Wirtschaft

Wer folgt auf Fed-Chefin Yellen? Trump sucht Diener in der US-Notenbank

Trump verfolgt bei der Auswahl der Kandidaten für die US-Notenbank klare Ziele.

Trump verfolgt bei der Auswahl der Kandidaten für die US-Notenbank klare Ziele.

(Foto: REUTERS)

US-Präsident Trump wird in Kürze den obersten Währungshüter der USA küren. Janet Yellen könnte bleiben. Trump hat aber auch noch andere Namen auf dem Zettel. Gewinnen wird, wer seiner Agenda am meisten nützt.

Vor einem Jahr hatte US-Präsident Donald Trump Janet Yellen im Wahlkampf noch heftig attackiert und als Erfüllungsgehilfin von Barack Obama beschimpft. Sie solle sich dafür schämen, die Zinsen so lange so niedrig zu halten und damit einen "falschen Aktienmarkt" zu stützen, wetterte Trump gegen Yellen.

Trump galt nicht als großer Fan der amtierenden Notenbankchefin Janet Yellen. Das hat sich geändert.

Trump galt nicht als großer Fan der amtierenden Notenbankchefin Janet Yellen. Das hat sich geändert.

(Foto: REUTERS)

Wie haben sich die Zeiten geändert. Inzwischen sucht Trump selber nach geeigneten Dienern seiner Agenda und kann billiges Geld dabei gut gebrauchen. Der US-Präsident ist wegen seiner gewagten Job- und Wachstumsversprechen auf Unterstützung der Zentralbank angewiesen. Und so kommt die 71-jährige Vollblut-Ökonomin mit einem Faible für kniffelige geldpolitische Fragen plötzlich doch in Betracht. "Ich mag sie; ich mag ihre Haltung. Ich denke, sie hat einen guten Job gemacht", sagte Trump im Juli dem "Wall Street Journal".

Der US-Präsident macht aber keinen Hehl daraus, was er mit seiner Nominierung eigentlich bezweckt: "Ich würde gerne sehen, dass die Leitzinsen niedrig bleiben." Trump bricht mit solchen Aussagen mit einem Tabu: Er stellt offen die Unabhängigkeit der Zentralbank in Frage.

In den ersten neun Monaten im Amt ist er zu einem Befürworter einer ultralockeren Geldpolitik geworden, die plötzlich sogar in den Worten gipfelte: "Ich bin eine Niedrigzins-Person." Eine Feststellung, die Trump allerdings nicht davon abhält, die hohen Aktienkurse zu kritisieren, die vom billigen Notenbankgeld angeheizt werden.

Der "Falke" Kevin Warsh - ein Anti-Yellen

US-Präsident Trump hat mehrere Namen auf dem Zettel.

US-Präsident Trump hat mehrere Namen auf dem Zettel.

(Foto: REUTERS)

Gesetzt ist Yellen deshalb aber noch nicht. Trump hat das Terrain gut sondiert und Gespräche mit mehreren möglichen Kandidaten geführt. In vier Monaten, wenn Yellens Amtszeit endet, könnte sich das Personalkarussell auch in die andere Richtung drehen. Am höchsten gehandelt für das Facelift der Fed wird der frühere Fed-Notenbanker Kevin Warsh.

Der 47-jährige Ökonom gilt als Befürworter einer strafferen Geldpolitik und hoher Leitzinsen. Er gehört zum Lager jener Notenbanker, die im Fachjargon "Falken" genannt werden - womit er ganz auf Kurs des frühen Trump aus dem Wahlkampf liegt, als dieser noch nicht die Vorzüge einer billigen Geldpolitik für sich erkannt hatte.

Warsh ist mit der Estée-Lauder-Erbin Jane Lauder verheiratet und damit Schwiegersohn des engen und langjährigen Trump-Freundes Ronald Lauder, der Präsident des jüdischen Weltkongresses ist. Von 2006 bis 2011 - also auch während der Finanzkrise 2008 - gehörte Warsh dem Direktorium der Notenbank an und arbeitete als Kontaktmann zur Wall Street.

Vor seiner Zeit bei der Notenbank war er unter anderem Manager bei der Investmentbank Morgan Stanley. Nachdem er zunächst eng mit dem damaligen Fed-Chef Ben Bernanke zusammengearbeitet hatte, trat er 2011 zurück, weil er das von der US-Notenbank im Kampf gegen die Finanzkrise auferlegte Wertpapierkaufprogramm ablehnte.

