen sich auch Gewinnrückgänge feiern.

In diesem Quartal standen die Gewinnschätzungen der Unternehmen von Anfang an unter Druck. Sie lagen bestenfalls auf dem Erwartungsniveau des vierten Quartals 2013, vielfach sogar darunter. Damit nicht genug, wurden seit Jahresbeginn die Prognosen deutlich nach unten genommen.

Die Prognosen für das Auftaktquartal liegen um rund 7,5 Prozent unter dem im vierten Quartal 2013 erreichten Niveau. Was beunruhigend klingt, ist tatsächlich weniger furchteinflößend. Nach Angaben der Analysten der LBBW lagen seit Anfang 2009 die Erwartungen an das jeweils neue Quartal nur achtmal über und zwölfmal unter dem Gewinn des jeweiligen Vorquartals. Immerhin, in allen 20 Quartalen übertrafen die meisten Unternehmen die Erwartungen. Man muss die Messlatte vorher nur tief genug hängen, dann sind solche Ergebnisse auch nicht wirklich überraschend. In keinem der vorherigen 20 Quartale waren die Abweichungen so hoch wie derzeit.

Auch für die meisten Banken wurde die Messlatte deutlich gesenkt. Am Freitag werden JP Morgan Chase und Wells Fargo ihre Quartalsergebnisse vorlegen. Drei Tage später präsentiert die Citigroup ihre Zahlen. Die Analysten prognostizieren für etliche Banken deutliche Gewinnrückgänge. Ein wichtiger Belastungsfaktor für die Institute ist das schwache Anleihengeschäft. So haben bereits JP Morgan und die Citigroup gewarnt, dass die Erträge im Anleihenhandel um einen zweistelligen Prozentsatz unter dem Vorjahresniveau liegen könnten. Etliche Institute könnten laut Experten sogar ein Minus von bis zu 25 Prozent verbucht haben. Weil die US-Notenbank einen wichtigen Teil der monatlich emittierten Staats- und Hypothekenanleihen aufkauft, sinkt das dem Handel zur Verfügung stehende Volumen ebenso wie die Volatilität. Entsprechend handeln sowohl die Banken als auch andere institutionelle Investoren weniger.

Fehlende Ausgleichsmöglichkeit

In diesem Umfeld leiden die großen Institute wie JP Morgan deutlich. Denn die fehlenden Erträge aus dem Anleihenhandel können auch durch ein gestiegenes Geschäft im Aktienhandel oder bei der Begleitung von Börsengängen nicht wettgemacht werden. Für JP Morgan prognostizieren Analysten für das erste Quartal einen Rückgang der konzernweiten Erträge um fünf Prozent auf 24,56 Milliarden Dollar. Der Gewinn je Aktie soll von 1,59 Dollar auf 1,41 Dollar sinken. Für Goldman Sachs wird gar ein Rückgang um 18 Prozent auf 3,53 Dollar erwartet.

Wells Fargo ist hingegen einer der wenigen Konzerne, für die Analysten einen Anstieg des Gewinns je Aktie vorhersagen. Analysten erwarten nun einen Gewinn je Aktie von 0,97 US-Dollar, nachdem zu Anfang des Jahres ein Gewinn von 0,94 Dollar erwartet wurde. Der Konzern profitiert von seiner Stellung als Branchenprimus im Hypothekenbereich. In den nächsten Monaten könnte Wells Fargo jedoch zusehends Gegenwind bekommen, werden doch inzwischen 60 Prozent aller in den USA gekauften Immobilien bar bezahlt und nicht mehr per Hypothek finanziert. Das wäre nach der jüngsten Quartalslogik nicht weiter überraschend. Dagegen dürften die anderen Institute mit gesenkten Gewinnerwartungen positives Überraschungspotenzial haben.

Quelle: ntv.de

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