Seitdem ist er ein lautstarker Kritiker geblieben. Erst kürzlich bezeichnete er den Kurs der US-Währungshüter in einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal" als "verwirrend und "nicht stringent". Nach seinem Geschmack orientiert sich Yellen - ebenso wie ihr Vorgänger Bernanke - zu sehr an den Aktienmärkten.

"Die Fed behandelt die Finanzmärkte wie ein Tier, das gezähmt werden muss. Ein Junges, das verwöhnt, oder einen Markt, der manipuliert werden muss", schreibt er in seinem Beitrag. "Von Anfang 2008 bis heute sind mehr als die Hälfte der Kursgewinne im S&P-500 am Tag von Entscheidungen des Offenmarktausschusses der Notenbank eingefahren worden."

Die "Taube" Powell - die Kompromisslösung

Mit Trumps Kehrtwende in Sachen Niedrigzinsen sind zuletzt auch die Chancen für den derzeitigen Fed-Gouverneur Jerome Powell gestiegen. Der 64-Jährige gehört bereits seit 2012 der Fed-Führungsspitze an. Angeblich ist er der Wunschkandidat von Finanzminister Steve Mnuchin. Der bedächtige Fed-Gouverneur ist das krasse Gegenteil zu Warsh. Er gilt wie Yellen als "Taube", als Befürworter von Niedrigzinsen.

Beobachter meinen, dass eine Powell-Nominierung deshalb dem Markt besser zu verkaufen wäre. Powells Zurückhaltung wird in Kommentaren Ende August deutlich: "Es ist zu früh, um Entscheidungen darüber zu fällen, ob die Zinsen erhöht werden sollen. Ich denke, wir sind in der Lage, uns ein wenig zu gedulden."

Als Powell 2012 nominiert wurde, galt er als politische Kompromisslösung zwischen Präsident Obama und den Republikanern. Er ist unter anderem dazu bereit, die Banken von der Leine zu lassen und die in der Finanzkrise erlassenen Dodd-Frank-Regulierungen zu lockern. Auch jetzt könnte er ein Kompromiss sein.

Aus dem Rennen ist dagegen wohl Trumps oberster Wirtschaftsberater Gary Cohn, der lange Zeit als Favorit galt. Offenbar fiel er in Ungnade, als er Trumps mangelnde Distanzierung vom Neonazi-Aufmarsch in Virginia kritisierte. Weitere Kandidaten für den Chefsessel sind der Stanford-Ökonom John Taylor, der Ex-Chef der Bank BB&T John Allison und der ehemalige Fed-Direktor Lawrence Lindsey. Ihnen werden eher geringe Chancen auf den Spitzenposten eingeräumt.

Vorstellbar ist allerdings, dass Trump einen seiner Gesprächspartner zum künftigen Vizechef der Fed ernennt. Der derzeitige Stellvertreter, der 73-jährige Stanley Fischer, hat angekündigt, am 13. Oktober in Rente zu gehen. Dies gibt Trump die seltene Gelegenheit, mit der gleichzeitigen Ernennung von Chef und Vizechef der Notenbank deren künftigen Kurs stark zu beeinflussen.

US-Geldpolitik am Scheideweg

Es ist ein sensibler Moment, in dem die geldpolitische Führungsspitze in den USA ausgetauscht wird. Erst vor wenigen Wochen gab die US-Notenbank bekannt, dass sie ab diesem Monat nach neun Jahren ihr Billionen-Investitionsprogramm zur Stützung der US-Wirtschaft abbauen will. Wichtig ist, dabei vorsichtig vorzugehen, damit einerseits die gerade angesprungene Wirtschaft nicht abgewürgt wird - und es andererseits auch keine Unruhe oder gar Turbulenzen an den Finanzmärkten gibt.

Fed-Vizechef Stanley Fischer nannte als wichtige Voraussetzung für den Spitzenposten bei der US-Notenbank die geistige Flexibilität des Kandidaten oder der Kandidatin. "Man braucht schlichtweg jemanden, der die geistige Beweglichkeit hat, um zu sehen, dass er oder sie einen anderen Weg einschlagen muss zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb der nächsten ein oder zwei Jahre", sagte Fischer Bloomberg-TV.

Quelle: ntv.de

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